5.1 Begünstigte Personen

 

Rz. 117

§ 35 EStG gilt auch für Gesellschafter, die als Mitunternehmer gewerbliche Einkünfte aus einer Personengesellschaft erzielen, sowie für persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA. Ergänzende Voraussetzung ist jedoch in allen Fällen, dass es sich beim Gesellschafter um eine natürliche Person handelt. Hingegen sind Kapitalgesellschaften als Gesellschafter einer Personengesellschaft bzw. einer KGaA nicht begünstigt. Hierbei fallen auch doppelt- bzw. mehrstöckige Strukturen in den Anwendungsbereich, sofern jeweils die Voraussetzungen für eine Berufung auf die Anrechnung nach § 35 EStG vorliegen.

 

Beispiel: Steuerermäßigung für natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter

Die natürliche Person A ist persönlich haftender Gesellschafter der A-KGaA. Diese Gesellschaft ist persönlich haftender Gesellschafter einer KG, der B-KGaA & Co. KG. Der A kann sich mit seinem Anteil, der auf die Stellung als persönlich haftender Gesellschafter an der A-KGaA entfällt, auf § 35 EStG berufen.

 

Rz. 118

Der Gesetzgeber hatte zunächst nicht ausreichend berücksichtigt, dass der persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA kein Mitunternehmer ist, sondern lediglich wie ein solcher behandelt wird. Er hat jedoch durch das JStG 2007[1] eine entsprechende Korrektur vorgenommen. Die Regelung hat lediglich klarstellenden Charakter, weil auch aus dem alten Wortlaut im Zusammenspiel mit § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG ersichtlich war, dass eine Begünstigung dieser Gesellschafter erfolgen sollte. Dies entspricht auch der Behandlung seitens der Finanzverwaltung.

 

Rz. 119

Die Regelung ist auch anwendbar, wenn einer natürlichen Person, die an einer Personengesellschaft beteiligt ist, über eine Organschaft Gewinne aus einer Kapitalgesellschaft zugerechnet werden[2]. Hingegen scheidet eine Anwendung aus, wenn eine Personengesellschaft Organträger einer Kapitalgesellschaft ist, die ihrerseits wiederum an einer Personengesellschaft beteiligt ist. In diesem Fall kann die GewSt der Personengesellschaft, an der die Kapitalgesellschaft beteiligt ist, nicht auf die ESt der Gesellschafter angerechnet werden. Dies wird mit dem Trennungsprinzip begründet, obwohl die Organschaft dazu führt, dass die Kapitalgesellschaft wie eine Betriebsstätte des Organträgers behandelt wird und auf ihrer Ebene der Gewerbeertrag zwar ermittelt wird, aber dann eine Zurechnung zum Organträger erfolgt[3].

Die OFD Koblenz ist dieser Ansicht mit Verfügung v. 30.3.2012, S 2296a-St 31 3, entgegen getreten. Danach wird der Gewerbeertrag der Organgesellschaft Bestandteil der Feststellung des Gewerbeertrags des Organträgers. Insoweit gebe es nur einen einheitlichen Messbetrag für die Mitunternehmerschaft. Eine Nichtberücksichtigung des auf die Organgesellschaft entfallenden Teils des Gewerbesteuer-Messbetrags scheide mangels Rechtsgrundlage aus.

Vom Ergebnis her ist diese Auffassung geeignet, die durch die BFH-Rspr. hervorgerufene Übermaßbesteuerung mit kombinierten Steuersätzen jenseits der 60 % zu verhindern. Da das BFH-Urteil allerdings über den Einzelfall hinaus anzuwenden ist, ist fraglich, ob das Problem durch Gesetzesauslegung allein lösbar ist.

 

Rz. 120

Im Vz 2001 konnte es zu besonderen Problemen kommen, weil die Voraussetzungen für die gewerbesteuerliche und die körperschaftsteuerliche Organschaft voneinander abweichen konnten. Der Gesetzgeber sah hierfür in § 35 Abs. 2 EStG a. F. eine ­spezielle Regelung vor[4]. Diese ist mit Beginn des Vz 2002 überflüssig. Der Gesetzgeber hat sie deshalb mit dem Gesetz zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze v. 23.12.2003[5] aufgehoben.

[1] BGBl I 2006, 2878.
[3] BFH v. 22.9.2011, IV R 42/09, BFH/NV 2012, 236; BFH v. 22.9.2011, IV R 3/10, BFH/NV 2012, 112 Nr. 1, BStBl II 2012, 14; Frotscher, Ubg 2009, 426 (433 f.); a. A. Schaumburg, FR 2010, 1061.
[4] Neu, DStR 2000, 1933 (1938).
[5] BGBl I 2003, 2922.

5.2 Zuweisungsschlüssel

 

Rz. 121

Da an einer Personengesellschaft mehrere Gesellschafter beteiligt sind, bedarf es eines Aufteilungsschlüssel, wie der potenzielle Anrechnungsbetrag auf die einzelnen Gesellschafter zu verteilen ist. Würde eine solche Zuweisung in das Belieben der Gesellschaft oder ihrer Gesellschafter gestellt, wären hiermit nicht sachgerechte Gestaltungsmöglichkeiten verbunden, die schon vor dem Hintergrund der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht zu rechtfertigen wären.

Der Gesetzgeber knüpft deshalb an den allgemeinen vertraglichen oder gesetzlichen Gewinnverteilungsschlüssel an. Hierbei kommen die gesetzlichen Regelungen in §§ 120, 121, 167 und 168 HGB nur zur Anwendung, wenn gesellschaftsvertraglich nicht etwas anderes geregelt ist. Dies folgt aus der Subsidiarität der gesetzlichen Regelungen[1]. Allerdings setzt dies voraus, dass der Gewinnverteilungsschlüssel auch steuerlich anzuerkennen ist[2].

 

Rz. 122

Eine steuerliche Korrektur des Schlüssels kann aus unterschiedlichen Gründen geboten sein. Diese kann zu einer Erhöh...

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