Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Behindertenpauschbetrag neben Berücksichtigung der nachgewiesenen Pflegekosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist unzulässig für einen Teil der mit der Körperbehinderung zusammenhängenden Aufwendungen den Einzelnachweis zu führen, im Übrigen aber den Pauschbetrag zu beantragen, weil dies zu einer mehrfachen Berücksichtigung derselben Aufwendungen führen könnte.

 

Normenkette

EStG §§ 33b Abs. 3, 33 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.07.2011; Aktenzeichen VI B 20/11)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger neben der Berücksichtigung seiner nachgewiesenen Pflegekosten der Behindertenpauschbetrag gem. § 33b Abs. 3 Satz 2 EStG zusteht.

Der Kläger war freiberuflich als Kiefer- und Gesichtschirurg tätig. Er ist seit einem Unfall querschnittsgelähmt und veräußerte seinen Anteil an der chirurgischen Gemeinschaftspraxis zum 31.12.1998. Er erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte aus Renten.

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2005 – 2007 machte er den Behindertenpauschbetrag gem. § 33b Abs. 3 EStG i. H. v. 3.700 € sowie den Pauschbetrag für eine Haushaltshilfe gem. § 33a Abs. 3 Nr. 2 EStG i. H. v. 924 € geltend. Außerdem erklärte er Pflegeaufwand, Versicherungsleistungen, Fahrtkosten und Reisekosten für eine Begleitperson in erheblicher Höhe.

Das Finanzamt veranlagte den Kläger mit Einkommensteuerbescheid vom 23.02.2007 für das Jahr 2005 und erkannte außergewöhnliche Belastungen i. H. v. 41.202 € an, von denen nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung (21.564 €) 19.638 € gem. § 33 Abs. 1 EStG zum Abzug kamen. Daneben gewährte das Finanzamt den Behindertenpauschbetrag i. H. v. 3.700 € und den Pauschbetrag für eine Hausgehilfin gem. § 33a Abs. 3 Nr. 2 EStG i. H. v. 924 €.

Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch den Klägervertreter, am 21.03.2007 Einspruch und begehrte neben der Berücksichtigung der Pflegeaufwendungen gem. § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung die Gewährung des Behindertenpauschbetrages gem. § 33b Abs. 3 Satz 2 EStG i. H. v. 1.420 €.

Für das Jahr 2006 veranlagte das Finanzamt den Kläger mit Einkommensteuerbescheid vom 18.04.2008 und erkannte außergewöhnliche Belastungen i. H. v. 35.088 € an, von denen nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung (18.484 €) 16.604 € gem. § 33 Abs. 1 EStG zum Abzug kamen. Daneben gewährte das Finanzamt den Behindertenpauschbetrag i. H. v. 3.700 € und den Pauschbetrag für eine Hausgehilfin gem. § 33a Abs. 3 Nr. 2 EStG i. H. v. 924 €.

Der Kläger legte am 23.04.2008 Einspruch ein und begehrte – neben weiteren Änderungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – zusätzlich zur Berücksichtigung der Pflegeaufwendungen gem. § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung ebenfalls die Gewährung des Behindertenpauschbetrages gem. § 33b Abs. 3 Satz 2 EStG i. H. v. 1.420 €.

Für das Jahr 2007 veranlagte das Finanzamt den Kläger mit Einkommensteuerbescheid vom 27.03.2009 und erkannte außergewöhnliche Belastungen i. H. v. 36.355 € an, von denen nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung (19.565 €) 16.790 € gem. § 33 Abs. 1 EStG zum Abzug kamen. Daneben gewährte das Finanzamt den Behindertenpauschbetrag i. H. v. 3.700 € und den Pauschbetrag für eine Hausgehilfin gem. § 33a Abs. 3 Nr. 2 EStG i. H. v. 924 €.

Der Kläger legte am 08.04.2009 Einspruch ein und begehrte die Berücksichtigung von behinderungsbedingten Kfz-Kosten sowie neben der Berücksichtigung der Pflegeaufwendungen gem. § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung ebenfalls die Gewährung des Behindertenpauschbetrages gem. § 33b Abs. 3 Satz 2 EStG i. H. v. 1.420 €.

Am 17.08.2009 erließ das Finanzamt Änderungsbescheide gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO für die Streitjahre 2005 – 2007 und setzte die Einkommensteuer jeweils herab. Für das Jahr 2005 blieben die Ansätze für außergewöhnliche Belastungen unverändert. Für das Jahr 2006 ergab sich lediglich eine mittelbare Änderung aufgrund der geminderten zumutbaren Belastung (18.432 €), so dass nunmehr eine außergewöhnliche Belastungen i. H. v. 16.656 € zum Ansatz kam. Für das Jahr 2007 erhöhte sich die außergewöhnliche Belastung aufgrund der berücksichtigten Fahrtkosten auf 45.479 €, von denen nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung i. H. v. 19.565 € ein Betrag von 25.914 € zum Abzug kam. Die Pauschbeträge gem. § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG und gem. § 33a Abs. 3 Nr. 2 EStG wurden weiterhin angesetzt. Die Vorläufigkeit hinsichtlich der Höhe des Behindertenpauschbetrages gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 AO entfiel in den Änderungsbescheiden.

Gegen die Änderungsbescheide vom 17.08.2009 legte der Kläger, vertreten durch den Klägervertreter, mit Schreiben vom 27.08.2009 erneut Einspruch ein und wandte sich gegen die Kürzung der außergewöhnlichen Belastung um den vollen Pauschbetrag gem. § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG i. H. v. 3.700 €, da nach seiner Auffassung lediglich die Differenz zum Pauschbetrag gem. § 33b Abs. 3 Satz 2 EStG (3.700 € - 1.420 € = 2.280 €) abgezogen werden dürfe.

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