Rz. 342

§ 20 Abs. 4a S. 7 EStG enthält eine Sonderregel für Fälle, in denen Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf eine andere Körperschaft übergeht. Die Vorschrift wurde durch das AmtshilfeRLUmsG[1] neu eingefügt. Nach § 52a Abs. 10 S. 12 EStG ist die Vorschrift erstmals auf Abspaltungen anzuwenden, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das jeweilige öffentliche Register nach dem 31.12.2012 erfolgt.

 

Rz. 343

Bei einer Abspaltung überträgt eine Körperschaft einen Teil ihres Vermögens auf eine andere, bereits bestehende oder neu zu gründende Körperschaft gegen Gewährung von Anteilen dieser Körperschaft an die Gesellschafter der übertragenden Körperschaft. Die Behandlung von Abspaltungen im Rahmen des § 20 Abs. 4a EStG war bis zur Einführung des § 20 Abs. 4a S. 7 EStG umstritten. Nach zutreffender Ansicht kam eine Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG bei Abspaltungen nicht in Betracht. Eine Abspaltung stellt zwar eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme i. S. dieser Vorschrift dar. Es fehlt aber am Kriterium des Anteilstauschs, da dieser eine Ersetzung von Anteilen einer Körperschaft durch Anteile an einer anderen Körperschaft erfordert. Dazu kommt es bei einer Abspaltung aber gerade nicht, da der Gesellschafter seine Anteile an der übertragenden Körperschaft behält und zusätzlich zu diesen Anteile an der übernehmenden Körperschaft erhält. Ein Anteilstausch liegt damit nicht vor.[2] Vielmehr handelt es sich bei einer Abspaltung strukturell um eine Sachausschüttung der übertragenden Körperschaft an ihre Gesellschafter, die die betroffenen Vermögensgegenstände gegen Gewährung von Beteiligungsrechten in die übernehmende Körperschaft einlegen.[3] Eine Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG musste daher ausscheiden. Denkbar war aber eine Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 5 EStG, sofern die im Rahmen einer Abspaltung zugeteilten Anteile von dem depotführenden Kreditinstitut nicht bewertet werden konnten und kein Fall des § 20 Abs. 4a S. 3 u. 4 EStG vorlag. Nach Ansicht der Finanzverwaltung sollte § 20 Abs. 4a S. 5 EStG in diesen Fällen jedoch nur zur Anwendung kommen, wenn nicht erkennbar die Voraussetzungen des § 15 UmwStG vorlagen und es sich um einen Auslandsfall handelte. Die Finanzverwaltung ging also bisher von einem Vorrang des § 15 UmwStG vor § 20 Abs. 4a S. 5 EStG aus.[4]

 

Rz. 344

Durch den neu eingefügten § 20 Abs. 4a S. 7 EStG werden die vorstehend beschriebenen Unklarheiten beseitigt. Die Vorschrift bestimmt, dass im Fall einer Abspaltung § 20 Abs. 4a S. 1 und 2 EStG entsprechend anzuwenden ist. Die Anwendung von § 20 Abs. 4a S. 5 EStG und § 15 UmwStG wird ausdrücklich ausgeschlossen. Die Abspaltung ist damit zwingend steuerneutral zu behandeln. Auf die Übertragung eines Teilbetriebs oder die Stellung eines Antrags, wie von § 15 UmwStG gefordert, kommt es dabei nicht an. Auch die bisherige Differenzierung der Finanzverwaltung zwischen Inlandsfällen und Auslandsfällen im Rahmen des § 20 Abs. 4a S. 5 EStG hat insofern keine Bedeutung mehr. Die entsprechende Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG hat vielmehr zur Folge, dass die den Gesellschaftern gewährten Anteile an der übernehmenden Körperschaft anteilig an die Stelle der Anteile an der übertragenden Körperschaft treten. Die Anschaffungskosten der Anteile an der übertragenden Körperschaft sind daher auf die Anteile an der übertragenden Körperschaft und die Anteile an der übernehmenden Körperschaft aufzuteilen. Ein steuerbarer Tatbestand wird damit nicht verwirklicht. Zudem geht das Anschaffungsdatum der Anteile an der übertragenden Körperschaft auf die Anteile an der übernehmenden Körperschaft über. Wurden die Anteile an der übertragenden Körperschaft daher vor dem 1.1.2009 erworben, gelten auch die Anteile an der übernehmenden Körperschaft als zu diesem Zeitpunkt angeschafft. Sofern es im Rahmen der Abspaltung zu baren Zuzahlungen kommt, unterliegen diese in entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 2 EStG als laufender Kapitalertrag i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG der Besteuerung. In diesem Fall findet keine Aufteilung der Anschaffungskosten statt. Diese werden vielmehr in voller Höhe den Anteilen an der übertragenden Körperschaft und den Anteilen an der übernehmenden Körperschaft zugeschlagen.

 
Praxis-Beispiel

Fortführung der Anschaffungskosten bei Abspaltungen

Anleger A ist an der B-AG beteiligt, die Sitz und Geschäftsleitung in München hat. Die Beteiligung, die 0,5 % des Nennkapitals ausmacht, hat A am 1.1.2014 für 5.000 EUR erworben. Am 1.1.2016 spaltet die B-AG die Hälfte ihrer Geschäftstätigkeit auf die neu gegründete C-AG ab, deren Sitz und Geschäftsleitung in Hamburg liegt. A behält seine Anteile an der B-AG und erhält zusätzlich Anteile an der C-AG i. H. v. 0,5 %.

Ohne die Vorschrift des § 20 Abs. 4a S. 7 EStG wäre die Abspaltung als Sachausschüttung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandeln, sofern kein Fall des § 20 Abs. 4a S. 5 EStG oder des § 15 UmwStG vorliegt. § 20 Abs. 4a S. 7 EStG bewirkt, dass ein steuerbarer Tatbestand nicht erfüllt ist. ...

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