Rz. 222

Das Verlustausgleichsverbot will eine ertragsteuerliche Berücksichtigung auf tatsächlich erlittene und wirtschaftlich zu tragende Verluste begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, verschiebt es einen ertragsteuerlichen Abzug in die Zukunft, auf einen Zeitraum, in dem feststeht, dass der finanzielle Einsatz wirklich verloren ist. Der zeitweilig versagte Verlustausgleich wirkt in keinem Fall endgültig, wenn auch durch die zeitliche Verschiebung sehr unterschiedliche Steuerfolgen eintreten können. Der verrechenbare Verlust stellt abweichend von der Systematik des EStG einen betriebsbezogenen Verlustvortrag dar, dessen Geltendmachung sachlich, aber nicht zeitlich begrenzt ist.

2.5.3.1 Gegenstand der Verrechnung

 

Rz. 223

Gem. § 15a Abs. 2 S. 1 EStG mindert der verrechenbare Verlust die Gewinne, die dem Kommanditisten "aus seiner Beteiligung an der KG" zuzurechnen sind. Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass eine Verrechnung nur mit Ergebnissen der Mitunternehmerschaft möglich ist, aus der die verrechenbaren Verluste stammen. Damit erfasst dieser Abzug auch nur die positiven Einkünfte, für die ein Ausgleich gem. § 15a Abs. 1 S. 1 EStG zulässig wäre.

 

Rz. 224

Demgegenüber ist herauszustellen, dass als Verrechnungsgegenstand "Gewinne aus der Beteiligung an der KG" bestimmt sind, während in § 15a Abs. 1 S. 1 EStG vom "Anteil am Verlust der KG" die Rede ist. Auch wenn der unterschiedliche Wortlaut auf eine erweiterte Verrechnungsmöglichkeit schließen lassen könnte, muss konstatiert werden, dass höchstrichterliche Rspr., Finanzverwaltung und das überwiegende Schrifttum beide Begriffe faktisch gleichsetzen. Das bedeutet, Anteile "am Verlust der KG" sind nur mit künftigen Anteilen am Gewinn der KG verrechenbar.

2.5.3.2 Zeitraum der Verrechnung

 

Rz. 225

Eine Minderung ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nur mit Gewinnen zulässig, die dem Kommanditisten in "späteren" Wirtschaftsjahren zuzurechnen sind. Damit wird nur ein Verlustvortrag möglich, ein Verlustrücktrag scheidet aus.

 

Rz. 226

Andererseits ist wie beim normalen Verlustabzug gem. § 10d EStG die frühestmögliche Minderung vorzunehmen; es besteht insoweit weder ein Wahlrecht noch eine Antragspflicht. Die sonstige ertragsteuerliche Situation des Kommanditisten hinsichtlich anderer Einkünfte oder Sonderausgaben muss unberücksichtigt bleiben.

Die Verrechnungsmöglichkeit findet allerdings ihr Ende, wenn der Kommanditist aus der KG ausscheidet oder die KG aufgelöst wird, weil danach der auf die Mitunternehmerstellung bezogene Ausgleich in Zukunft entfällt.

2.5.3.3 Person der Verrechnung (Verrechnungsberechtigter)

 

Rz. 227

Eine Verrechnung i. S. d. § 15a Abs. 2 EStG kann grundsätzlich nur derjenige vornehmen, dem der "Anteil am Verlust der KG" zugerechnet und für den er festgestellt worden ist. Damit bleibt er ein Steuermerkmal des Kommanditisten des Verlustjahres einerseits, Bestandteil des KG-Anteils andererseits. Wird dieser Anteil später auf eine andere Person übertragen, bevor eine vollständige Verrechnung möglich gewesen ist, muss hinsichtlich der weiteren Behandlung differenziert werden.

 

Rz. 228

Findet eine entgeltliche Übertragung statt, was in der Wertung des Gesetzes als Anteilsübertragung gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gilt, ist der verbliebene verrechenbare Verlust im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts zu berücksichtigen. Es ist nicht zulässig, den verrechenbaren Verlust dem entgeltlichen Rechtsnachfolger (Anteilskäufer) zu überlassen (Rz. 355). Die gleichen Rechtsfolgen treten bei einer Liquidation der KG ein.

 

Rz. 229

Eine völlig andere Betrachtung greift demgegenüber bei einer unentgeltlichen Anteilsübertragung durch Schenkung oder Erbfall. Zunächst ist die Übertragung mit Rücksicht auf § 6 Abs. 3 EStG steuerneutral, sodann geht der verrechenbare Verlust zusammen mit dem Anteil – gleichfalls unentgeltlich – über. Dabei spielt es keine Rolle, ob der unentgeltliche Rechtsnachfolger erstmals die Kommanditistenstellung einnimmt oder schon zuvor Kommanditist war und seine Beteiligung nur erhöht.

Diese Beurteilung entspricht st. Rspr. des BFH.[1] Schließlich gelten die gleichen Rechtsfolgen auch für den Sonderfall, dass durch die unentgeltliche Übertragung aus der KG ein Einzelunternehmen wird.[2] Wichtig ist dabei allerdings, dass bei der unentgeltlichen Übertragung, der Übernehmer durch den Verlust künftig wirtschaftlich belastet wird. Die Zuordnung des verrechenbaren Verlusts beim Übernehmer hängt daher davon ab, ob das Gewinnbezugsrecht ganz oder teilweise auf ihn übergegangen ist.[3]

Diese Rechtslage hat auch durch die Entscheidung des Großen Senats[4] zur Nichtvererbbarkeit eines Verlustvortrags im Ergebnis keine Änderung erfahren. Die Entscheidung, nach der ein Erbe den vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nicht geltend machen kann, hat zur Abkehr von der bisherigen jahrzehntelangen Behandlung geführt. Die Entscheidung des BFH wird damit begründet, dass es an einer streng objekt- und einkunftsquellenbezogenen Konzeption fehle, wie sie etwa § 6 Abs. 3 EStG zugrunde liege. Die aufgelaufenen Verluste des Erblassers, die in den Verlustabz...

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