Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Zinsen aus einem in der Türkei vorhandenen Guthaben

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zinsen aus einem Guthaben bei einer in der Türkei ansässigen Bank, das zum späteren Kauf eines in der Türkei belegenen Grundstücks bestimmt ist, sind nach Art. 11 DBA-Türkei im Inland steuerpflichtig.

 

Normenkette

DBA-Türkei Art. 6-7, 11

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht für Zinsen aus einer Geldanlage bei der türkischen Nationalbank zusteht, wenn der Anlagebetrag in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem späteren Erwerb eines Grundstücks steht.

Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 1997 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. In der ESt-Erklärung kreuzten sie an, dass die Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht mehr 12.200 DM betragen haben. Der Beklagte (Bekl.) folgte dieser Angabe und berücksichtigte bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 1997 keine Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Im Jahr 2001 ging bei dem Bekl. eine Kontrollmitteilung ein, wonach der Kl. am 07.12.1994 80.000 DM bei der türkischen Nationalbank (…, kurz: XXX) angelegt hat. Auf dem Überweisungsträger der E.-Bank ist als Laufzeit 3 Jahre genannt. Während des nachfolgenden Schriftwechsels mit den Kl. ermittelte der Bekl., dass der Kl. eine abgezinste Schuldverschreibung oder Staatsanleihe gekauft hatte, die ihm am 07.12.1997 i.H.v. 103.496 DM zurückgezahlt wurde. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Anlagebetrag von 80.000 DM zuzüglich 26.400 DM Zinsen abzüglich 2.640 DM türkischer Steuer sowie abzüglich 264 DM Kosten.

Mit Bescheid vom 06.08.2002 änderte der Bekl. den ESt-Bescheid 1997 gem. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und berücksichtigte bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen Einnahmen i.H.v. 26.400 DM sowie Werbungskosten i.H.v. 2.904 DM (2.640 + 264).

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kl. Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, dass die Zinseinnahmen gemäß Art. 6 des Abkommens zwischen der Republik Türkei und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA-Türkei) nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, sondern vielmehr nur nach § 32 b EStG im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen seien.

Nach Art. 6 DBA-Türkei seien Erträge aus unbeweglichem Vermögen in dem Staat zu besteuern, in dem das unbewegliche Vermögen liegt. Auch die hier streitigen Zinseinnahmen fielen unter diese Vorschrift, da sie in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb von in der Türkei belegenem Grundbesitz ständen, aus dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hätten erzielt werden sollen.

Denn der Anlagebetrag sei am 12.12.1997 planmäßig dazu verwendet worden, ein Grundstück in Ankara zu kaufen. Es handele sich hierbei um eine Eigentumswohnung, die nach dem Kauf zur Vermietung angeboten worden sei, später jedoch an die Schwester und den Schwager des Kl. wegen deren finanziellen Not unentgeltlich überlassen worden sei.

Schon in 1994 hätten sie – die Kl. – ein unbebautes Grundstück am Stadtrand von Ankara kaufen wollen, um dieses mit einem vier Wohnungen umfassenden Mehrfamilienhaus zu bebauen. Der Betrag von 80.000 DM habe zur Finanzierung dieses Objekts verwendet werden sollen. Nach der Transferierung des Geldes in die Türkei sei jedoch bekannt geworden, dass die Bebauung des besagten Grundstücks nicht zulässig war, weshalb der Kauf noch kurz vor dem Eigentumswechsel gescheitert sei. Das Geld sei danach weiterhin in der Türkei belassen worden, da es dort schneller und unkomplizierter für den Kauf eines Ersatzobjektes zur Verfügung gestanden habe. Der Kauf eines Grundstücks gehe in der Türkei ebenso einfach vonstatten wie z.B. ein Autokauf in Deutschland. Um auf Angebote schnell reagieren zu können, sei es notwendig gewesen, einen ausreichenden Bargeldbestand zur Verfügung zu haben.

Für den Zeitraum bis zur Verwirklichung des Kaufs hätten sie – die Kl. – eine möglichst hochverzinsliche Anlage gesucht. Dabei sei nicht geplant gewesen, die Anlagedauer von drei Jahren auszuschöpfen. Dass der Grundstückskauf tatsächlich erst nach Ablauf der Anlagedauer realisiert worden sei, habe sich aufgrund widriger Umstände zufällig so ergeben.

Wirtschaftliche Ursache für das Verbringen des Geldes in die Türkei sei somit der Kauf eines zur Vermietung bestimmten Grundstücks gewesen. Das Geldvermögen teile das Schicksal der wirtschaftlichen Verursachung und sei als wirtschaftliche Nebenleistung der wirtschaftlichen Hauptleistung entsprechend zu behandeln, auch wenn es sich bei der Geldanlage selbst um kein „unbewegliches Vermögen” handele. Diese rechtliche Einordnung decke sich mit der Behandlung von Bausparguthabenzinsen und im Zusammenhang damit geleisteter Schuldzinsen, welche bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen seien, wenn sie in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb eines Hauses stehen (Hinweis auf BFH, BStBl II 1983, 172); das Gleiche gelte auch für Zinsen aus einem als Festgeld v...

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