Leitsatz

Ausschüttbare Erträge eines Investmentvermögens aus den in § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 genannten Einnahmearten, die nach dem Ausschüttungsbeschluss für eine Ausschüttung nicht verwendet werden, können vor Einführung von § 3a InvStG 2004 i.d.F. des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes nicht zur Vermeidung einer Substanzausschüttung als ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge behandelt werden (entgegen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18.08.2009, BStBl I 2009, 931, Rz 16).

 

Normenkette

§ 1 Abs. 3 Sätze 2 und 3, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 3a, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und b, § 12, § 15 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO, § 48 Abs. 1 Nrn. 1 und 5, § 60 Abs. 3 FGO

 

Sachverhalt

Kläger und Revisionsbeklagter (Kläger) war ein inländisches Spezialsondervermögen und steuerbefreites Zweckvermögen i.S.d. § 11 InvStG 2004. Einzige Anlegerin des Klägers war die D. Das dem Streitfall zugrunde liegende Geschäftsjahr des Klägers lief vom 1.12.2006 bis zum 30.11.2007.

Die investmentrechtliche Rechnungslegung für das zum 30.11.2007 endende Geschäftsjahr ergab einen investmentrechtlichen ordentlichen Nettoertrag i.H.v. 10.075.811,11 EUR. Am 28.12.2007 wurde eine Barausschüttung i.H.v. 10.094.524,73 EUR an die D beschlossen. Nach dem Ausschüttungsbeschluss wurden hierfür die ordentlichen Erträge des laufenden Geschäftsjahres (Zinsen und sonstige Erträge i.H.v. 8.887.201,36 EUR), dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Dividenden i.H.v. 1.161.152,54 EUR und ein Betrag i.H.v. 46.170,83 EUR verwendet, der zu den ausschüttungsgleichen Erträgen des Vorjahres gehört hatte. Ausschüttungen aus der Substanz ­(Kapitalrückzahlungen) wurden nicht beschlossen.

Der Kläger erstellte zur Ermittlung der ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 eine Überleitungsrechnung. Danach ergaben sich aus Sicht des Klägers ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Erträge für das Streitjahr i.H.v. 8.890.959,45 EUR, die er in der Feststellungserklärung für das Streitjahr entsprechend angab. Daneben erklärte der Kläger die Höhe der Ausschüttung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a InvStG mit 10.220.399,90 EUR. Dieser Betrag setzte sich aus der Barausschüttung und den gezahlten Kapital- und Quellensteuerbeträgen zusammen (10.094.524,73 EUR Barausschüttungsbetrag zuzüglich 125.874,17 EUR für Quellensteuerbeträge). Aus Sicht des Klägers handelte es sich bei der Differenz zwischen dem Ausschüttungsbetrag und den niedrigeren ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen um eine Substanzausschüttung, die bei der D nicht ertragswirksam zu erfassen, sondern durch die Bildung eines passiven Ausgleichspostens abzubilden sei.

Nach einer Außenprüfung stellte das FA mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der investmentsteuerlichen Besteuerungsgrundlagen die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a InvStG 2004 i.H.v. 10.266.668 EUR fest. Es berief sich insoweit auf Rz. 16 des BMF-Schreibens vom 18.8.2009 (BStBl I 2009, 931), wonach Substanzausschüttungen gegenüber der Verwendung ausschüttbarer investmentsteuerlicher Erträge nur nachrangig zulässig seien. Im Gewinnvortrag des Klägers seien auch thesaurierte Veräußerungsgewinne aus Wertpapierverkäufen enthalten. Diese Erträge seien für die Ausschüttung ebenfalls als verwendet anzusehen. Sie erhöhten die ausgeschütteten Erträge.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG entschied, die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 seien wie in der Feststellungserklärung i.H.v. 8.890.959,45 EUR gesondert und einheitlich festzustellen (Hessisches FG, Urteil vom 11.12.2018, 4 K 867/18, Haufe-Index 13053538, EFG 2019, 921).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Eine gesonderte und einheitliche Feststellung (nicht nur eine gesonderte Feststellung) der investmentsteuerlichen Besteuerungsgrundlagen gemäß § 5 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004 ist auch dann vorzunehmen, wenn ein Spezialinvestmentvermögen wie der Kläger nur einen Anleger (hier die D) hat. Die gesonderte Feststellung wirkt auch in diesem Fall wie eine einheitliche Feststellung gegenüber dem Anleger und dem Spezialinvestmentvermögen (vgl. dazu BFH, Urteil vom 30.1.2018, VIII R 20/14, BFH/NV 2018, 796, BStBl II 2018, 487).

2. Streitgegenstand war vorliegend allein die Feststellung zur Höhe der ausgeschütteten Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004, da der geänderte Feststellungsbescheid nur insoweit angegriffen wurde, sodass die weiteren Feststellungen bereits bestandskräftig waren.

3. Die D als einzige Anlegerin war nicht gemäß § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGOnotwendig beizuladen. Hierfür wäre erforderlich gewesen, dass die streitige Feststellung der eigenen Sphäre des Feststellungs...

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