Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Änderungsmöglichkeit des Finanzamtes bei nachträglich bekannt gewordenen Renteneinkünften

 

Leitsatz (amtlich)

Gibt der Steuerpflichtige in der Anlage N seiner Einkommensteuererklärung lediglich Versorgungsbezüge an und lässt er die in der mit eingereichten Anlage KSO hinsichtlich sonstiger Einkünfte ausdrücklich gestellte Frage nach evtl. Renten dort unbeantwortet, verletzt er in beachtlichem Maße seine Mitwirkungspflichten. In diesem Fall ist das Finanzamt trotz eigener Ermittlungspflichtverletzung zu einer Änderung des Einkommensteuerbescheides gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO befugt.

 

Normenkette

AO §§ 88, 90, 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.03.2004; Aktenzeichen X B 110/03)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für 1999 gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung -AO- zu ändern.

Die Klägerin wurde für das Kalenderjahr 1999 zusammen mit ihrem am 03. Januar 1999 verstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Steuererklärung für 1999 erklärte die Klägerin unter Beifügung der jeweiligen Anlagen N, KSO und V Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. In der Anlage N erklärte sie u.a. einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 78.354,-- DM und Versorgungsbezüge (lt. Kennziffer 32 der Anlage N) in Höhe von 30.283,-- DM (Bl. 33 des ESt-Ordners), wobei sie die Versorgungsbezüge wieder dem Bruttoarbeitslohn hinzurechnete. Ausdrückliche Angaben zu einer Rente fehlten.

Der Steuererklärung waren drei Lohnsteuerkarten (Bl. 28 ff. der ESt-Akte) beigefügt. Die für den verstorbenen Ehemann der Klägerin ausgestellte Lohnsteuerkarte (Bl. 30 des ESt-Ordners) enthielt keine Eintragungen. Auf der für die Klägerin mit der Steuerklasse drei ausgestellten Lohnsteuerkarte (Bl. 28 des ESt-Ordners) war ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 26.787,16 DM für den Zeitraum 01.Mai bis 31. Dezember von der OFD Koblenz bescheinigt. Weiterhin war an diese Steuerkarte eine Lohnsteuerbescheinigung der K GmbH, des ehemaligen Arbeitgebers des verstorbenen Ehemannes, geheftet. Darin wurden für den Zeitraum 04. Januar bis 30. April 1999 ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 38.633,17 DM und darin enthaltene Versorgungsbezüge in Höhe von 32.488,57 DM ausgewiesen. Auf der dritten, ebenfalls für die Klägerin ausgestellten Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse sechs (Bl. 29 des ESt-Ordners) wurden von der OFD Koblenz ein Bruttoarbeitslohn für den Zeitraum 01. Januar bis 30. April in Höhe von 11.707,87 DM sowie von der K für den Zeitraum 04. Januar bis 31. Dezember Versorgungsbezüge in Höhe von 39.860,17 DM bescheinigt.

Der Veranlagungssachbearbeiter setzte den Bruttoarbeitslohn in Höhe von 78.354,-- DM sowie darin enthaltene Versorgungsbezüge in Höhe von 39.860,-- DM an. Im Einkommensteuerbescheid 1999 vom 09. November 2000 wurde ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 78.351,-- DM sowie ein Versorgungsfreibetrag von 6.000,-- DM zugrundegelegt.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Kalenderjahr 2000 fragte der Beklagte erstmalig nach etwaigen Rentenzahlungen nach, nachdem die Klägerin für das Jahr 2000 lediglich Versorgungsbezüge in Höhe von 558,-- DM, jedoch keine Rentenzahlungen erklärt hatte. Daraufhin übersandte die Klägerin dem Beklagten mit Anschreiben vom 30. Oktober 2001 die Bescheide über die Neuberechung der Witwenrente vom 09. September 1999 und 25. Juni 2000 (Bl. 52 ff. des ESt-Ordners).

In dem geänderten Einkommensteuerbescheid 1999 vom 19. November 2001 setzte der Beklagte - ausgehend von Rentenzahlungen in Höhe von 18.644,-- DM und einem Ertragsanteil von 49 v.H. - die bislang noch nicht erfassten Renteneinkünfte mit 8.935,-- DM an. Als Rechtsgrundlage für eine Änderung führte der Beklagte § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO an.

Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, den sie damit begründete, dass sie die Rentenzahlungen in Höhe von 30.283,-- DM auf der Anlage N als Versorgungsbezüge eingetragen habe. Hierbei habe sie in Unkenntnis auch die Halbwaisenrente ihrer Kinder hinzugerechnet. Tatsächlich habe sie jedoch nur Witwenrente in Höhe von 21.212,21 DM bezogen. Weiterhin legte sie eine Verdienstbescheinigung des ehemaligen Arbeitgebers ihres Ehemannes vom 06. Dezember 2001 vor, wonach der Bruttoarbeitslohn 36.633,17 DM betrug und hierin steuerbegünstigte Versorgungsbezüge in Höhe von 32.488,57 DM enthalten waren. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass ihre fehlerhafte Angabe vom Beklagten hätte korrigiert werden müssen und insoweit ein Ermittlungsfehler seitens des Beklagten vorgelegen habe, der einer Änderungsbefugnis entgegen stehe. Darüber hinaus habe sie die fälschlicherweise als Versorgungsbezüge angegebenen Rentenzahlungen in Höhe von 30.283,-- DM ausdrücklich dem Bruttoarbeitslohn von 78.354,-- DM hinzugerechnet, so dass sich schon deshalb eine Nachfrage des Veranlagungssachbearbeite...

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