Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Grundbesitzwertes ohne Zuschlag für Erschließungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein vom Finanzamt vorgenommener Zuschlag für Erschließungskosten zur Ermittlung des Grundbesitzwertes für Zwecke der Erbschaftsteuer ist nicht rechtmäßig, wenn das zu bewertende Grundstück erschließungsbeitragsfrei war und der Gutachterausschuss nur Bodenrichtwerte für erschließungsbeitragspflichtige Grundstücke festgesetzt hatte.

 

Normenkette

BewG § 145 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2009; Aktenzeichen II R 15/09)

BFH (Urteil vom 16.12.2009; Aktenzeichen II R 15/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Erschließungskosten in die Berechnung des Grundbesitzwertes einzubeziehen sind.

Mit Schreiben vom 13.11.2006 forderte das für die Erbschaftsbesteuerung zuständige FA 1 das beklagte Finanzamt auf, für Zwecke der Erbschaftsteuer den Grundbesitzwert für das Grundstück in 2, Str. 1, auf den 15.04.2005 festzustellen, und legte dem Schreiben die eingereichte Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwerts bei. In der Erklärung war die Fläche des Grundstücks mit 544 qm und der Bodenrichtwert auf den 01.01.1996 mit 350 DM/qm angegeben sowie der Zustand des Grundstücks als „voll erschlossen“ angekreuzt.

Das Finanzamt nahm einen Zuschlag in Höhe von 25,56 € (= 50 DM) je qm wegen abweichender Erschließung zum (erschließungsbeitragspflichtigen) Bodenrichtwertgrundstück vor und ermittelte so einen Mindestwert des Grundstücks in Höhe von 88.998 €. Mit Bescheid vom 08.06.2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 15.02.2005 für Zwecke der Erbschaftsteuer setzte es den Grundbesitzwert auf 88.500 € fest und rechnete diesen der Klägerin sowie der Beigeladenen entsprechend der Anforderung des FA 1 jeweils zur Hälfte zu.

Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, die Einspruchsentscheidung vom 12.10.2007 aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundstückswerts vom 08.06.2007 dahin zu ändern, dass der Mindestwert aus dem festgestellten Richtwert von 350 DM/qm ohne Zuschlag für Erschließungskosten festgestellt wird. Sie begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Der Grundstückswert werde allein durch die Fläche und den um 20 v.H. ermäßigten Bodenrichtwert festgelegt. Die Bodenrichtwerte seien für die am Steuerrechtsverhältnis Beteiligten verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich. Sie seien deswegen von den Finanzbehörden und den Finanzgerichten ungeprüft und ohne eigenen Bewertungsspielraum der Ermittlung des Bedarfswerts zugrunde zu legen. Der Steuerpflichtige habe Anspruch auf eine Wertermittlung, welche diesem typisierenden Verfahren entspreche. Werde der Bodenrichtwert wegen abweichender Erschließung von der Finanzbehörde abgeändert, weiche diese von den Wertermittlungsgrundsätzen in unzulässiger Weise ab. Es werde faktisch ein tatsächlicher Erschließungszustand in die Bewertung einbezogen. Werde für die Bedarfsbewertung ein Zuschlag für Erschließungskosten angesetzt, so wäre das ein unzulässiger eigener Bodenrichtwert der Finanzverwaltung und nicht der vom Gutachterausschuss nach dem BauGB ermittelte Bodenrichtwert auf den 01 .01.1996.

Das Schreiben des Landratsamts 3 vom 14.01 .2008, dass Erschließungskosten bei den entsprechenden Gemeinden nachzufragen seien, sowie die Bestätigung des Marktes 2, dass die Erschließungskosten 65 DM je qm betragen würden, bestätige, dass nicht der Gutachterausschuss, sondern das Bauamt zu den Erschließungskosten Stellung genommen habe. Der Gutachterausschluss habe diesbezüglich keine Aussage über die Höhe der Bodenrichtwerte getroffen.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen und für den Fall des Unterliegens die Zulassung der Revision. Es begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Der Gutachterausschuss beim Landratsamt 3 habe den Bodenrichtwert für die Gemarkung 2 zum 01.01.1996 erschließungsbeitragspflichtig auf 350 DM festgestellt. Für erschließungsbeitragsfreies Bauland habe der Gutachterausschuss für den gesamten Landkreis 3 einen Pauschalbetrag von 50 DM als Zuschlag für Erschließungskosten vorgegeben. Schriftliche Unterlagen hierüber seien nicht vorhanden. Das Finanzamt habe den Zuschlag angesetzt, nachdem vom Bauamt des Marktes 2 mitgeteilt worden sei, dass für das streitbefangene Grundstück keine Beitragspflicht mehr bestehe.

Nach § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB seien Bodenrichtwerte für „erschließungsbeitragspflichtiges oder (in der Klagebegründung: und ) erschließungsbeitragsfreies Bauland“ zu ermitteln. Der Bundesfinanzhof habe in seinem Urteil vom 18.08.2005 II R 62/03 den „beitrags- und abgabenrechtlichen Zustand des Grundstücks“ als entscheidend bezeichnet.

Durch die Vorgabe des Zuschlags habe der Gutachterausschuss faktisch auch einen Bodenrichtwert für erschließungsbeitragsfreies Bauland ermittelt.

Für den Fall des Unterliegens sei die Revision zuzulassen im Hinblick auf R 161 Abs. 6 Satz 6 Erbschaftsteuerricht...

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