Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Schätzung von Einkünften aus Kapitalvermögen

 

Leitsatz (redaktionell)

Als Tatbestandsmerkmal des Steuertatbestandes „Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG“ ist das Vorhandensein von Kapitalvermögen bei einem bestimmten Steuerpflichtigen keine Besteuerungsgrundlage im Sinne des § 162 AO. Vielmehr muss mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können oder auf Grund einer Mitwirkungspflichtverletzung des Steuerpflichtigen nicht festgestellt werden können, dass der Steuerpflichtige Kapitalvermögen besitzt, um überhaupt eine Schätzung vornehmen zu können.

 

Normenkette

AO §§ 162, 159 Abs. 1, §§ 39, 90 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Hinzuschätzung von Einkünften aus Kapitalvermögen.

Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger ist Diplomkaufmann und erzielt als Managementberater Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie als Professor für Management der Wirtschaftshochschule ... Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin, eine gelernte Bankkauffrau, ist als Geschäftsführerin einer GmbH nichtselbständig tätig. Darüber hinaus erzielten die Eheleute in den bzw. einzelnen Streitjahren weitere Einkünfte, u. a. aus Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen.

Der Kläger war außerdem seit 1993 bis etwa1996/1997 neben dem in ... wohnenden Herrn ... Gesellschafter der ... S. A. mit Sitz in ... Die Gesellschaft betrieb „die Durchführung sämtlicher Geschäfte, welche direkt oder indirekt mit der Beratung von Unternehmen sowie der Umsetzung von Strategien und Maßnahmen, insbesondere in Bezug auf Markterschließung, Internationalisierung und Investitionen zu tun haben“. (Vgl. I Art. 3 des Geschäftsführervertrages vom 28. Oktober 1993, Bl. 10/93 ESt-Akten Bd. II).

Am 19. Februar 1991 wurden bei einer Grenzkontrolle bei Einreise des Klägers von Luxemburg nach Deutschland ein Depotauszug per 18.2.91 über festverzinsliche Wertpapiere, Aktien und Fondsanteile mit einem Tageswert von über 1.800.000,-- DM, der keinen Namen, sondern lediglich die Bezeichnung 746/1134/003 Lux 1134 trägt, sowie eine weitere Unterlage mit der Bezeichnung „Lux 1134“ aufgefunden (Bl. 4 bis 6 Steufa-Berichtsakten). Außerdem führte der Kläger Bargeld i. H. v. 60.000,-- DM mit sich.

Nachdem er den Zollbeamten gegenüber weder Angaben zu der den Auszug ausstellenden Bank noch zur Herkunft der Gelder gemacht hatte, erging eine entsprechende Kontrollmitteilung an die Steuerfahndungsstelle des Beklagten. Nach Feststellungen der Steuerfahndung (vgl. Bl. 14 Steufa-Berichtsakten) wurde der Depotauszug von dem Bankhaus ... und ... erstellt, bei dessen Frankfurter Filiale der Vater/Schwiegervater der Kläger, Herr ..., ein Depot mit einem Wert von mehreren Millionen DM unterhielt. Der Kläger hatte seinen Schwiegervater bzw. seine Schwiegereltern betreffende Bankunterlagen in seinem Besitz. Ein Anlageberater des Bankhauses, Herr ..., ist mit dem Kläger seit Studienzeiten bekannt.

Weder die Sichtung des Tresors und des Schließfaches der Kläger bei der Kreissparkasse ... noch die Durchsuchung der Wohnräume der Kläger, der Geschäftsräume des Bankhauses ... und ... in ... und der Wohnräume des Herrn ... erbrachten jedoch weitere Erkenntnisse.

Bei einer Besprechung mit der Steuerfahndung am 19. April 1994 (Bl. 9 ff Steufa-Berichtsakten) erklärte der Kläger gemäß dem hierzu angefertigten Vermerk des Fahndungsbeamten, er habe keine Ahnung, wie die oben genannten Dokumente in das Auto, das im übrigen seinem Vater gehört habe, gekommen sei. Er jedenfalls besitze kein Vermögen dieser Größenordnung. Möglicherweise handele es sich um Schmierpapier. Er wisse auch nicht, wem der Kontoauszug zuzuordnen sein könnte.

Bei weiteren Besprechungen vom 6. Oktober 1994 und 23. November 1994 (Bl. 17 bis 19 Steufa-Berichtsakten) wurde - wiederum entsprechend den Vermerken des Fahndungsbeamten - vorgetragen, der Inhaber des streitbefangenen Vermögens sei ein von dem Kläger in Vermögensangelegenheiten beratener ausländischer Bekannter. Da der Kläger gesundheitlich angeschlagen sei und die Angelegenheit deshalb zum Ende kommen solle, sei er jedoch bereit, sich mit dem Finanzamt in folgender Weise zu verständigen: Es sollten 40.000,-- bis 60.000,-- DM für 4 - 5 Jahre als Einnahmen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit, eventuell als Beratungshonorare, eingeschätzt werden. Damit sollte alles abgegolten sein.

Nachdem sich der Beklagte hiermit nicht einverstanden zeigte, ließ der Kläger zunächst - so ein weiterer Vermerk der Steuerfahndung - weiter wissen, Inhaber des fraglichen Wertpapierdepots sei Herr L, der nicht der deutschen Besteuerung unterliege, da er in der ... 23 in L wohne und N sei (Bl. 21 Steufa-Berichtsakten).

Später teilte er jedoch mit, er sei von Herrn ... im Rahmen dessen Tätigkeit für die MC-... um einen Rat im Bereich des internationalen Portfolio-Managements ersucht worden. Dazu habe dieser ihm kurzfristig den umstrittenen Depotauszug überlassen. Ihm, dem Kläger, sei jedoch nach wie vor nicht bekan...

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