Rz. 84

Kommt es – wie in Rz. 76 geschildert – zum Sonderausgabenabzug, so stellt das FA den den Zulageanspruch überschreitenden Betrag der Steuerermäßigung in einem Verfahren gem. § 179 AO gesondert fest. Für die gesonderte Feststellung gilt § 10d Abs. 4 S. 3 bis 5 EStG entsprechend (§ 10a Abs. 4 S. 1 Halbs. 2 EStG):

  • Zuständig ist das für die Besteuerung zuständige FA (§ 10d Abs. 4 S. 3 EStG).
  • Der Feststellungsbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

    • soweit sich die zu berücksichtigenden Beträge – das sind die dem Stpfl. zustehende Zulage und der sich bei der Günstigerprüfung ergebende Steuerermäßigungsbetrag bzw. der ihm zugrunde liegende festgesetzte sowie der fiktiv errechnete ESt-Betrag – ändern
    • und deshalb der entsprechende Bescheid – das ist der Bescheid über die Zulage (sofern ein solcher ergeht; § 90 Abs. 2 S. 2 und Abs. 4 EStG[1]; ggf. ein fiktiver Zulagebescheid) und der ESt-Bescheid – zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist (§ 10d Abs. 4 S. 4 EStG),
    • oder dies wegen mangelnder Auswirkung unterbleibt (§ 10d Abs. 4 S. 5 EStG).
 

Rz. 85

Umfasst der Sonderausgabenabzug Beiträge, die auf mehrere Altersvorsorgeverträge ein und desselben Stpfl. geleistet wurden (Rz. 69), so ist der gesondert festzustellende Steuerermäßigungsmehrbetrag auf die einzelnen Verträge nach dem Verhältnis der im Sonderausgabenabzug berücksichtigten Beiträge zu verteilen und mit diesen Teilbeträgen festzustellen (§ 10a Abs. 4 S. 2 EStG). Die Zuordnung ist erforderlich, um im Fall einer schädlichen Verwendung nach § 93 Abs. 1 S. 1 EStG den Rückzahlungsbetrag festsetzen zu können.

 

Rz. 86

Werden Ehegatten zusammen veranlagt und haben beide Ehegatten Beiträge für geförderte Altersvorsorgeverträge erbracht, so ergibt sich diese "über den Zulageanspruch nach Abschnitt XI hinausgehende Steuerermäßigung" (Abs. 4 S. 1) zunächst als ein einheitlicher Steuerermäßigungsmehrbetrag (Rz. 78) . Dieser einheitliche Steuerermäßigungsmehrbetrag ist auch im Fall der Zusammenveranlagung der "nach S. 1 festzustellende Betrag", wie es in § 10a Abs. 4 S. 3 EStG ausdrücklich formuliert ist, auch wenn er letztlich den Ehegatten im Verhältnis der von ihnen erbrachten Beiträge "jeweils getrennt" zuzurechnen ist (§ 10a Abs. 4 S. 3 EStG, Rz. 79). In diesem Fall muss die gesonderte Feststellung somit nach § 179 Abs. 2 S. 2 AO einheitlich ergehen, da Gegenstand der gesonderten Feststellung der gesamte sich bei der Zusammenveranlagung ergebende – Steuerermäßigungsmehrbetrag ist, der im Weg der gesonderten Feststellung aufgeteilt wird. Dies gilt sowohl dann, wenn beiden Ehegatten der Sonderausgabenabzug nach Abs. 1 zusteht, als auch wenn nur einer nach Abs. 1 unmittelbar und der andere über § 79 S. 2 EStG mittelbar begünstigt ist.

 

Rz. 87

Werden die Ehegatten entsprechend der von ihnen getroffenen Wahl nach § 26a EStG einzeln veranlagt oder in Ermangelung der Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 S. 1 EStG einzeln veranlagt, so ergibt sich für jeden ein eigener Steuerermäßigungsmehrbetrag, der für jeden gesondert festzustellen ist. Dies gilt auch im Fall der Zusammenveranlagung, wenn beide Ehegatten zu den unmittelbar Begünstigten nach § 10a EStG gehören, beide Beiträge auf einen eigenen AV-Vertrag leisten, aber nur ein Ehegatte den Antrag auf Sonderausgabenabzug gestellt hat.

 

Rz. 88

Die gesondert festgestellten Beträge hat das FA der zentralen Stelle i. S. d. § 81 EStG unter Angabe der Vertrags- und Steuernummer mitzuteilen (§ 10a Abs. 4 S. 1 u. 4 EStG). Diese Mitteilung ist – wie das gesonderte Feststellungsverfahren überhaupt – erforderlich, um ggf. eine Rückforderung der gewährten steuerlichen Vergünstigung zu ermöglichen.

 

Rz. 89

Der Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 10a Abs. 4 EStG ist ein Grundlagenbescheid i. S. v. § 179 Abs. 1 AO. Er hat Bindungswirkung für die Ermittlung des Rückzahlungsbetrags bei einer schädlichen Verwendung nach § 93 EStG und einen ggf. zu erlassenden Rückzahlungsbescheid nach § 94 Abs. 2 EStG. Das ergibt sich aus § 96 Abs. 1 EStG i. V. m. § 155 Abs. 5 AO.

 

Rz. 90

Der Feststellungsbescheid ist dem oder den Stpfl. als dem bzw. den Betroffenen bekannt zu geben. Ohne Bekanntgabe wird der Feststellungsbescheid nicht wirksam und kann seine Grundlagenbescheidfunktion für eine Rückforderung nach § 94 EStG nicht entfalten. Die Mitteilung an die zentrale Stelle nach § 81 EStG ersetzt die Bekanntgabe an den Betroffenen nicht. Der Bescheid kann mit dem ESt-Bescheid verbunden werden. Gegen den Feststellungsbescheid ist als Rechtsbehelf der Einspruch nach § 347 AO gegeben.

[1] Durch das JStG 2022 (wurde im Rahmen einer redaktionellen Änderung der Begriff "Zulagenbescheid" in § 90 Abs. 2 S. 2 EStG durch den neutraleren Begriff "Bescheid" ersetzt.

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