Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1990

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer geänderten Einkommensteuerfestsetzung, mit der der Beklagte einen zunächst nach § 10 e Abs. 6 EStG gewährten Vorkostenabzug rückgängig gemacht hat.

Für das Streitjahr 1990 wurde der 1951 geborene Kläger (…) mit seiner – von ihm ab 1. November 1991 dauernd getrennt lebenden – Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Kaufvertrag vom 7. November 1989 hatten die Eheleute von der Gemeinde … ein unbebautes Grundstück …, erworben, um darauf ein Eigenheim zu errichten (Vorgänge, Bl. 9–14 ESt-Akte II Teil 1989). Für die Jahre 1988 und 1989 machten sie dieserhalb den Vorkostenabzug nach § 10 e Abs. 6 EStG geltend, der ihnen vom Finanzamt gewährt wurde. Am 9. Juli 1990 (mit Nachtrag zum 29. August 1990) vergaben sie an die Firma … GmbH den Auftrag zur Errichtung eines Wohngebäudes zu einem Festpreis von 516.870,– D (zuzüglich 23.433,– DM). Zur Fertigstellung (und zur Eigennutzung) des Gebäudes kam es jedoch nicht. Mit Vertrag vom 8. August 1991 veräußerten der Kläger und seine Ehefrau das besagte Grundstuck; das projektierte Wohnhaus befand sich zu dieser Zeit im Rohbau. Rnr 23. September 1991 ging der Grunderwerbsteuerstelle des Finanzamts eine Abschrift des Kaufvertrages vom 8. August 1991 zu. Gleichzeitig erhielt die Vollstreckungsstelle des Beklagten hiervon Kenntnis (Bl. 11 ESt-Akte II, Teil 1991). Am 25. Oktober 1991 ging bei der Veranlagungsstelle des Finanzamts die gemeinsame Einkommensteuererklärung des Klägers und seiner Ehefrau für das Streitjahr 1990 ein. Bei Anfertigung der Erklärung hatte – wie in den Vorjahren – ein Steuerberater mitgewirkt. In der Anlage FW (Bl. 17 ESt-Akte II Teil 1990 betreffend das vorgenannte Grundstück) hatten der Kläger und seine Ehefrau in der Spalte 32 die Rubrik „In 1990 noch nicht fertiggestellt” angekreuzt. An Vorkosten (Finanzierungskosten und Finanzierungsnebenkosten) machten sie Aufwendungen von 26.038,– DM (Rufstellung, Bl. 18 ESt-Akte II Teil 1990) geltend, die das Finanzamt mit Einkommensteuerbescheid vom 17. Januar 1992 (Bl. 22 ESt-Akte II Teil 1990) einkommenmindernd anerkannte. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Am 22. Januar 1992 teilte die Grunderwerbsteuerstelle dem Veranlagungsbezirk des Beklagten die am 8. August 1991 erfolgte Grundstücksveräußerung durch den Kläger und dessen Ehefrau mit (Bl. 10 ESt-Akte II Teil 1991). Am 1. Juli 1992 ging beim Beklagten die gemeinsame Einkommensteuererklärung für 1991 des Klägers und seiner Ehefrau ein. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 1991 änderte der Beklagte unter Hinweis auf § 173 Abs. 1 Satz 1 AO u. a. mit Bescheid vom 8. Oktober 1992 (Bl. 28 ESt-Akte II Teil 1990) die Einkommensteuerveranlagung 1990 vom 17. Januar 1992 und versagte nunmehr den zuvor gewährten Vorkostenabzug mit der Begründung, daß der beabsichtigte Wohnhausbau nicht verwirklicht worden sei.

Mit seiner nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens (Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 1995, Bl. 61 ESt-Akte II Teil 1990) erhobenen Klage vertritt der Kläger die Auffassung, daß der Änderung der ursprünglichen Einkommensteuerveranlagung 1990 die Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids vom 17. Januar 1992 entgegensteht. Zum Zeitpunkt der früheren Veranlagung sei dem Finanzamt bekannt gewesen, daß der Kläger und seine Ehefrau das streitbefangene Grundstück veräußert hatten. Dies folge aus dem Umstand, daß dem Finanzamt bereits am 17. September 1991 eine Abschrift des Kaufvertrags vom 8. August 1991 zugeleitet worden sei. Der Kläger habe es nicht zu vertreten, daß der Vorgang infolge der behördlichen Organisation erst später dem zuständigen Veranlagungsbezirk zugeleitet worden sei. Obwohl Absatz 48 des BMF-Schreibens vom 25. Oktober 1990 (Anhang 26 des amtlichen Einkommensteuerhandbuches 1993) vorsehe, daß die Veranlagung bei Inanspruchnahme des Vorkostenabzugs vor Beginn der Selbstnutzung vorläufig (§ 165 Abs. 1 AO) durchzuführen sei, habe das Finanzamt – entgegen dieser Regelung – endgültig veranlagt. Es könne sich daher nicht etwa darauf berufen, daß der Kläger seiner Erklärungs- und Mitwirkungspflicht hinsichtlich des Verkaufsvorgangs nicht nachgekommen sei. Im übrigen sei der Verkauf wegen der erfolgten Trennung der Eheleute erfolgt; er sei nicht vorhersehbar gewesen.

Der Kläger beantragt,

den geänderten Einkommensteuerbescheid 1990 vom 8. Oktober 1992 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 1995 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Meinung ist der Änderungstatbestand des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfüllt. Denn die für die Bearbeitung des Steuerfalls zuständige Stelle habe erst durch Übersendung der Veräußerungsmitteilung durch die Grunderwerbsteuerstelle am 22. Januar 1992, also nach Erlaß des ursprünglichen Steuerbescheids vom 17. Januar 1992, von der Grundstücksveräußerung Ke...

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