Rz. 203

§ 17 Abs. 2a S. 1 EStG enthält eine Definition der Anschaffungskosten i. S. d. § 17 Abs. 2 EStG und fasst hierunter alle Aufwendungen, die geleistet werden, um Anteile an einer Kapitalgesellschaft i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG zu erwerben. Der Begriff des § 17 Abs. 2a S. 1 EStG lehnt sich an die handelsrechtliche Definition der Anschaffungskosten in § 255 Abs. 1 S. 1 HGB an, die auch im Steuerrecht gilt.[1] Nach § 17 Abs. 2a S. 1 EStG setzt das Vorliegen von Anschaffungskosten Aufwendungen des Stpfl. voraus. Notwendig hierfür ist eine vermögensmäßige Belastung, etwa durch den Abfluss von Geld oder die Übernahme einer Verbindlichkeit. Anschaffungskosten erfordern eine "Anschaffung", also einen entgeltlichen Erwerb des (zumindest) wirtschaftlichen Eigentums an Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Unentgeltliche Vorgänge sind keine Anschaffung und führen daher grundsätzlich auch nicht zu Anschaffungskosten.[2] Zwischen den Aufwendungen und dem Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft muss ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen. Der Begriff der Anschaffungskosten i. S. d. § 17 Abs. 2a S. 1 EStG ist aufgrund des Einbezugs der Anschaffungsnebenkosten und der nachträglichen Anschaffungskosten (Rz. 204) zwar weit auszulegen. Ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang reicht aber nicht aus. Entscheidend ist vielmehr die Zweckbestimmung der Aufwendungen (sog. finaler Anschaffungskostenbegriff).[3] Zu den Anschaffungskosten i. S. d. § 17 Abs. 2a S. 1 EStG gehört in erster Linie der Kaufpreis, der für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG gezahlt wird.[4] Im Fall der Gründung einer Kapitalgesellschaft korrespondieren die Anschaffungskosten mit den Einzahlungen des Gesellschafters in das Nennkapital.[5] Zum Nachweis der Einzahlung ist nicht zwingend ein Zahlungsbeleg erforderlich. Es können auch andere Indizien berücksichtigt werden.[6] Eine spätere Kapitalerhöhung führt bei den bereits bestehenden Anteilen zu einer Substanzabspaltung mit der Folge, dass ein Teil der Anschaffungskosten der Altanteile im Wege der Gesamtwertmethode den neuen Anteilen zuzuordnen sind.[7] Eine Kapitalherabsetzung und anschließende Rückzahlung des Nennkapitals hat eine Minderung der Anschaffungskosten zur Folge.[8] Bei einer Entnahme von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG der Teilwert oder der gemeine Wert anzusetzen, sofern dieser besteuert wurde, andernfalls die (historischen) Anschaffungskosten.[9] Ebenfalls zu den Anschaffungskosten i. S. d. § 17 Abs. 2a S. 1 EStG rechnet ein Aufgeld (Agio), also ein Aufschlag, der bei der erstmaligen Ausgabe von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder bei einer späteren Kapitalerhöhung gegen Einlage zusätzlich zum Nennbetrag zu zahlen ist.[10] Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG gegen wiederkehrende Leistungen erworben, entsprechen die Anschaffungskosten dem kapitalisierten Barwert der Leistungen im Zeitpunkt des Erwerbs.[11] Nicht zu den Anschaffungskosten zählt der nicht ausgeschüttete Gewinn einer Kapitalgesellschaft.[12] Ebenfalls keine Anschaffungskosten sind Schuldzinsen für ein Darlehen, mit dem der Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft finanziert wird. Schuldzinsen rechnen zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG[13] und können seit der Einführung der Abgeltungsteuer durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007[14] nur noch nach Maßgabe des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG steuermindernd abgezogen werden.[15] Befinden sich die Anteile an einer Kapitalgesellschaft i. S. d. § 17 EStG in Sammelverwahrung, sind die Anschaffungskosten nach der Durchschnittsmethode zu bestimmen, sofern die veräußerten Anteile nicht identifizierbar sind.[16] § 20 Abs. 4 S. 7 EStG (Fifo-Verfahren) ist in den Fällen des § 17 Abs. 1, 4 und 5 EStG nicht anwendbar.

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