Rz. 55

Die Vorschrift verlangt, dass einem Stpfl. außergewöhnliche Belastungen aus der Pflege einer anderen Person erwachsen und der Stpfl. hierfür keine Einnahmen erhält. Kern der Vorschrift ist mithin die Vornahme von Pflege. § 33b Abs. 6 S. 1 EStG verlangt ausdrücklich , dass die Pflege häuslich und persönlich durchgeführt werden muss.

Häuslich bedeutet, dass die Pflege im Haus bzw. der Wohnung des Stpfl. oder des Pflegebedürftigen durchgeführt wird. Es muss sich hierbei nicht um ein Eigenheim o. Ä. handeln, vielmehr ist erforderlich, dass die zu pflegende Person in ihrem persönlichen Umfeld verbleiben kann. Folglich ist der Begriff der Häuslichkeit der Pflege weit auszulegen. Eine häusliche Pflege besteht dementsprechend auch, sofern die pflegebedürftige Person in einer Tagespflege untergebracht ist und lediglich am Abend oder an den Wochenenden im Haushalt des Stpfl. oder einem eigenen Haushalt gepflegt wird sowie bei einer zeitweisen Heimunterbringung z. B. bei Urlaub des Stpfl.[1] Sie besteht auch, wenn die pflegebedürftige Person in einem sog. Alten-Wohnheim lebt, in dem eine eigene Wohnung besteht und Kontakt zu den anderen Bewohnern hergestellt werden kann.

 

Rz. 56

Darüber muss die Pflege persönlich vom Stpfl. erbracht werden. Dies bedeutet, dass der Stpfl. selbst die Pflegeleistungen leisten, nicht jedoch, dass der Stpfl. sämtliche Pflegeleistungen selbst erbringen muss; vielmehr kann er auch die Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes nutzen (R 33b Abs. 4 EStR 2012). Die Inanspruchnahme einer Hilfe zur Pflege steht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung, die pflegebedürftige Person im persönlichen Umfeld zu belassen. Die Inanspruchnahme des Pflege-Pauschbetrags wird sich insbesondere für berufstätige Stpfl. lohnen, die einerseits eine entsprechende Steuerersparnis realisieren können, andererseits von den administrativen Pflichten einer Nachweiserbringung befreit werden und so Zeit ersparen. Würde man zusätzlich verlangen, dass sämtliche Pflegeleistungen selbst durchgeführt werden, würde dieses Ziel verhindert werden.

Die Inanspruchnahme unterstützender Pflegeleistungen wirft die Frage auf, welchen Umfang die durch den Stpfl. durchgeführte Pflege haben muss. In der Literatur[2] und z. T. auch in der Rspr.[3] wird die Auffassung vertreten, dass die vom Stpfl. durchgeführten Pflegehandlungen mindestens 10 % des Zeitaufwands sämtlicher Pflegehandlungen umfassen muss (Wesentlichkeitsgrenze). Eine derartige Mindestpflegedauer ist dem Wortlaut des Gesetzes aber nicht zu entnehmen, vielmehr ist lediglich Voraussetzung, dass dem Stpfl. Aufwendungen entstehen. M. E. sind Abweichungen zwischen dem Pauschbetrag und den angefallenen Aufwendungen auch zugunsten des Stpfl. anzuerkennen. Insoweit ist eine Mindestpflegedauer abzulehnen. Diese stünde auch dem Sinn und Zweck der Regelung, nämlich die häusliche Pflege zu fördern, entgegen. Ist eine pflegebedürftige Person nicht nur vorübergehend hilflos und führt die – wenn auch geringe – Pflegeleistung des Stpfl. dazu, dass die Pflege im häuslichen Umfeld stattfinden und eine Heimunterbringung vermieden werden kann, sollte auch eine Inanspruchnahme des Pflege-Pauschbetrags möglich sein.

Darüber hinaus sollten neben der Vornahme konkreter Pflegehandlungen m. E. auch die Überwachung von Pflegemaßnahmen durch Dritte als persönliche Pflegedurchführung gelten, weil Letztere direkt durch den Stpfl. beeinflusst wird. Entgegen der Fassung des § 33b Abs. 6 S. 4 EStG bis Vz 2020, enthält der neue § 33b Abs. 6 EStG[4] dazu keine Ausführungen.

 

Rz. 57

Die Inanspruchnahme des Pflege-Pauschbetrags hat keine Ausschlusswirkung für die Geltendmachung der weiteren Pauschbeträge des § 33b EStG, insbesondere ist z. B. die Inanspruchnahme des Behinderten-Pauschbetrags daneben möglich, wenn die Pflege an einem behinderten Kind vorgenommen wird, das zugleich die Voraussetzungen des § 33b Abs. 3 EStG erfüllt.[5] Dasselbe gilt bei einer Pflege von Eheleuten, die die Voraussetzungen beider Pauschbeträge erfüllen.[6] Bei einer Einzelveranlagung der Ehegatten gem. § 26a EStG sind die Freibeträge jeweils dem Ehegatten zuzurechnen, der die wirtschaftliche Belastung getragen hat, d. h. es wird regelmäßig zum Auseinanderfallen von Pflege-Pauschbetrag (jeweils der nicht pflegebedürftige Ehepartner) und Behinderten-Pauschbetrag (regelmäßig der pflegebedürftige Ehepartner) kommen. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, sofern einem pflegenden Ehegatten zugleich der Behinderten-Pauschbetrag zusteht oder die behinderungsbedingten Mehraufwendungen komplett vom pflegenden Ehegatten getragen werden. Letzteres würde sich steuerlich jedoch nur dann entsprechend auswirken, sofern der behinderte Ehepartner insoweit ohne Einkünfte ist und deshalb keine wirtschaftliche Belastung aus den vorhandenen Aufwendungen hätte.

 

Rz. 58

Die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags erfolgte bis einschließlich Vz 2020 für die Pflege einer nicht nur vorübergehend hilflosen Person. Im Gegensatz zur geforderten "Hilflosigkei...

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