Rz. 43

§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) EStG schließt die Anwendung des proportionalen Sondertarifs i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG bei wechselseitigen Kapitalüberlassungen in Form von "Back-to-Back"-Finanzierungen aus. Die Vorschrift bestimmt, dass § 32d Abs. 1 EStG nicht für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 sowie Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und 7 EStG gilt, soweit ein Dritter die Kapitalerträge schuldet und diese Kapitalanlage im Zusammenhang mit einer Kapitalüberlassung an den Betrieb des Gläubigers steht. Dies gilt nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) S. 2 EStG entsprechend für "Back-to-Back"-Finanzierungen, bei denen Kapital überlassen wird an eine dem Gläubiger der Kapitalerträge nahestehende Person, an eine Personengesellschaft, bei der der Gläubiger der Kapitalerträge oder eine diesem nahestehende Person als Mitunternehmer beteiligt ist oder an eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, an der der Gläubiger der Kapitalerträge oder eine diesem nahestehende Person zu mindestens 10 % beteiligt ist, sofern der Dritte auf den Gläubiger oder die nahestehende Person zurückgreifen kann. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) S. 6 EStG ist die Vorschrift sinngemäß auf "Back-to-Back"-Finanzierungen anzuwenden, im Rahmen derer das überlassene Kapital vom Gläubiger der Kapitalerträge zur Erzielung von Einkünften i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 6 oder 7 EStG eingesetzt wird. Der Gesetzgeber geht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) EStG typisierend von einem missbräuchlichen Zusammenwirken zur Einkünfteverlagerung aus.[1] Ein Gegenbeweis ist dem Stpfl. nicht möglich. Der BFH hat sich zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) EStG bislang nicht geäußert. Da er jedoch § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) undb) EStG aus verfassungsrechtlicher Sicht gebilligt hat[2], spricht einiges dafür, dass auch § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) EStG zumindest im Grundsatz Bestand haben wird.

 

Rz. 44

 
Hinweis

Back-to-Back”-Finanzierungen

Eine "Back-to-Back"-Finanzierung zeichnet sich im Grundfall dadurch aus, dass ein Stpfl. eine Einlage bei einem Kreditinstitut unterhält, und das Kreditinstitut in gleicher Höhe ein Darlehen an den Stpfl. vergibt. Durch Zwischenschaltung weiterer Personen kann das Konstrukt beliebig erweitert werden. Im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer können "Back-to-Back"-Finanzierungen dazu genutzt werden, Einkünfte aus den höher besteuerten anderen Einkunftsarten in die niedrig besteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG zu verlagern. Dies ist möglich, wenn die Kapitalerträge aus der Einlage dem proportionalen Sondertarif i. S. d. § 32d EStG unterliegen, während sich die für das Darlehen gezahlten Zinsen im Rahmen des progressiven Normaltarifs i. S. d. § 32a EStG steuermindernd auswirken. Insbesondere betriebliche Gewinne können auf diese Weise in Form von Darlehenszinsen abgesaugt und die Steuerbelastung auf den Abgeltungsteuertarif reduziert werden. Dies soll § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) EStG nach dem Willen des Gesetzgebers verhindern.[3]

[1] BT-Drs. 16/4841, 61.
[2] BFH v. 29.4.2014, VIII R 9/13, BFH/NV 2014, 1617, BStBl II 2014, 986; BFH v. 29.4.2014, VIII R 23/13, BFH/NV 2014, 1620, BStBl II 2014, 884; s. hierzu Moritz, AktStR 2014, 457.
[3] BT-Drs. 16/7036, 13.

3.1.3.1 Einzelunternehmen und "Back-to-Back"-Finanzierungen

 

Rz. 45

§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) S. 1 EStG erfasst "Back-to-Back"-Finanzierungen, bei denen ein Dritter die Kapitalerträge schuldet und diese Kapitalanlage im Zusammenhang mit einer Kapitalüberlassung an einen Betrieb des Gläubiger steht. Durch § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) S. 2 Doppelbuchst. aa) EStG wird die Regelung auf Fälle ausgedehnt, in denen die Kapitalüberlassung an den Betrieb einer dem Gläubiger der Kapitalerträge nahestehenden Person erfolgt, sofern der Dritte auf den Gläubiger oder die nahestehende Person zurückgreifen kann. Die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) S. 1 EStG und § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) S. 2 Doppelbuchst. aa) EStG müssen im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge i. S. d. § 11 Abs. 1 EStG vorliegen. Das Merkmal des Dritten i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) S. 1 EStG gewährleistet, dass neben dem Einbankenfall auch der Mehrbankenfall erfasst wird. Entsprechend muss die geforderte Kapitalüberlassung nicht zwingend durch den Dritten erfolgen. Vielmehr kann sich der Gläubiger hierzu auch einer weiteren Person bedienen.[1]

Für den Begriff des Nahestehens i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) EStG gelten die zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG entwickelten Grundsätze entsprechend, s. dazu die Ausführungen unter Rz. 34ff. Unter einem Betrieb des Gläubigers ist eine Tätigkeit zu verstehen, die zu Gewinneinkünften i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG führt. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) EStG greift daher immer dann ein, wenn Einkünfte aus den höheren besteuerten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG, Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG oder selbstständiger Arbeit i. S. d. § 18 EStG in die niedrig besteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 E...

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