Rz. 346

Scheidet ein Kommanditist aus einer KG aus, bei der ihm Verlustanteile zugerechnet worden sind, die nicht ausgleichsfähig waren und daher als verrechenbarbar festgestellt wurden, ist dieser Sachverhalt zunächst und grundsätzlich wie jede andere Beendigung einer Mitunternehmerstellung zu würdigen. Nach den allg. Regelungen des § 16 EStG bedeutet dies, dass der Veräußerungspreis dem Kapitalkonto gegenübergestellt wird. Ist das Kapitalkonto negativ, ist es dem Veräußerungspreis hinzuzurechnen. Bei einem Veräußerungspreis von genau 0 EUR entspricht der Veräußerungsgewinn also dem Stand des negativen Kapitalkontos. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied, ob das negative Kapitalkonto aufgrund ausgleichsfähiger oder verrechenbarer Verluste entstanden ist.[1]

 

Rz. 347

Gleiches gilt auch, soweit das negative Kapitalkonto auf Entnahmen i. S. v. § 4 Abs. 1 S. 2 EStG zurückzuführen ist. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob es sich bei der Entnahme um nach dem Gesellschaftsvertrag rückzahlungspflichtige oder nicht rückzahlungspflichtige Auszahlungen handelt. Eine etwaige Rückzahlungspflicht kann indes den Veräußerungsgewinn mindern.[2]

Wie auch im Falle des durch Verlustzurechnung negativ gewordenen Kapitalkontos, erlangt der ausscheidende Kommanditist mit der Befreiung von der Verpflichtung, das aufgrund seiner Entnahmen negativ gewordene Kapitalkonto auszugleichen, eine Gegenleistung für die Veräußerung seines Anteils, die mithin den Gewinn hieraus erhöht.

Diese Folge stellt sich auch als konsequente Umsetzung der Systematik innerhalb des § 15a EStG dar. Denn dass eine später nicht ausgeglichene Entnahme, die zum Entstehen oder zu einer Erhöhung eines negativen Kapitalkontos führt, vom Kommanditisten grundsätzlich zu versteuern ist, ergibt sich auch aus § 15a Abs. 3 S. 1 EStG. Liegen die Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 S. 1 EStG vor, ist dem Kommanditisten in Höhe der Entnahme ein Gewinn allerdings nicht erst im Jahr der Auflösung seines Kapitalkontos zuzurechnen, sondern bereits im Jahr der Entnahme.[3]

 

Rz. 348

Veräußerungsvorgänge sind in erster Linie Vorgänge der Gesamthandsbilanz (unter Einschluss von Werten einer etwaigen Ergänzungsbilanz).[4] Bei einer Anteilsveräußerung gehen Gewinne daher regelmäßig auf stille Reserven im Gesamthandsvermögen zurück, Verluste demgegenüber auf nicht berücksichtigte Risiken in der Gesamthandsbilanz.

Eine Veräußerung im hier gemeinten Zusammenhang ist die Übertragung eines KG-Anteils gegen kaufmännisch bemessenes Entgelt. Die entgeltliche Übernahme eines Anteils mit negativem Kapitalkonto ist denkbar, wenn der Buchwert des Anteils (das Kapitalkonto) lediglich buchmäßig negativ ist, sein wahrer Wert aber mindestens 0 EUR ausmacht.

 
Praxis-Beispiel

Übernahme eines KG-Anteils mit negativem Kapitalkonto

Ein Kommanditist weist in der Schlussbilanz der KG ein negatives Kapitalkonto von 100.000 EUR aus, das durch jeweils 50.000 EUR ausgleichsfähige und verrechenbare Verluste entstanden ist. Diese Verluste gehen zurück auf Sonderabschreibungen beim Anlagevermögen; der wahre Wert des Anteils beträgt 0 EUR.

Ein fremder Dritter übernimmt den Anteil, zahlt weder etwas an den ausscheidenden Kommanditisten noch an die KG, wird aber in der KG-Bilanz mit dem bestehenden Minuskapital belastet. Der neue Kommanditist muss nunmehr zunächst Gewinnanteile zugerechnet bekommen und versteuern, ehe er Entnahmen tätigen darf. Seine ertragsteuerlichen Anschaffungskosten belaufen sich auf 100.000 EUR, die in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren sind (Mehrwerte beim abnutzbaren Anlagevermögen).

Der in der Ergänzungsbilanz aktivierte Betrag zählt mit zum ertragsteuerlichen Kapitalkonto, das für Zwecke des § 15a EStG insgesamt 0 EUR ausmacht. Neue Verlustanteile aus der KG sind damit vorerst nicht ausgleichsfähig.

Sie liegt gleichfalls vor, wenn der Kommanditist das Entgelt von der KG selbst erhält und sein Anteil den verbleibenden Mitunternehmern anwächst. Eine Veräußerung ist schließlich auch anzunehmen, wenn das Entgelt in der Übernahme von Schulden besteht oder exakt 0 EUR beträgt.[5]

 

Rz. 349

Andererseits kommt es vor, dass ein Mitunternehmer seinen KG-Anteil – bei positivem Kapitalkonto – ohne Entgelt oder nur für einen EUR überträgt. Wenn hiermit keine persönliche Bereicherung bezweckt ist, liegt im ertragsteuerlichen Sinn ein entgeltlicher Vorgang vor. Dadurch entsteht ein anzuerkennender Veräußerungsverlust. Denkbar ist eine derartige Situation, wenn betriebliche Verbindlichkeiten nicht oder nicht in voller Höhe passiviert sind.[6]

 
Praxis-Beispiel

Übernahme eines KG-Anteils mit positivem Kapitalkonto

Aus einer GmbH & Co. KG mit A, B und C als Kommanditisten scheidet C aus. Seinen Anteil mit einem negativen Kapitalkonto von 20.000 EUR übernimmt A, der dafür einen symbolischen Preis von einem EUR zahlt. Stille Reserven sind im Betriebsvermögen nicht vorhanden, auch ein Firmenwert besteht nicht. Der verrechenbare Verlust des ausscheidenden C beläuft sich – wie sein negatives Kapitalkonto – auf 20....

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