Rz. 220

Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb aufgegeben, ermittelt sich der Aufgabegewinn nach § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 und Abs. 3 S. 5 bis 8 EStG (§ 16 EStG Rz. 233ff.). Entsprechendes gilt bei der Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils. Der Aufgabegewinn ist bei Vorliegen der Voraussetzungen begünstigt nach § 16 Abs. 4 EStG (§ 16 EStG Rz. 238ff.) und § 34 Abs. 1 oder 3 EStG. Ergebnis kann aber auch ein Aufgabeverlust sein. Auch im Rahmen von Aufgabevorgängen ist der begünstigte Aufgabegewinn vom laufenden Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft abzugrenzen. Hinsichtlich der Ermittlung des Aufgabegewinns gelten die Grundsätze bezüglich der Ermittlung des Veräußerungsgewinns entsprechend (Rz. 159ff.).

 

Rz. 221

Einzubeziehen in die Ermittlung des Aufgabegewinns sind auch die unwesentlichen Betriebsgrundlagen. Dementsprechend setzt sich der Aufgabegewinn zusammen aus den Veräußerungspreisen der verkauften wesentlichen und unwesentlichen Betriebsgrundlagen und den gemeinen Werten der entnommenen wesentlichen und unwesentlichen Betriebsgrundlagen sowie den übrigen dem Land- und Forstwirt in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufgabe zufließenden Erträgen. Der sich daraus ergebende Wert vermindert sich um die Aufgabekosten und den Wert des Betriebsvermögens.

 

Rz. 222

Hinsichtlich der im Rahmen der Betriebsaufgabe verkauften Wirtschaftsgüter sind die Veräußerungspreise anzusetzen. Soweit die Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen überführt worden sind, erfolgt eine Bewertung mit dem gemeinen Wert. Die Höhe des gemeinen Werts bestimmt sich gem. § 1 BewG nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der §§ 2 bis 16 BewG. Danach wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Zu berücksichtigen sind dabei alle Umstände, die den Preis beeinflussen. Es darf sich aber nicht um ungewöhnliche oder persönliche Umstände handeln. Mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind z. B. die anlässlich der Betriebsaufgabe in das Privatvermögen überführten Forderungen. Fällt die Forderung später aus, hat dies keine Auswirkung auf den Aufgabegewinn. Insoweit liegt ein Vorgang im Rahmen der privaten Vermögenssphäre vor. Werden nach erklärter Betriebsaufgabe Wirtschaftsgüter veräußert, die im Rahmen der Betriebsaufgabe mit dem gemeinen Wert in das Privatvermögen überführt worden sind, handelt es sich insoweit nicht mehr um einen betrieblichen Vorgang.[1] Unerheblich ist dabei, ob ein zeitlicher oder sachlicher Zusammenhang zwischen der Betriebsaufgabe und der anschließenden Veräußerung des entsprechenden Wirtschaftsguts besteht oder nicht. Allerdings kann in diesen Fällen ein zeitnah nach der Betriebsaufgabe erfolgter Verkauf Rückschlüsse auf den gemeinen Wert des entsprechenden Wirtschaftsguts zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zulassen.

 

Rz. 223

Eine Betriebsaufgabe kann – im Gegensatz zu einer Betriebsveräußerung – grundsätzlich nicht rückwirkend beseitigt werden, da es sich insoweit um einen tatsächlichen Vorgang handelt. In Ausnahmefällen kann dies anders sein. So liegt z. B. eine Betriebsaufgabe auch dann vor, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs an 2 Erwerber veräußert werden. Erfolgt in diesen Fällen – z. B. aufgrund eines vertraglichen oder gesetzlichen Rücktrittsrechts – die Rückgängigmachung beider Verträge, entfällt die Betriebsaufgabe rückwirkend.

 

Rz. 224

Bei der Betriebsaufgabe ist der begünstigte Aufgabegewinn vom nicht begünstigten laufenden Gewinn abzugrenzen. Zum laufenden Gewinn gehören die während der Betriebsaufgabe anfallenden betriebsgewöhnlichen Geschäfte. Hierunter fällt insbesondere die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens an die bisherigen Abnehmer im Wege eines Räumungsverkaufs (H 16 Abs. 9 "Räumungsverkauf" EStH 2021). Zum begünstigten Aufgabegewinn rechnen dagegen Rücklieferungen an frühere Lieferanten.

 

Rz. 225

Auch im Rahmen der Betriebsaufgabe gilt nach § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 3 S. 5 EStG der Gewinn aus Veräußerungen des Land- und Forstwirts an sich selbst als laufender Gewinn. Gewinne aus der Überführung von wesentlichen und unwesentlichen Betriebsgrundlagen in das Privatvermögen, die im Rahmen einer Betriebsaufgabe anfallen, sind dagegen begünstigt. Auf sie ist § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 3 S. 5 EStG nicht anzuwenden.

 

Rz. 226

Die Betriebsaufgabe erfolgt im Regelfall nicht zu einem bestimmten Tag, sondern über einen bestimmten Zeitraum, der sich auch über mehrere Vz erstrecken kann. Daher kann auch der Aufgabegewinn entsprechend den einzelnen den Gewinn realisierenden Vorgängen in mehreren Vz anfallen. Der Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung für die einzelnen Aufgabevorgänge – Veräußerungen oder Überführungen ins Privatvermögen – bestimmt sich nach den allgemeinen Grundsätzen zur Gewinnrealisierung.[2] Den Verkaufspreisen der im j...

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