Rz. 131

Nach Ergehen der Beschlüsse des Großen Senats des BFH v. 21.11.1983, GrS 2/82[1] sind die Grundsätze der vorgenannten Urteile z. T. überholt. Der Große Senat des BFH vertrat unter Berufung auf das der Einkommensbesteuerung zugrunde liegende Nettoprinzip (Rz. 7ff.) die Auffassung, Geldbußen wegen Ordnungswidrigkeiten seien allgemein als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn sie durch den Betrieb oder Beruf veranlasst sind, d. h. wenn sie objektiv mit dem Betrieb oder Beruf zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb oder Beruf zu dienen bestimmt sind, wie dies z. B. bei einer Geldbuße wegen unzulässiger Preisempfehlung der Fall ist. Gleiches gelte für eine Geldstrafe gem. § 890 ZPO a. F. (nunmehr Ordnungsgeld), die einer Geldbuße vergleichbar sei. Der BFH ist damit zur Rspr. des RFH vor 1939 zurückgekehrt (Rz. 128). Die Beschlüsse des Großen Senats stellen eine Fortführung der Grundsätze zur Abziehbarkeit von Unfallkosten dar, die durch bewusste und leichtfertige Verletzung von (mit Strafe oder Geldbuße bewehrten) Verkehrsvorschriften verursacht sind.[2]

 

Rz. 132

Hinsichtlich der Abziehbarkeit von Strafverteidigerkosten teilte der Große Senat die Auffassung des VI. Senats des BFH[3] (Rz. 273), wonach Strafverteidigungskosten ohne Rücksicht auf eine Verurteilung Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten darstellen, wenn die dem Strafverfahren zugrunde liegende Tat in Ausübung der betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. Dem ist zuzustimmen.[4] Dies gilt in gleicher Weise für den Abzug der Gerichtskosten als Abgabe für die Inanspruchnahme des Gerichts, die mit Geldstrafen oder Geldbußen ohnehin nicht gleichgestellt werden können.

 

Rz. 133

Die Beschlüsse des Großen Senats befassten sich nicht mit der steuerlichen Behandlung von Geldstrafen. Soweit der BFH[5] eine Geldstrafe nach § 890 ZPO a. F. wegen Zuwiderhandlung gegen ein durch eine einstweilige Verfügung angeordnetes Verbot zum Gegenstand hatte – jetzt Ordnungsgeld nach § 890 ZPO –, sah der BFH diese Geldstrafe nicht als Strafe für kriminelles Unrecht an, sondern betonte, es handele sich hierbei um eine Geldstrafe, die den Geldbußen wegen Ordnungswidrigkeiten näher stehe als den Geldstrafen wegen Straftaten, sodass eine solche Geldstrafe (nunmehr Ordnungsgeld) nach den gleichen Grundsätzen wie Geldbußen zu beurteilen sei. Gleichwohl enthielt die Entscheidung des Großen Senats[6] Formulierungen, die dahin interpretiert werden könnten, der BFH ziehe auch die bisherige Rspr. zur Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen in Zweifel. Überwiegend wird jedoch vermutet, der BFH neige wie bisher dazu, Geldstrafen nicht den Charakter von Betriebsausgaben oder Werbungskosten zuzusprechen.[7]

[4] Kritik an den Beschlüssen des Großen Senats äußerten z. B. Walz, StuW 1984, 170; Voß, FR 1984, 245; zustimmend Döllerer, BB 1984, 545.
[7] Döllerer, BB 1984, 545; Offerhaus, StBp 1984, 93.

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