Rz. 131

Die Finanzbehörden können, ohne ihre Ermittlungspflichten zu verletzen, von der Zuziehung unabhängiger Sachverständiger nach §§ 92 S. 2 Nr. 2, 96 Abs. 1 AO absehen und z. B. auf die Sachkunde eigener Bediensteter zurückgreifen.[1] Sie können auch die eigens für die Beurteilung künstlerischer Tätigkeiten bei den Oberfinanzdirektionen gebildeten Ausschüsse – ohne besonderes Verfahren – einschalten und deren Sachkunde in Anspruch nehmen.[2] Sind in den Gutachterausschüssen Angehörige der Finanzverwaltung vertreten, sind die Stellungnahmen im finanzgerichtlichen Verfahren als sog. Privatgutachten zu behandeln.[3] Dasselbe gilt für Gutachten, die von den Stpfl. vorgelegt werden. Auch sie sind als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen.[4] Im Übrigen muss sich das Gericht die notwendige Sachkunde verschaffen, sofern es sie nicht in dem konkret erforderlichen Maße selbst besitzt; dazu kann insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein.[5] Holt das Gericht in Grenz- und Übergangsfällen kein Sachverständigengutachten ein, muss dies für die Verfahrensbeteiligten erkennbar sein; die besondere Sachkunde des Gerichts muss dann in den Urteilsgründen nachprüfbar dargelegt werden.[6]

 

Rz. 132

Die Entscheidung, ob ein Stpfl. nach den festgestellten Tatsachen einen einem Katalogberuf ähnlichen Beruf i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ausübt oder nicht, muss das Gericht selbst treffen; es darf die Beurteilung dieser Rechtsfrage nicht einem Sachverständigen überlassen.[7] Macht der Stpfl. im Prozess geltend, er habe die erforderlichen Kenntnisse, muss er Tatsachen dazu vortragen, wie er die Kenntnisse erworben hat und inwieweit er sie in der Praxis einsetzt. Der Stpfl. hat insoweit eine prozessuale Mitwirkungspflicht aus § 76 Abs. 1 S. 2 FGO, denn regelmäßig wird er die Tatsachen für rechtserhebliche Umstände, die aus seiner Sphäre stammen, am besten kennen.[8] Stehen diese Tatsachen nicht bereits zur Überzeugung des Gerichts fest, muss das FG aufgrund seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) den vom Stpfl. gestellten Anträgen zur Erhebung von Beweisen, die geeignet erscheinen, den erforderlichen Nachweis der Kenntnisse zu erbringen, entsprechen. Wenn nur unsubstantiiert und pauschal vorgetragen wird, welches Wissen vorhanden ist und woher es stammt, kommt eine Wissensprüfung nicht in Betracht.[9]

Die im Wege eines Sachverständigengutachtens vorzunehmende Wissensprüfung ist ein ergänzendes Beweismittel, das dem Stpfl. ermöglicht, die von der Rspr. geforderte Breite und Tiefe seiner Vorbildung nachzuweisen.[10] Das Sachverständigengutachten kann in diesem Zusammenhang unter zwei Gesichtspunkten ein geeignetes Beweismittel sein: Einerseits kommt ein Gutachten zur Klärung der Frage in Betracht, ob die vorgelegten praktischen Arbeiten den Rückschluss auf vorhandene Kenntnisse in der gebotenen Tiefe und Breite zulassen. Andererseits kann im Wege eines Sachverständigengutachtens als ergänzendes Beweismittel auch eine Wissensprüfung vorgenommen werden, indem der Gutachter den Stpfl. gewissermaßen examiniert.[11] Im Hinblick auf die möglicherweise weitreichenden Folgen im Falle eines Misserfolgs, muss die Wissensprüfung im finanzgerichtlichen Verfahren von dem Stpfl. ausdrücklich beantragt werden.[12] Darauf besteht aber nur dann ein Anspruch, wenn sich bereits aus den vorgetragenen Tatsachen zum Erwerb und Einsatz der Kenntnisse erkennen lässt, dass der Stpfl. über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte.[13]

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