Rz. 56

§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG sieht vor, dass auf Antrag für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht der proportionale Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG, sondern der progressive Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG zur Anwendung kommt, wenn der Stpfl. im Vz, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und durch eine berufliche Tätigkeit für diese maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG soll nach dem Willen des Gesetzgebers dem Umstand Rechnung tragen, dass in bestimmten Fällen ein Anteilserwerb nicht als bloße Kapitalanlage, sondern aus unternehmerischem Interesse erfolgt. Dies soll etwa bei einem umfangreichen Beteiligungserwerb im Rahmen eines Management-Buy-Out oder bei einem Erwerb eines Anteils an einer Berufsträger-Kapitalgesellschaft der Fall sein. In diesen Konstellationen wird es häufig zu einer Fremdfinanzierung des Anteilserwerbs kommen, was erhebliche Werbungskosten in Form von Schuldzinsen verursachen kann. Das Abzugsverbot für Werbungskosten i. S. d. § 20 Abs. 9 EStG und das Verlustverrechnungsverbot i. S. d. § 20 Abs. 6 können in diesem Fall zu einer Substanzbesteuerung führen, was dem Gesetzgeber unbillig erschien. Mit dem Antrag i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG wurde daher die Möglichkeit geschaffen, die Kapitalerträge aus der Beteiligung dem progressiven Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens i. S. d. § 3 Nr. 40 EStG zu unterwerfen. Die Anwendung des Abzugsverbots für Werbungskosten i. S. d. § 20 Abs. 9 EStG und des Verlustverrechnungsverbots i. S. d. § 20 Abs. 6 EStG ist in diesem Fall ausgeschlossen, sodass der Stpfl. seine Finanzierungskosten im Rahmen des Teilabzugsverbots i. S. d. § 3c Abs. 2 S. 1 EStG steuermindernd geltend machen und Verluste mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten verrechnen kann.[1] Ein Abzug des Sparer-Pauschbetrags i. H. v. 1.000 EUR ist ausgeschlossen. Die Anrechnung ausl. Quellensteuern richtet sich in den Fällen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG abweichend von § 32d Abs. 5 EStG nach § 34c EStG.

[1] BT-Drs. 16/7036, 14; zum Teilabzugsverbot i. S. d. § 3c Abs. 2 S. 1 EStG bei einnahmelosen Beteiligungen s. BFH v. 2.9.2014, IX R 43/13, BFH/NV 2015, 379, BStBl II 2015, 257; BFH v. 29.5.2018, IX R 40/17, BFH/NV 2018, 944; BFH v. 4.12.2018, IX B 60/18, BFH/NV 2019, 267.

3.3.1 Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft

 

Rz. 57

Der Antrag i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG setzt das Vorliegen einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft voraus, wobei es genügt, dass die Beteiligung zu irgendeinem Zeitpunkt in dem Vz, für den der Antrag erstmals gestellt wird, besteht.[1] Auch eine Beteiligung über einen sehr kurzen Zeitraum reicht damit aus. Eine Definition des Begriffs der Kapitalgesellschaft enthält § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht. Aus dem Wortlaut lässt sich jedoch ableiten, dass die zivilrechtliche Rechtsform entscheidend sein soll. Die Frage, ob ein Rechtsgebilde als Kapitalgesellschaft einzuordnen ist, beurteilt sich daher nach Maßgabe des Zivilrechts. Das deutsche Zivilrecht kennt als Kapitalgesellschaften die AG, die KGaA und die GmbH einschließlich der UG haftungsbeschränkt. Hinzu kommt auf europäischer Ebene die europäische Aktiengesellschaft SE. Bei ausl. Rechtsgebilden ist ein sog. Typenvergleich durchzuführen. Das hat zur Folge, dass es – so jedenfalls der BFH – nicht auf die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit ankommt, sondern allein darauf, ob das ausl. Rechtsgebilde seiner Struktur nach einer inländischen Körperschaft entspricht.[2] Andere Körperschaften als Kapitalgesellschaften werden von der Regelung nicht erfasst.

Auch die Frage, wie ein Rechtsgebilde in der Gründungs- und Auflösungsphase zu behandeln ist, richtet sich nach dem Zivilrecht. So ist eine Gründungsgesellschaft, die zwischen dem Abschluss des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags und der Eintragung ins Handelsregister besteht (sog. Vorgesellschaft) mit der späteren Kapitalgesellschaft identisch.[3] Ein Antrag i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG ist daher möglich. Dagegen kann eine Vorgründungsgesellschaft, die zwischen der Vereinbarung der Gesellschafter, eine Gesellschaft zu gründen, und dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags besteht, noch nicht als Kapitalgesellschaft betrachtet werden. Vielmehr handelt es sich um eine Personengesellschaft, für die § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht gilt.[4] Im Hinblick auf die Auflösungsphase einer Kapitalgesellschaft ist zu beachten, dass ein Auflösungsbeschluss noch nicht die Beendigung der Gesellschaft zur Folge hat. Diese tritt erst mit der Löschung aus dem Handelsregister ein. Bis dahin besteht die aufgelöste Gesellschaft fort, es wird lediglich der werbende Zweck der Gesellschaft durch den Zweck der Abwicklung überlagert. Diese Grundsätze zur Auflösung einer Kapitalgesel...

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