Leitsatz

1. Bei der Prüfung von Mietverträgen unter Angehörigen am Maßstab des Fremdvergleichs kann für die Auslegung ursprünglich unklarer Vereinbarungen die spätere tatsächliche Übung der Parteien herangezogen werden.

2. Weisen ein mit Fremden geschlossener Mietvertrag und ein Mietvertrag mit Angehörigen nach ihrem Inhalt oder in ihrer Durchführung gleichartige Mängel auf, so verliert das zwischen fremden Dritten übliche Vertragsgebaren für die Indizienwürdigung an Gewicht. Die Mängel des Angehörigenvertrags deuten dann nicht ohne weiteres auf eine private Veranlassung des Leistungsaustauschs hin.

 

Normenkette

§ 12 EStG , § 21 EStG

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige hatte im gleichen Haus eine Wohnung an seine Mutter mit Lebensgefährten und an ein fremdes Ehepaar vermietet. Die Verträge enthielten Unklarheiten über die Nebenkosten.

Gleichwohl wurden die Nebenkosten in bestimmter Weise abgerechnet und die Mieten gezahlt. Das FA versagte die Anerkennung des Werbungskostenüberschusses hinsichtlich der an die Mutter vermieteten Wohnung mit der Begründung, die Vereinbarung über die Nebenkostenabrechnung sei unklar.

Dass der mit den fremden Mietern abgeschlossene Vertrag ähnliche Mängel aufweise, sei unerheblich. Denn entscheidend sei das zwischen Fremden Übliche, nicht die individuelle Handhabung des einzelnen Steuerpflichtigen.

 

Entscheidung

Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Zwar enthalte der Mietvertrag mit der Mutter und deren Lebensgefährten bezüglich der Nebenkosten Unklarheiten. Zur Auslegung sei jedoch auf die spätere tatsächliche Übung zurückzugreifen. Außerdem weise der Umstand, dass auch der Mietvertrag mit dem fremden Ehepaar ähnliche Unklarheiten beinhalte, nicht unbedingt auf eine private Veranlassung hin, sondern lasse nur auf ein generell unsorgfältiges Vertragsgebaren des Steuerpflichtigen schließen. Das FG muss diese Umstände noch in seine Würdigung einbeziehen.

 

Hinweis

Mietverträge unter Angehörigen sind – wie auch sonstige Angehörigenverträge – nur dann steuerlich zugrunde zu legen, wenn sie in Gestaltung und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (Fremdvergleich).

Die Anerkennung eines Mietvertrags setzt demnach zumindest voraus, dass die Hauptvertragspflichten (Überlassung einer konkret bestimmten Sache einerseits und die Höhe der Miete andererseits) klar und eindeutig vereinbart und wie vereinbart durchgeführt werden.

Bestehen hinsichtlich der Nebenabgaben keine Vereinbarungen oder Unklarheiten, ist dies im Zusammenhang mit sämtlichen weiteren Umständen zu würdigen. Hierbei ist zu berücksichtigen:

  • Unklare und widersprüchliche Vereinbarungen können anhand der tatsächlichen späteren Übung ausgelegt werden.
  • Weisen entsprechende Vereinbarungen des Steuerpflichtigen mit Fremden die gleichen oder ähnliche Mängel wie die zwischen Angehörigen auf, lässt sich daraus nicht ohne Weiteres auf eine private Veranlassung schließen.

Der BFH stellt hier ganz konkret darauf ab, ob der Steuerpflichtige entsprechende Verträge mit ähnlichen Mängeln auch mit fremden Dritten abgeschlossen hat. Dies ist bei Verwendung von Formularverträgen gelegentlich der Fall und kann die Anerkennung eines Angehörigen-Vertrags unterstützen.

Zu beachten ist jedoch, dass allein der Umstand, dass in der Praxis häufig vergleichbare Verträge unter Dritten ebenfalls nicht mit der gebotenen Sorgfalt abgeschlossen werden und ähnliche Mängel aufweisen, nicht genügt, die Indizwirkung unklarer Verträge unter Angehörigen für eine private Mitveranlassung auszuschließen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.6.2002, IX R 68/99

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