Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen der Entlastung von der Branntweinsteuer nach § 154 Abs. 1 BranntwMonG Zeitpunkt des Verjährungsbeginns des Entlastungsanspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH zur Entstehung des Entlastungsanspruch nach § 51 Abs. 1 EnergieStG bedarf es der Klärung, ob der Entlastungsanspruch nach § 154 Abs. 1 BranntwMonG bereits mit der Aufnahme des Branntweins in das Steuerlager des Entlastungsberechtigten entsteht oder § 154 BranntwMonG i.V.m. § 56 Abs. 2 und 3 BrStV erfordern, dass die Steuer entstanden und entrichtet ist und der Entlastungsberechtigte einen Versteuerungsnachweis des Steuerschuldners besitzt oder zumindest erlangen kann, um die Voraussetzung der "nachweislichen Versteuerung" der Erzeugnisse zu erfüllen.

 

Normenkette

BranntwMonG § 130 Abs. 1, §§ 143, 154 Abs. 1; BrStV § 56 Abs. 2-3; AlkStG § 29; AlkStV § 63 Abs. 2-3; AO § 155 Abs. 5, § 169 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 170 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.04.2022; Aktenzeichen VII R 52/20)

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer KG die Produktion und den Handel mit Alkohol und alkoholischen Produkten u.a. für den pharmazeutischen Bereich.

Streitig ist, ob das beklagte Hauptzollamt (HZA) den Antrag der Klägerin auf Entlastung von der Branntweinsteuer gemäß § 154 Abs. 1 Branntweinmonopolgesetz (BranntwMonG) für 5.668,229 Liter Alkohol (l A) in Höhe von 73.857,02 € zu Recht abgelehnt hat.

Am 29. April 2015 lieferte die B GmbH insgesamt 5.668,229 Liter vergälltes Ethanol 1 % MEK (Methylethylketon; Branntwein) im Steueraussetzungsverfahren an die Klägerin, die das Ethanol an diesem Tag in ihr Steuerlager aufnahm.

Im Rahmen einer Außenprüfung bei der B GmbH für das Kalenderjahr 2015 wurde festgestellt, dass diese Lieferung ohne validiertes elektronisches Verwaltungsdokument (eVD) erfolgt war. Die B GmbH meldete den Vorgang deshalb am 28. Dezember 2016 zur Versteuerung beim HZA an, da die Lieferung nicht unter Steueraussetzung erfolgt und die Branntweinsteuer mit der Entnahme des Branntweins aus dem Steuerlager der B GmbH entstanden war (VwA, Bl. 6).

Am 27. Dezember 2016 forderte die B GmbH im Nachgang zu der der Klägerin gestellten Rechnung vom 29. April 2015 die Branntweinsteuer in Höhe von 73.857,02 € netto von der Klägerin nach (VwA, Bl. 7).

Mit Antrag vom 28. Dezember 2016, der am 4. Januar 2017 beim HZA einging, beantragte die Klägerin die Entlastung von der Branntweinsteuer für 5.668,229 l A nach § 154 BranntwMonG (VwA, Bl. 1).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25. Januar 2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da die Festsetzungsfrist gemäߧ 169 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zum 31. Dezember 2016 abgelaufen sei. Der Entlastungsanspruch sei mit der Aufnahme des Branntweins in das Steuerlager der Klägerin 29. April 2015 entstanden. Die Festsetzungsfrist habe somit mit Ablauf des 31. Dezember 2015 begonnen und mit Ablauf des 31. Dezember 2016 geendet (VwA, Bl. 10, 13 ff).

Mit dem hiergegen mit Schreiben vom 27. Februar 2017 erhobenen Einspruch (VwA, Bl. 12, 20, 27 ff) wandte die Klägerin ein, der Entlastungsanspruch nach § 154 Abs. 1 BranntwMonG setze neben der Aufnahme des Branntweins in das Steuerlager des Entlastungsberechtigen eine nachweisliche Versteuerung auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck voraus. Die nachweisliche Versteuerung sei jedoch erst am 28. Dezember 2016 mit der Einreichung der Steueranmeldung durch die B GmbH erfolgt. Die Antragsfrist für den Vergütungsanspruch könne nicht vor der nachweislichen Versteuerung der Erzeugnisse mit Einreichung der Steueranmeldung am 28. Dezember 2016 begonnen haben. Aus den Urteilen des Finanzgerichts Hamburg vom 2. März 2011, Az. 4 K 181/10, und des Finanzgerichts München vom 1. Juni 2017, Az. 14 K 2093/14, ergebe sich, dass der Entlastungstatbestand erst mit der Anmeldung oder Festsetzung der Steuer bzw. der Zahlung der Steuer entstehe.

Mit Entscheidung vom 18. Juli 2017 (VwA, Bl. 56 ff) wies der Beklagte den Einspruch zurück.

Zur Begründung führt das HZA aus, der Entlastungsantrag sei zu Recht abgelehnt worden, da im Zeitpunkt der Antragstellung bereits Verjährung eingetreten gewesen sei. Die Branntweinsteuer sei mit der Entnahme des Branntweins aus dem Steuerlager der B GmbH entstanden, da sich kein weiteres Steueraussetzungsverfahren angeschlossen habe. Denn die B GmbH habe den Branntwein an die Klägerin ohne validiertes e-VD geliefert. Gemäß § 139 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 Branntweinsteuer-Verordnung (BrStV) würden Beförderungen unter Steueraussetzung von einem Steuerlager zum anderen nur dann als unter Steueraussetzung durchgeführt gelten, wenn sie mit e-VD erfolgen würden.

Der Entlastungstatbestand sei mit der Aufnahme des Branntweins in das Steuerlager der Klägerin und damit am 29. April 2015 entstanden. Die Verjährungsfrist habe gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen begonnen, in dem der Vergütungsanspruch infolge der Verwirklichung des Entlastungstatbestandes entsta...

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