Rz. 583

Die Bewertung von Vieh erfordert nach dem Prinzip der Einzelbewertung grundsätzlich die Ermittlung der jedem Tier zuzurechnenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Der Ansatz der Tiere des Umlaufvermögens hat nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, beim Vieh des Anlagevermögens nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit den um die AfA geminderten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu erfolgen. Die Bewertung kann erfolgen mit den betriebsindividuellen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, mit aus vergleichbaren Musterbetrieben abgeleiteten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder mit von der Finanzverwaltung insoweit vorgehaltenen Richtwerten.[1] Als selbstständig nutzbares Wirtschaftsgut ist grundsätzlich das einzelne Tier anzusehen.

 

Rz. 584

Zum Anlagevermögen gehören Tiere als abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter, die nach ihrer Fertigstellung nicht zur sofortigen Veräußerung, Verarbeitung oder zum Verbrauch bestimmt sind, wie z. B. Zuchttiere, Milchvieh oder Legehennen. Der Zuordnung zum Anlagevermögen steht es nicht entgegen, dass diese Tiere nach ihrer bestimmungsgemäßen betrieblichen Nutzung noch als Schlachtvieh verwertet werden. Dagegen gehören zum Umlaufvermögen die Tiere, die zur Veräußerung, zur Verarbeitung oder zum Verbrauch im Betrieb bestimmt sind. Hierzu gehören insbesondere Masttiere. Unerheblich ist, wie lange sich die Tiere im landwirtschaftlichen Betrieb befinden. Maßgebend für die Zuordnung der in Aufzucht befindlichen Tiere zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen ist ihre spätere Zweckbestimmung.

 

Rz. 585

Bei der betriebsindividuellen Wertermittlung sind die dem Tier zurechenbaren Anschaffungs- und Herstellungskosten nach den Verhältnissen des Betriebs zu ermitteln. Ein im Vergleich zu dem so ermittelten Buchwert niedrigerer Teilwert kann angesetzt werden unter der Voraussetzung, dass eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt. Der Begriff der Herstellungskosten bestimmt sich nach § 255 Abs. 2 HGB. Dazu rechnen insbesondere die Material- und Fertigungseinzelkosten und die Material- und Fertigungsgemeinkosten. Der Begriff der Anschaffungskosten bestimmt sich nach § 255 Abs. 1 HGB. Zu den Anschaffungskosten gehören nicht nur der reine Kaufpreis, sondern auch die Nebenkosten.

 

Rz. 586

Ein Jungtier ist erst zum Zeitpunkt der Geburt als Wirtschaftsgut zu bewerten, und zwar mit den bis dahin als Betriebsausgaben behandelten Herstellungskosten. Dabei sind AfA und Unterhaltskosten der Elterntiere anteilig zu berücksichtigen. Abgrenzbar sind die vor der Geburt entstandenen Herstellungskosten eines Jungtiers nur auf kalkulatorischem Weg von den Herstellungs- bzw. Erhaltungsaufwendungen des Muttertiers.[2] Kein Bilanzposten ist zu bilden für Tiere, die am Bilanzstichtag noch nicht geboren waren.

 

Rz. 587

Anstelle der betriebsindividuellen Wertermittlung kann eine Ableitung der relevanten Werte aus vergleichbaren Musterbetrieben erfolgen.[3] Die dort ermittelten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten können nur insoweit übernommen werden als sie den steuerlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten entsprechen. Ebenfalls angesetzt werden können die insoweit von der Finanzverwaltung vorgehaltenen Richtwerte.[4] Letzteres kommt nicht in Betracht bei besonders wertvollen Tieren.

 

Rz. 588

Ein Tier ist fertiggestellt, wenn es für den vorgesehenen Zweck genutzt oder verwendet werden kann. Als Zeitpunkt der Fertigstellung gilt bei männlichen Zuchttieren der Beginn der ersten Deckperiode, bei weiblichen Zuchttieren die erste Besamung[5] und bei Gebrauchstieren die erste Ingebrauchnahme. Turnier- und Rennpferde gelten mit ihrem ersten Einsatz als fertiggestellt[6], Reitpferde mit Beginn des Zureitens.[7] Eine Sau ist fertiggestellt, wenn sie nicht mehr Jungsau ist.[8]

 

Rz. 589

Die Tiere des Anlagevermögens sind ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung auf die voraussichtliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben.[9] Begrenzt wird das AfA-Volumen durch den zu erwartenden Schlachtwert. Dieser ist als Mindestwert in der Bilanz auszuweisen. Unter Schlachtwert ist der Veräußerungserlös zu verstehen, der bei vorsichtiger Beurteilung nach der Beendigung der Nutzung erzielt werden kann. Ermittelt werden kann dieser zum einen betriebsindividuell. Zum anderen können aber auch herangezogen werden die Werte vergleichbarer Musterbetriebe oder die von der Finanzverwaltung insoweit vorgehaltenen Richtwerte.[10] Allerdings kommt bei Tieren des Anlagevermögens eine Kürzung des Abschreibungsvolumens um den Schlachtwert nur dann in Betracht, wenn von vornherein eine nachhaltige Nutzung dieser auch als Umlaufvermögen geplant ist.[11] In diesem Zusammenhang ist eine Umwidmung von Anlage- in Umlaufvermögen nicht gegeben, wenn z. B. Zuchtsauen lediglich aus Wirtschaftlichkeitsgründen aus dem Zuchtbetrieb genommen und anschließend zeitnah der Schlachtung zugeführt werden. Durch eine kurzzeitige Fütterung entstehen keine Wirtschaftsgüter anderer Marktgängigkeit.[12] In den Fällen von § 6 Abs....

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