Rz. 18

§ 32d Abs. 1 S. 1 EStG bestimmt, dass die ESt für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG, die nicht unter § 20 Abs. 8 S. 1 EStG fallen, 25 % beträgt. Der normale ESt-Tarif i. S. d. § 32a EStG i. H. v. bis zu 45 % findet keine Anwendung. Bei dem besonderen Steuertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG handelt es sich um eines der zentralen Merkmale der mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007[1] eingeführten Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne. Kennzeichnend für diesen besonderen Steuertarif ist der proportionale Tarifverlauf, der die persönlichen Verhältnisse des Stpfl. unberücksichtigt lässt. Hierdurch unterscheidet sich der besondere Steuertarif für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG wesentlich von dem normalen ESt-Tarif i. S. d. § 32a EStG, der als progressiver Steuertarif konzipiert ist, wodurch sich bei steigendem Einkommen nicht nur die Bemessungsgrundlage, sondern auch der Steuersatz erhöht. Der besondere Steuertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG bildet nicht die abschließende steuerliche Belastung der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG. Hinzu kommen noch Solidaritätszuschlag i. H. v. 5,5 % und ggf. KiSt i. H. v. 8 % oder 9 %, wobei sich die Abgeltungsteuer im Fall der KiSt-Pflicht nach § 32d Abs. 1 S. 3 EStG um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden KiSt ermäßigt. Sofern auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG ausl. Quellensteuern einbehalten wurden, sind auch diese nach § 32d Abs. 1 S. 2 EStG auf die Abgeltungsteuer anzurechnen. § 32d Abs. 1 S. 4 und 5 EStG enthält eine Formel zur Berechnung der Abgeltungsteuer, die die Anrechenbarkeit ausl. Quellensteuern und die pauschale Steuerermäßigung im Fall der KiSt-Pflicht bereits berücksichtigt.

 

Rz. 19

Die nach § 32d Abs. 1 S. 1 EStG ermittelte Abgeltungsteuer rechnet nicht zur tariflichen ESt.[2] Dies folgt aus § 32d Abs. 3 EStG, wonach sich die "tarifliche ESt" bei einem fehlenden Steuerabzug um die Steuer nach § 32d Abs. 1 S. 1 EStG erhöht, sowie aus § 32d Abs. 6 EStG, nach dem die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG auf Antrag der "tariflichen ESt" unterworfen werden, wenn dies zu einer niedrigeren ESt führt. Die fehlende Qualifikation als tarifliche ESt hat zur Folge, dass die Steuerermäßigung für Zuwendungen an politische Parteien und an unabhängige Wählervereinigungen i. S. d. § 34g EStG, die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen i. S. d. § 35a EStG,[3] die Steuerermäßigung bei Belastung mit ErbSt i. S. d. § 35b EStG und die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden i. S. d. § 35c EStG in den Fällen des § 32d Abs. 1 S. 1 EStG keine Anwendung finden.[4] Im Verhältnis zur KapESt bestehen dagegen keine Abweichungen. Bei § 32d Abs. 1 S. 1 EStG handelt es sich zwar um eine Vorschrift des Veranlagungsverfahrens. Auch beim Steuerabzug vom Kapitalertrag findet nach § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG aber der proportionale Steuertarif i. H. v. 25 % Anwendung, für den die Formel i. S. d. § 32d Abs. 1 S. 4 und 5 EStG nach § 43a Abs. 1 S. 3 EStG entsprechend gilt. Diese nimmt nicht nur auf den besonderen Steuertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG Bezug, sondern berücksichtigt auch die Anrechenbarkeit ausl. Quellensteuern und die pauschale Steuerermäßigung im Fall der KiSt. Der auf diese Weise hergestellte Gleichlauf von Veranlagungs- und Steuerabzugsverfahren ermöglicht die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag nach § 43 Abs. 5 S. 1 EStG, da eine Veranlagung der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG allein zur Anwendung des zutreffenden Steuertarifs und zur steuermindernden Berücksichtigung ausl. Quellensteuern und der KiSt nicht erforderlich ist.

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