Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbarkeit von Einzahlungen von Mitgliedern einer Genossenschaft in einen Sonder-Betriebsfonds

 

Leitsatz (amtlich)

Eine landwirtschaftliche Genossenschaft, die neben ihrem regulären Betriebsfonds einen sog. Sonder-Betriebsfonds einrichtet, in den bestimmte Mitglieder Beiträge einzahlen, die sich der Höhe nach der Hälfte der Anschaffungskosten einer Maschine bestimmen, die durch Einrichten eines Treuhandkontos dafür Sorge trägt, dass die eingezahlten Beträge auch tatsächlich für die Anschaffung dieser Maschine verwendet werden, die diese Maschine gemäß einer entsprechenden schriftlichen Vereinbarung mit dem Mitglied auf dessen Gelände aufstellt, die dieses Mitglied veranlasst, sich zu verpflichten, die Maschine anderen Mitgliedern gegen Erstattung der Betriebskosten zur Nutzung zur Verfügung zu stellen, erbringt mit dem Anschaffen und Aufstellen der Maschine gegen Einzahlung der Beiträge in den Sonder-Betriebsfonds eine steuerbare entgeltliche sonstige Leistung.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; Verordnung (EG) VO 2200/96 Art. 15; EGV VO 1433/03 Art. 6 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Einzahlungen von Mitgliedern einer Genossenschaft in einen wegen der Anschaffung von Maschinen gebildeten „Sonder-Betriebsfonds“ Entgelte für Leistungen der Genossenschaft - nämlich das Anschaffen und Aufstellen der Maschinen an einem vereinbarten Ort - oder nicht steuerbare Zuschüsse sind.

Die Klägerin ist eine landwirtschaftliche Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaft, die einen Großhandel mit Obst, Gemüse und Kartoffeln betreibt. Sie ist eine anerkannte Erzeugerorganisation im Sinne der Verordnung der Europäischen Union VO 2200/96 und kann also solche zur Finanzierung operationeller Programme so genannte Betriebsfonds einrichten. Diese Verordnung ermöglicht den Erzeugergenossenschaften auch, dort näher bezeichnete Maschinen mit finanzieller Unterstützung durch die EU zu erwerben.

Die Klägerin hat zur Finanzierung ihrer Investitionen einen Betriebsfonds eingerichtet, in den jedes Mitglied 4,1% des Warenwertes einzahlt. Diese Einzahlungen in den Betriebsfonds hat der Beklagte als nicht steuerbar angesehen.

Die Klägerin schaffte ab 1997 fortlaufend Gemüsewasch-, Aufbereitungs- und Verpackungsmaschinen an, die sie jeweils dezentral einem Mitglied (Betreiber) zur Nutzung überließ. Die Überlassung und Nutzung erfolgte über einen Nutzungs- und Duldungsvertrag (Muster Bl. 38 - 41 Prozessakte).

Die Anschaffungskosten wurden aktiviert und der Vorsteuerabzug in Anspruch genommen.

Die Maschinen wurden aus zusätzlich zu den allgemeinen Zahlungen von 4,1% des Warenwertes erbrachten Beiträgen in den Betriebsfonds - von der Klägerin als „Sonder-Betriebsfondsbeiträge“ bezeichnet - finanziert. Hierzu wurde mit dem Mitglied (Betreiber genannt) eine Duldungsvereinbarung (Muster Bl. 56 - 58 Rb-Akte) abgeschlossen. Dieser Vertrag enthält eine Vereinbarung, nach der das anzuschaffende Wirtschaftsgut auf einem bezeichneten Grundstück aufgestellt wird. Im Zusammenhang damit wurden mit den Betreibern Vereinbarungen über den zusätzlichen Finanzierungsbeitrag (bezeichnet als Sonderbeitrag in den Betriebsfonds) getroffen. Dieser orientierte sich an den Netto-Anschaffungskosten der jeweiligen Investition; 50% dieser Kosten zuzüglich eines Zinsbetrages wurden den Betreibern berechnet, zahlbar in fünf Jahresraten. Die Zahlungen der Mitglieder in den Sonder-Betriebsfonds wurden jeweils nur zur Finanzierung der in der Duldungsvereinbarung bezeichneten Maschine verwendet. Soweit Dritte die Maschine nutzten, hatten sie demjenigen, mit dem die Nutzungsvereinbarung getroffen war, die entstandenen Betriebskosten zu ersetzen.

Der Sonder-Betriebsfonds ist als Treuhandvermögen ausgestaltet; die Zahlungen werden ausschließlich für Zuführungen zum Betriebsfonds zum Zweck der Anschaffung der Maschinen verwendet.

In den Jahren 1999 bis 2003 wurden folgende „Sonderbeiträge“ zum Betriebsfonds geleistet:

1999

2000

2001

2002

2003

1.848.367,00 DM

1.581.314,00 DM

1.521.436,44 DM

945.055,04 €

808.513,01 €

777.898,10 €

884.263,39 €

681.433,73 €

Die Beträge für 1999 wurden erst mit Beschluss vom 25.02.2000 festgelegt.

Die Klägerin buchte diese Beträge jeweils als Ertrag. Eine Umbuchung auf das Betriebsfonds-Konto wurde nicht vorgenommen. Dieses wurde ausschließlich aus Abzügen von den Entgelten der Mitglieder für Warenlieferungen gespeist; somit hatten die Einzahlungen in den „Sonder-Betriebsfonds“ auch keinen Einfluss auf die Höhe der EU-Beihilfen.

Die Beiträge in den „Sonder-Betriebsfonds“ wurden von der Klägerin als nicht umsatzsteuerbare Zuschüsse der Mitglieder behandelt.

Die Umsatzsteuererklärungen der Klägerin für die Streitjahre galten als Festsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In den Jahren 2005 bis 2007 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2003 statt; die Prüfungsfeststellungen sind im Prüfungsbericht vom 24.04.2007 dargestellt.

Der Prüfer sah in den Beiträgen in den „Sonder-Betriebsfonds“ steuerpflichti...

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