Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Lohnsteuer 1993 bis 1996. Solidaritätszuschlag 1993 bis 1996

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Im Anschluß an eine Lohnsteueraußenprüfung (vgl. Bericht vom 24. Februar 1997, Bl. 167 LSt-Akte) erließ das beklagte Finanzamt am 7. Mai 1997 für die Jahre 1993 bis 1996 wegen nicht versteuerter „Zuschläge” für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit einen Haftungsbescheid über Lohnsteuer im Gesamtumfang von 17.087,98 DM, Solidaritätszuschlag von 967,93 DM und Lohnkirchensteuer von insgesamt 1.196,16 DM (Bl. 174 LSt-Akte) sowie für das Jahr 1995 wegen einer „Differenz beim Lohnkontenabgleich” einen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Lohnkirchensteuer in einem Gesamtbetrag von 99,63 DM (Bl. 175 LSt-Akte). Die Bescheide wurden mit Einspruchsentscheidung vom 29. August 1997 (Bl. 218 LSt-Akte) bestätigt. Im Rahmen der vorliegenden Klage ist allein streitig, ob die ausschließlich im Haftungsbescheid erfaßten „Zuschläge” die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 b EStG erfüllen.

Der als Arbeitgeber in Haftung genommene Kläger betreibt im Einzelunternehmen eine Speisegaststätte und ein Hotel (…) in Kandel. Im Prüfungszeitraum (1. Mai 1993 bis 31. August 1996) beschäftigte er im Jahresdurchschnitt ca. 32 Arbeitnehmer, davon zehn als Aushilfskräfte. Schriftliche Arbeitsverträge existieren nicht. Die Arbeitsbedingungen wurden mündlich vereinbart, und zwar auf der Basis von – im Regelfall – 40 Wochenarbeitsstunden. Die Arbeitszeit soll – so der Kläger (vgl. Bl. 186 LSt-Akte) – nach wöchentlich zu erstellenden Einteilungsplänen für die einzelnen Mitarbeiter auf Tages- und Abendstunden sowie auf Sonn- und Feiertage entfallen. Im Küchenbereich werde von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 17.30 Uhr bis 22.30 Uhr, im Servicebereich von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 18.00 Uhr bis 24.00 Uhr (jeweils inklusive einer halbstündigen Pause pro Schicht) und im Hotelbetrieb von 5.30 Uhr bis 14.30 Uhr sowie von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr (unterbrochen von jeweils einer Pause von einer Stunde) gearbeitet (im einzelnen: Schreiben des Steuerberaters … vom 15. Juli 1997, Bl. 184 LSt-Akte). Zur Kontrolle der zur erbringenden wöchentlichen Arbeitszeit werde die tatsächliche Anwesenheit der Mitarbeiter in Anwesenheitslisten festgehalten. Mit den einzelnen Mitarbeitern wurde eine monatliche Bruttovergütung sowie – unter Zugrundelegung der Steuerfreiheit nach § 3 b EStG – ein monatlicher Nettolohn vereinbart. Zur Ermittlung des vereinbarten Monatnettolohns wandte der Kläger folgendes Verfahren an:

Zunächst ging er von monatlich insgesamt 173 zu leistenden Arbeitsstunden aus. Die 173 Stunden teilte er auf in Arbeitszeiten am Tag mit 103 Stunden, zur Nachtzeit mit 50 Stunden und an Sonntagen mit 20 Stunden. Ausgehend von dem (individuell) vereinbarten Monatsbruttoarbeitslohn (z. B. 2.800,– DM; vgl. Berechnungsbeispiel, Bl. 126 LSt-Akte) errechnete er sodann – auf Grundlage von 173 Monatsarbeitsstunden – einen Bruttostundenlohn (z. B. 16,18 DM). Das Arbeitsentgelt für Arbeitsstunden, die nach seiner Berechnung auf Nachtarbeit (50 Stunden) bzw. auf Sonntagsarbeit (20 Stunden) entfielen, setzte er – ausgehend von dem ermittelten Stundenbruttolohn (z. B. 16,18 DM) mit 125 v.H. bzw. 150 v.H. an (z. B. 809,– DM bzw. 323,60 DM). Die über 25 v.H. bzw. 50 v.H. hinausgehenden Monatsbeträge (z. B. 161,80 DM bzw. 107,87 DM) betrachtete er als „Zuschläge” im Sinne des § 3 b EStG und beließ diese steuerfrei.

Die Lohnsteueraußenprüfung stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, daß es sich vorliegend nicht um „Zuschläge” im Sinne des § 3 b EStG handele, da neben dem Grundlohn keine gesonderte Zahlung erfolgt sei. Da eine Nettolohnabrede getroffen worden sei, ein Teil der betroffenen Arbeitnehmer zwischenzeitlich ausgeschieden sei und die Arbeitnehmer nicht mit Lohnsteuer belastet werden sollten, errechnete die Außenprüfung in Anlehnung an § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG für den nachzuversteuernden Arbeitslohn einen durchschnittlichen Pauschsteuersatz von 20,9 v.H., den das Finanzamt zur Ermittlung des Lohnsteuerhaftungsbetrags von insgesamt 17.087,98 DM zugrunde legte.

Der Kläger macht hiergegen geltend, er habe tatsächliche Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt. Da verschiedene Mitarbeiter zwischenzeitlich ausgeschieden seien, könne allerdings ein exakter Einzelnachweis nicht mehr geführt werden. Es müsse allerdings beachtet werden, daß die bereits während des Einspruchsverfahrens für zwei Mitarbeiter (… im Küchendienst und … im Servicebereich) für 1995 eingereichten – nachträglich erstellten – Anwesenheitslisten und Zuschlagsberechnungen (Bl. 184 ff LSt-Akte) exemplarisch für alle anderen Mitarbeiter zugrunde gelegt werden könnten. Für die Erleichterung des Nachweises sehen auch die Lohnsteuerrichtlinien 1993 Vereinfachungen vor. Gerade für einen Familienbetrieb wie den des Kläg...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge