1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift stellt in S. 1 die Übertragung von Anrechten auf eine Altersversorgung auf die Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Versorgungseinrichtung zunächst steuerfrei. Die Steuerfreiheit der Übertragung führt dazu, dass für den übertragenen Betrag kein zusätzlicher Sonderausgabenabzug möglich ist.[1] Die spätere Besteuerung richtet sich nach dem Charakter der übrigen Leistungen der zwischen- oder überstaatlichen Versorgungseinrichtung (S. 2). Dadurch kann es zu einem Wechsel des Besteuerungsregimes und der Besteuerungshoheit kommen.

 

Rz. 2

Die durch das BeitrRLUmsG[2] eingeführte Vorschrift gilt auch für Übertragungen vor 2012, für die noch keine bestandskräftige Steuerfestsetzung vorliegt, es sei denn, der Stpfl. beantragt die Nichtanwendung (Rz. 8). Die Vorschrift gilt sowohl für unbeschränkt Stpfl. als auch für beschränkt Stpfl.[3]

[1] BT-Drs. 17/7524, 12.
[2] Gesetz v. 7.12.2011, BStBl I 2011, 1171.

2 Übertragung von Anrechten auf Altersversorgung auf eine zwischen- oder überstaatliche Altersversorgungseinrichtung (S. 1)

 

Rz. 3

Die Steuerfreiheit setzt zunächst voraus, dass die Altersversorgungsanrechte aufgrund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragen werden. Hierbei handelt es sich um staatliche Abkommen, die Deutschland mit den zwischen- oder überstaatlichen Einrichtungen abgeschlossen hat oder denen es beigetreten ist. Ein solches Abkommen ist z. B. das EG-Übertragungsabkommen[1] oder das Abkommen mit der Europäischen Patentorganisation.[2]

 

Rz. 4

Die Steuerfreiheit gilt nur für die Übertragung von Altersversorgungsanrechten auf eine zwischen- oder überstaatliche Versorgungseinrichtung. Die Übertragung von einer zwischen- oder überstaatlichen Versorgungseinrichtung auf eine inländische Versorgungseinrichtung (z. B. auf die Deutsche Rentenversicherung) ist nicht betroffen, auch wenn dieser Fall in dem Übertragungsabkommen ebenfalls geregelt ist.

 

Rz. 5

Die Vorschrift gilt nur für die übertragenen Werte, soweit diese der Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei der zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen. Wird das übertragene Altersvorsorgekapital nicht vollständig für die zwischen- oder überstaatliche Altersversorgungseinrichtung verwendet, sondern teilweise an den Stpfl. ausgezahlt, ist die Übertragung partiell steuerpflichtig.[3]

 
Praxis-Beispiel

Aufgrund des EG-Übertragungsabkommens überträgt auf Antrag des Stpfl. die DRV den Wert der Rentenanwartschaft auf das EU-Versorgungssystem. Die DRV überweist am 20.12.2015 200.000 EUR an die EU. Die EU hat den notwendigen Beitrag für die fiktiv anzurechnende Dienstzeit mit 150.000 EUR ermittelt. Der Stpfl. erhält am 15.2.2016 50.000 EUR aus dem übertragenen Altersvorsorgekapital. Der Betrag von 50.000 EUR ist gem. § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG[4] im VZ 2015 zu versteuern. Steuerfrei ist nur der Betrag, der als Beitrag für den EU-Versorgungsanspruch verwendet wird.

[1] Art. 2 Abs. 1 des Durchführungsabkommens v. 9.10.1992 zu Art. 11 Abs. 2 der Versorgungsordnung der EGen, BGBl II 1994, 622.
[2] Abkommen v. 8.12.1995 über die Durchführung des Art. 12 der Versorgungsordnung für die EPO, BGBl II 1996, 962.
[3] BT-Drs. 17/7524, 12.
[4] Geändert m. W. v. 1.1.2013 durch G. v. 12.4.2012, BGBl I 2012, 579.

3 Einordnung der auf der Übertragung beruhenden späteren Leistungen (S. 2)

 

Rz. 6

Die Leistungen aufgrund des Übertragungsabkommens gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt. Der Steuerstatus der bisherigen Anwartschaft geht somit nicht auf die damit verbundenen neuen Versorgungsansprüche über. Vielmehr ist die allgemeine Behandlung des neuen Versorgungssystems maßgebend.[1] Dadurch kann es auch dazu kommen, dass das deutsche Besteuerungsrecht infolge von Doppelbesteuerungsabkommen oder zwischen- oder überstaatlicher Besteuerungsvorrechte[2] in der Auszahlungsphase verloren geht.[3]

[1] So auch § 22 Nr. 5 S. 11 EStG für den Fall, dass es sich nicht um Versorgungsbezüge i. S. d. § 19 EStG handelt, sondern das aufnehmende Versorgungssystem Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung i. S. d. § 22 Nr. 5 EStG erbringt.
[2] Z. B. aufgrund VO 549/69.
[3] BT-Drs. 17/7524, 12.

4 Anwendungsregelung (§ 52 Abs. 5 EStG i. d. F. ab 1.1.2014)

 

Rz. 7

Die Steuerfreiheit gilt für alle Übertragungen, die nach 2011 stattfinden.[1] Für Übertragungen vor 2012 gilt die Steuerfreiheit grundsätzlich ebenfalls, sofern noch keine bestandskräftige Steuerfestsetzung erfolgt ist. Maßgebend ist dabei nicht die formelle, sondern im Ergebnis die materielle Bestandskraft. Ist die Steuerfestsetzung formell bestandskräftig, weil sie der Stpfl. nicht innerhalb der Rechtsbehelfsfrist angefochten hat, steht sie aber z. B. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO), kann der Stpfl. im Wege eines Antrags auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 AO beantragen, dass ein besteuerter Übertragungsvorgang steuerfrei gestellt wird. Ebenso greift grundsätzlich die Steuerfreiheit, wenn dem FA ein Übertragungsvorgang nachträglich bekannt wird (§ 173 AO).

 

Rz. 8

Der Stpfl. kann jedoch verhindern, dass eine Übertragung vor 2012 steuerfrei gestellt wird, in...

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