Rz. 48

Unterricht ist die planmäßige Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form.[1] Anders als im Gewerberecht kommt es auf den Gegenstand des Unterrichts nicht an.[2] Hierher gehört auch das Vermitteln von Kenntnissen und Fähigkeiten im Reiten, Tanzen, Autofahren oder in einzelnen Sportarten.[3] Es muss dann aber tatsächlich andauernd ein Trainingsprogramm durchgeführt werden. Dass Übungsgeräte bereitgehalten und lediglich zu Beginn des Trainings erklärt werden, reicht ebenso wenig aus, wie die bloße Abnahme von Prüfungen (Turnierrichter im Reitsport).[4] Der Unterrichtende braucht keine bestimmte Vorbildung oder etwa eine durch Prüfungen nachgewiesene Qualifikation zu besitzen.[5] Auch die nebenberufliche Lehrtätigkeit etwa von Handwerksmeistern (z. B. an Meisterschulen) gehört hierher, wenn sie sich ohne Schwierigkeiten von der Haupttätigkeit trennen lässt (H 18.1 EStH 2021). Wer eine Hundeschule betreibt, unterrichtet nicht, denn die Abrichtung und Dressur von Tieren fällt schon nach dem allg. Sprachverständnis nicht unter den Unterrichtsbegriff.[6]

Der Unterricht kann auch – wie etwa beim Nachhilfeunterricht – individuell erteilt werden. Die Wissensvermittlung muss aber auch dann abstrakt und nicht konkret auf akute Probleme des Unterrichteten hin erfolgen. Werden die Kenntnisse oder Erkenntnisse nicht aufgrund eines allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermittelt, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms, handelt es sich nicht mehr um eine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form, sondern um eine beratende Tätigkeit.[7] Ein Versicherungsvertreter mit Superprovision für die von ihm geschulten Außendienst-Versicherungsvertreter, der Schulungen für diese abhält, ist eher als beratender Gewerbetreibender und nicht als selbstständig unterrichtend tätiger Freiberufler zu qualifizieren.[8]

Die Vermittlung von Kenntnissen über die Produkte eines spezifischen Auftraggebers gegenüber Fachhändlern ist keine unterrichtende Tätigkeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, wenn sie sich nicht als Wissensvermittlung auf der Grundlage eines allgemeingültigen und abwandlungsfähigen Lernprogramms darstellt.[9]

[2] Brandt, in H/H/R, EStG/KStG, § 18 EStG Rz. 121; Wacker, in Schmidt, EStG, 2023, § 18 EStG Rz. 83.
[3] Fußballtrainer: BFH v. 13.5.1993, IV R 131/92, BFH/NV 1994, 93; FG Münster v. 2.8.2023, 9 V 1012/23, rkr., Haufe-Index 15872817: Trainertätigkeit eines Berufssportlers als selbstständige Tätigkeit; Sportschule: BFH v. 1.4.1982, IV R 130/79, BStBl II 1982 589; Fahrlehrer: BFH v. 14.12.1989, III R 87/88, BStBl II 1990, 393; Fitness-Studio: BFH v. 13.1.1994, IV R 79/92, BStBl II 1994, 362; Bodybuilding-Studio: BFH v. 18.4.1996, IV R 35/95, BStBl II 1996, 573; Tanzlehrer: BFH v. 18.5.1995, IV R 31/94, BStBl II 1995, 718; Betrieb eines Tanz- und Fitness-Studios als freiberufliche Tätigkeit: FG Düsseldorf v. 8.11.2006, 7 K 6425/04 G, EFG 2007, 689, Haufe-Index 1748420.
[4] FG Nürnberg v. 15.4.2015, 5 K 1723/12, EFG 2015, 1425, Haufe-Index 8029441; anders aber H 18.1 EStH 2022 "Prüfungstätigkeit".
[7] BFH v. 11.6.1997, XI R 2/95, BStBl II 1997, 687, "Managementberater"; Brandt, in H/H/R, EStG/KStG, § 18 EStG Rz. 121; anders u. U. bei Verwendung feststehender Lehrpläne und immer desselben Unterrichtsmaterials, FG Nürnberg v. 15.1.2003, V 147/2000, Haufe-Index 927757.

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