Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage der privaten Wohnungsverwendung in einem insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Gebäude

 

Leitsatz (amtlich)

Die Höhe der Bemessungsgrundlage bei der privaten Verwendung eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes bestimmt sich nach den Ausgaben, die als Betriebskosten bzw. Anschaffungs-/Herstellungskosten auf den Gegenstand entfallen sind und zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Die in die Bemessungsgrundlage eingehenden Anschaffungs-/Herstellungskosten sind planmäßig auf eine Nutzungsdauer von zehn Jahren zu verteilen (vgl. § 253 Abs. 2 Sätze 1 u. 2 HGB, Art. 35 Abs. 1 Buchst. b der 4. EG-RL-78/669/EWG). Sowohl § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG 1999 als auch Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL-77/388/EWG erlauben es, von einer zehnjährigen Nutzungsdauer für Gebäude im umsatzsteuerlichen Sinn auszugehen.

Dies folgt aus dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer und dem Zweck der Umsatzbesteuerung, den Privatverbrauch nicht von der Umsatzsteuer zu entlasten.

Zum Verständnis des Merkmals „Ausgaben“ in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL bzw. des Merkmals „Kosten“ in § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG 1999 ist nicht auf die ertragsteuerlichen Kriterien der §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 7 EStG abzustellen.

 

Normenkette

UStG 1999 § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2; 6. EG-RL Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.11.2007; Aktenzeichen V R 37/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung zum Vorsteuerabzug und um die Höhe der Bemessungsgrundlage bei der privaten Verwendung eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes.

Der Kläger war im Streitjahr als Braumeister nicht selbständig tätig. Er erwarb am 22.03.2000 ein Hausgrundstück, auf dem er nach teilweisem Abbruch des alten Hauses ein neues Gebäude errichtete. Das Erdgeschoss sollte ab Fertigstellung mit einem Anteil von 38,62 % an der gesamten Nutzungsfläche des Gebäudes als Laden unter Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung vermietet werden; die übrige Fläche war zu eigenen Wohnzwecken vorgesehen. Im Streitjahr erzielte der Kläger noch keine Umsätze. Ab 08.03.2003 wurde das Ladengeschäft als Cafe umsatzsteuerpflichtig verpachtet. Die als Wohnraum vorgesehenen Flächen wurden nach der Fertigstellung im Dezember 2000 vom Kläger selbst bezogen.

Die Herstellungskosten für das gesamte Gebäude betrugen brutto 294.020,74 DM. Davon entfielen auf das Ladengeschäft im Erdgeschoss ein Brutto-Betrag von 89.165,86 DM mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer in Höhe von 10.251,38 DM und auf die eigengenutzte Wohnung ein Bruttobetrag von 204.854,88 DM mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer von 24.978,26 DM. Auf vorweggenommene Werbungskosten für das Ladengeschäft entfielen im Streitjahr Vorsteuerbeträge von 34,60 DM.

Der Kläger reichte am 18.04.2001 bei dem Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr ein, in der er keine Umsätze, aber abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 10.285,98 DM angab. Das Finanzamt stimmte der Erklärung zu, so dass sie einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand (§§ 164 Abs. 1 Satz 1, 168 AO). Die Zustimmung teilte das Finanzamt dem Kläger mit Abrechnungsbescheid vom 17.07.2001 mit.

Am 21.07.2001 beantragte der Kläger in einem als Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 17.07.2001 bezeichneten Schreiben die Berücksichtigung der Vorsteuer aus der Herstellung der eigengenutzten Wohnung sowie die Besteuerung in Höhe der "Kostenmiete" als Verwendungseigenverbrauch. Zur Berechnung der von ihm so bezeichneten Kostenmiete ging er von Herstellungskosten für die eigengenutzte Wohnung nach Abzug der Vorsteuer von 179.876,62 DM und einer Nutzungsdauer von 50 Jahren (AfA 2 %) aus. So errechnete er bei einem Monat der Selbstnutzung im Dezember 2000 einen anzusetzenden Betrag von 300 DM und darauf 16 % Umsatzsteuer in Höhe von 48 DM. Als Vorsteuerbeträge erklärte er 24.978,26 DM und damit einen weiteren Erstattungsbetrag in Höhe von 24.930,30 DM. Auf den Ansatz weiterer vorsteuerbehafteter Kosten als Kostenmiete habe er verzichtet, da korrespondierend die darin enthaltene Vorsteuer ergebnisneutralisierend angesetzt werden könnte. Zur Begründung berief er sich auf die Entscheidung des EuGH in Sachen "Seeling" und auf das ihr folgende Urteil des BFH vom 24.07.2003 (V R 39/99, BStBl. II 2004, 371).

Mit Entscheidung vom 19.01.2004 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Es führte im Wesentlichen aus, auch wenn die Vorsteuer aus den auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden Baukosten abzugsfähig sein sollte, mache die Entstehung einer Umsatzsteuerschuld in gleicher Höhe wegen der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe aus der Eigennutzung dieser Wohnung in Höhe der Baukosten eine Änderung der bestehenden Umsatzsteuerfestsetzung entbehrlich. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt sinngemäß, die Festsetzung der Umsatzsteuer fü...

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