Rz. 144

Die höchstrichterliche Rspr. hat für die Gewinnermittlung bei Mitunternehmerschaften Besonderheiten herausgearbeitet, die auch für die Bestimmung des Kapitalkontos von Bedeutung sind. Diese ergeben sich zum einen aus zwingenden Bilanzierungsgrundsätzen und abweichenden – personengebundenen – Bewertungswahlrechten[1], zum anderen aus der Notwendigkeit, ertragsteuerliches Sonderbetriebsvermögen darzustellen. Hierbei sind höhere und niedrigere Werte möglich, die technisch in Ergänzungs- und Sonderbilanzen erscheinen. Diese werden jeweils für den einzelnen Gesellschafter erstellt und bilden ein Hilfsmittel, um die steuerliche Situation korrekt auszuweisen (§ 15 EStG Rz. 425ff.).

 

Rz. 145

Die Notwendigkeit zur Aufstellung von Ergänzungs- und Sonderbilanzen resultiert aus verschiedenen Vorschriften des Ertragsteuerrechts und ihrer Auslegung durch die höchstrichterliche Rspr.:

  • § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG:

    Nach dieser Vorschrift sind u. a. Vergütungen an Gesellschafter für die Hingabe von Darlehen oder die Überlassung von anderen Wirtschaftsgütern als zusätzliche Gewinnanteile zu behandeln. Hieraus wird zugleich abgeleitet, dass auch die Darlehen oder anderen Wirtschaftsgüter selbst zum Betriebsvermögen zählen, dem nutzenden Betrieb zugerechnet werden müssen und dort an der Gewinnermittlung teilnehmen. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in den §§ 4 bis 7i EStG.

    Das zur Nutzung überlassene Vermögen wird als Sonderbetriebsvermögen bezeichnet. Da es nicht im Eigentum der Gesellschaft steht, in der Gesamthandsbilanz daher nicht erscheinen darf, wird es in eine daneben aufgestellte Bilanz, die Sonderbilanz, aufgenommen. Dies erfolgt für jeden Mitunternehmer getrennt.

  • § 6 Abs. 5 S. 3 und 4 EStG:

    Wenn einzelne Wirtschaftsgüter mit stillen Reserven aus dem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers oder aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer KG übertragen werden, tritt der Effekt ein, dass die stillen Reserven künftig allen Mitunternehmern quotenmäßig zustehen. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, wird das übertragene Wirtschaftsgut in der Bilanz der KG mit dem wahren Wert angesetzt und dem Übertragenden eine gleich hohe Kapitalgutschrift erteilt. Zum Erreichen der Steuerneutralität sowie der korrekten Reservenzurechnung erscheint die Differenz zwischen neuem und altem Wertansatz als Passivposten in einer negativen Ergänzungsbilanz für den Übertragenden.

  • § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG:

    Bei einer Anteilsveräußerung zahlt der Erwerber regelmäßig einen anderen Betrag als Kaufpreis als den Buchwert des Kapitalkontos des Veräußerers. Da er aber innerhalb der Mitunternehmerschaft nur den ausgeschiedenen Gesellschafter ersetzt, der Bestand und die Werte des Gesellschaftsvermögens zugleich unverändert bleiben, andererseits aber höhere oder niedrigere Anschaffungskosten angefallen sind, muss die Differenz gleichfalls in eine Ergänzungsbilanz eingehen.[2]

  • § 24 Abs. 2 UmwStG:

    Wenn anlässlich der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft zur Darstellung der wahren Wertverhältnisse stille Reserven in der erstmaligen Gesellschaftsbilanz aufgelöst werden, ein Einbringungsgewinn indessen nicht erwünscht ist, darf der Einbringende die höheren Werte bei Antragstellung gem. § 24 Abs. 2 S. 2 UmwStG über eine negative Ergänzungsbilanz auf die ursprünglichen Werte zurückführen.

2.2.1.2.1 Kapital aus Ergänzungs- und Sonderbilanzen

 

Rz. 146

Die Unterscheidung zwischen Werten aus Ergänzungs- und Sonderbilanzen ist sowohl für die Herkunft und den äußeren Anlass ihrer Entstehung als auch für die Auswirkungen von Bedeutung. Während die Ergänzungsbilanz zusätzliche (ergänzende) Anschaffungskosten für Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens aufnimmt oder negative (ausgleichende) Korrekturposten enthält, weist die Sonderbilanz Anschaffungskosten oder Einlagewerte für Wirtschaftsgüter aus, die im Eigentum eines Gesellschafters stehen (§ 15 EStG Rz. 401ff.).[1]

 

Rz. 147

Zu den in einer Ergänzungsbilanz zu erfassenden Anschaffungskosten gehört grundsätzlich auch die Übernahme eines negativen Kapitalkontos eines ausscheidenden Gesellschafters. Es ist dabei ohne Bedeutung, ob das negative Kapitalkonto aufgrund ausgleichsfähiger oder nur verrechenbarer Verluste oder aufgrund von Entnahmen entstanden ist.[2]

 

Rz. 148

Im Normalfall sind die Werte in Ergänzungs- und Sonderbilanzen positiv, weil die Anschaffungskosten die anteiligen Buchwerte übersteigen bzw. die überlassenen Wirtschaftsgüter einen höheren Wert als 0 EUR haben. Aus den Regelungen in § 6 Abs. 5 EStG und § 24 UmwStG wird indessen schon deutlich, dass auch negative Werte und als Salden negative Kapitalkonten möglich sind. Das gilt sowohl für die Ergänzungs- als auch die Sonderbilanz; schließlich können Ergänzungs- und Sonderbilanzen auch nebeneinander vorkommen. Falls eine kombinierte Ergänzungs- und Sonderbilanz erstellt wird, muss diese für Zwecke des § 15a EStG aufgespalten werden.

 

Werte der Kapitalkonten in Ergänzu...

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