Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an einen Antrag i.S. des § 171 Abs. 3 AO bei Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung

 

Leitsatz (redaktionell)

Stellt ein Steuerpflichtiger, der zur Einreichung einer Steuererklärung gesetzlich verpflichtet ist, vor Ablauf der Festsetzungsfrist bei dem für ihn zuständigen FA einen Antrag, kommt diesem die Rechtswirkung des § 171 Abs. 3 AO nur dann zu, wenn er Angaben macht, deren Erklärungswert über die Ankündigung einer Steuererklärung mit einem bestimmten Gesamtbetrag der Einkünfte hinausgeht.

 

Normenkette

AO § 171 Abs. 3; EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8, § 36 Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, (1) ob eine Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer 2010 zu erfolgen hat, (2) ob Festsetzungsverjährung eingetreten ist sowie ggf. (3) die Höhe der Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit.

Der Kläger erzielte im streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum 2010 aus einer Tätigkeit bei B in C einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 45.466 €. Hiervon wurde vom Arbeitgeber Lohnsteuer in Höhe von 8.807 €, Solidaritätszuschlag in Höhe von 484 € und Kirchensteuer in Höhe von 704 € einbehalten. Daneben erklärte der Kläger sonstige Einkünfte aus der Vermietung eines Wohnmobils an D in Höhe von 600 €. Auf die Barzahlungsquittung wird verwiesen.

Außerdem wurden vom Kläger im VZ 2015 Einnahmen aus der Lehrtätigkeit an der Hochschule E erzielt, welche einen Zeitraum vom 5 Jahren umfassen sollen.

Der Kläger war (einkommen)steuerrechtlich für den VZ 2010 nicht beim beklagten Finanzamt erfasst und war für den VZ 2010 zu keinem Zeitpunkt zur Erklärungsabgabe aufgefordert worden.

Per email vom 28.12.2017 (8:34 Uhr, Donnerstag) stellte der Kläger

"ausdrücklich Antrag auf Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2010 i.S.d.§ 171 Abs. 3 AO sowie ausdrücklich Antrag auf Vornahme der Steuerfestsetzung 2010 i.S.d. § 171 Abs. 3 AO, beides insbesondere zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer".

Der Antrag sollte ausdrücklich auch den email-Anhang - "Steuererklärung 2010.pdf" - beinhalten. Aus dem Anhang ging hervor, dass der Kläger aus der einmaligen Vermietung eines Wohnmobils Einnahmen und Sonstige Einkünfte in Höhe von 600 € erzielt habe. Daneben erklärte der Kläger dort Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in erheblicher Höhe. Weiter enthielt der Anhang folgendes Schreiben vom 27.12.2017:

"Antrag auf Steuerfestsetzung sowie Veranlagung für VZ 2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit stelle ich ausdrücklich Antrag auf Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2010 gemäß BFH-Urteil vom 22.01.2013, IX R 1/12, BStBl II 2013, S. 663, Rz. 19 sowie ausdrücklich Veranlagungsantrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG.

In Verbindung mit dem Antrag auf Steuerfestsetzung für den VZ 2010 sowie dem Veranlagungsantrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG für den VZ 2010 reiche ich die ESt-Erklärung 2010 ein und stelle den Antrag auf Steuerfestsetzung.

Ich stelle ausdrücklich Antrag auf Steuerfestsetzung sowie auf Vornahme der Steuerfestsetzung jeweils für den Veranlagungszeitraum 2010, insbesondere zur Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung bzw. zur Berücksichtigung von Werbungskosten sowie zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer 2010.

Ich beantrage zudem den Erlass eines Steuerbescheids für den Veranlagungszeitraum 2010 sowie die Veranlagung 2010.

Hilfsweise stelle ich einen Antrag auf Erlass eines Steuerbescheides 2010 bzw. die Vornahme einer Steuerfestsetzung/Veranlagung 2010 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.

Ich weise auf die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO hin. Zudem weise ich auf die Festsetzungsfrist von sieben Jahren nach§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG hin (Einkünfte, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen von mehr als 410 Euro)."

Mit Schreiben vom 27.12.2017 (Eingang per Einschreiben am 29.12.2017, Freitag) gingen das Schreiben des Klägers vom 27.12.2017 und die vom Kläger mit Datum 27.12.2017 unterzeichnete Einkommensteuererklärung 2010 im Original nebst verschiedenen Belegen in Kopie beim Finanzamt ein.

Mit weiteren zwei email vom 30.12.2017 (19:02 und 19:04 Uhr, Samstag) sowie Telefax vom 30.12.2017 (00:14) von Tel. XXXX stellte der Kläger folgende "Anträge für den VZ 2010 innerhalb der Festsetzungsfrist":

(1) Antrag auf Steuerfestsetzung nach § 171 Abs. 3 AO

Er stelle ausdrücklich "Antrag auf Steuerfestsetzung nach§ 171 Abs. 3 AO für den Veranlagungszeitraum 2010 bezüglich der Feststellung und Berücksichtigung bislang nicht berücksichtigter Werbungskosten, insbesondere einer doppelten Haushaltsführung sowie Fahrtkostenpauschale, der diesbezüglichen Feststellung/Festsetzung von Besteuerungsgrundlagen, der diesbezüglichen Festsetzung der materiell zutreffenden Steuer 2010, der Festsetzung eines Steuererstattungsanspruches 2010, der Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer sowie der Anrechnung und Erstattung überzahlter Lohnsteuer mit Änderung/Anpassung an die gesetzlich entstandene, tatsächliche Jahreseinkommensteuer, u....

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