Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnungsentscheidung durch zeitnahe Abgabe einer Umsatzsteuererklärung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Abgabe einer Umsatzsteuererklärung ist grundsätzlich dann nicht mehr als zeitnah anzusehen, wenn die Finanzverwaltung die Abgabe durch Zwangsmittel erzwingen, bzw. einen Verspätungszuschlag festsetzen könnte. Deshalb genügt eine 17 Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums eingereichte Umsatzsteuererklärung nicht den Anforderungen an eine zeitnahe Dokumentation der Entscheidung des Unternehmers, ein Gebäude, bzw. einen Teil desselben seinem Unternehmen zuzuordnen.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist der Vorsteuerabzug aus der Errichtung von unternehmerisch genutzten Räumen.

Die Klägerin ist seit März 2006 als Gesundheits- und Ernährungsberaterin tätig und führt ausschließlich Umsätze aus, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Im Streitjahr 2005 errichtete sie zusammen mit ihrem Ehemann ein Wohnhaus mit einer Gesamtwohnfläche von 155,01 m. Das der Klägerin zur Hälfte gehörende Haus wurde im April 2006 fertig gestellt.

Im Keller des Gebäudes befindet sich die Praxis der Klägerin mit einer Fläche von 17,28 m (11,2 % der Gesamtfläche, bzw. 22,4 % des Miteigentumsanteils).

Im Jahr 2006 gab die Klägerin Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab, mit denen sie ihre Umsätze sowie Vorsteuern erklärte. Vorsteuern aus dem Hausbau waren darin nicht enthalten.

Am 04.06.2007 reichte die Klägerin eine Umsatzsteuererklärung für 2005 ein, mit der sie die auf die Praxis entfallenden Vorsteuern in Höhe von 4.411,56 € geltend machte.

Der Beklagte berücksichtigte die Vorsteuern nicht und erließ am 07.03.2008 einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für 2005. Den dagegen gerichteten Einspruch, mit dem die Klägerin nur noch Vorsteuern in Höhe von 3.814,62 € geltend machte, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 04.12.2008 zurück.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, sie habe aufgrund ihres Ausscheidens als Arbeitnehmerin bei der Firma X zum 31.12.2005 bereits im Jahr 2005 die Absicht gehabt, sich als Ernährungsberaterin selbstständig zu machen. Hierzu habe sie eine Praxis benötigt. Deshalb habe sie bereits bei der Errichtung des Neubaus die Praxis eingeplant.

Aufgrund ihres Umzugs von B nach L habe eine umsatzsteuerliche Registrierung in B nicht erfolgen können. Anfang März 2006 habe sie beim Beklagten den Fragebogen zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit eingereicht; sodann sei ihr eine Steuernummer zugeteilt worden. Mangels Registrierung für 2005 hätten aber für diese Zeiträume keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen eingereicht werden können. Die Klägerin habe den Prozessbevollmächtigten mit der Erstellung der Umsatzsteuererklärung für 2005 beauftragt, mit der Maßgabe, dass die auf die Praxis entfallenden Vorsteuern geltend zu machen seien. Der Prozessbevollmächtigte habe die Steuererklärung innerhalb des regulären Verfahrensganges erstellt und eingereicht.

Die Umsatzsteuer-Voranmeldung sei zwar ein gewichtiges Indiz für eine Zuordnungsentscheidung, diese könne jedoch auch auf andere Weise dokumentiert werden. Die Klägerin könne die Zuordnungsentscheidung durch die Baupläne dokumentieren, aus denen sich die Verwendungsabsicht ergebe.

Die Vorschriften über den Vorsteuerabzug müssten gemeinschaftsrechtskonform in einer Weise gehandhabt werden, dass die Ausübung des Rechts unter Beachtung des Neutralitätsgrundsatzes nicht übermäßig durch Förmelei erschwert werde.

Im Streitfall sei die Versagung des Vorsteuerabzugs mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar, da der Klägerin als Gründungsunternehmerin keine Versäumnisse vorzuwerfen seien.

Nach dem Stand der damaligen Verwaltungsauffassung und Rechtsprechung habe der Unternehmer mit der Dokumentation der Zuordnungsentscheidung noch bis zum letzten Leistungsbezug warten und diese mit der Jahreserklärung mitteilen können (Abschnitt 192 Abs. 18 UStR, BMF-Schreiben vom 30.03.2004 - BStBl I 2004, S. 451). Die Verwaltungsauffassung ergebe sich auch aus einer Verfügung der OFD Magdeburg vom 15.02.2005, wonach der Unternehmer die Zuordnungsentscheidung im Zeitpunkt des Leistungsbezuges treffe und durch die Geltendmachung oder Unterlassung des Vorsteuerabzugs in der Umsatzsteuer-Voranmeldung oder Jahreserklärung dokumentiere. Das BFH-Urteil V R 10/07, das erstmals das Erfordernis einer zeitnahen Abgabe der Umsatzsteuer aufgestellt habe, sei erst am 11.04.2008 ergangen.

Auch nach dem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 03.01.2008 - 16 K 558/04 habe die Mitteilung der Zuordnungsentscheidung spätestens mit der Jahreserklärung - mit endgültiger Wirkung - zu erfolgen.

Das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 05.08.2008 - 6 K 2333/06 sei nicht einschlägig, da die Klägerin noch keine Umsätze erzielt habe und deshalb nicht verpflichtet gewesen sei, Umsatzsteuer-Voranmeldungen einzureichen.

Soweit die Voranmeldungen für 2006 keine Vorsteuern aus Baukosten ausweisen, sei dies darauf zurückzuführen, dass die Klägerin die V...

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