Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedarfswert erbbaurechtsbelasteter Grundstücke für Zwecke der Schenkungsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei einem mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück ist zur Ermittlung der Grundbesitzwerte für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks und für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts von einem Gesamtwert auszugehen, der sich für den Grund und Boden einschließlich der Gebäude vor Anwendung des § 139 BewG ergäbe, wenn die Belastung nicht bestünde.

2) Der Gesamtwert ist nach den Vorschriften der §§ 143, 146 bis 150 BewG zu ermitteln.

3) Auch bei der Bewertung erbbaurechtsbelasteter Grundstücke ist der Ansatz eines Mindestwerts nach § 146 Abs. 6 BewG zu berücksichtigen.

4) Der Gebäudewert beträgt in diesen Fällen 80% des Ertragswerts nach § 146 Abs. 2 bis 5 BewG, nicht etwa 80% des Gesamtwerts.

 

Normenkette

BewG § 146 Abs. 6, § 148

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.07.2016; Aktenzeichen II R 28/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, wie ein bebautes Grundstück, das mit einem Erbbaurecht belastet ist, für Zwecke der Schenkungsteuer zu bewerten ist.

G übertrug der Klägerin am 13.12.2008 unentgeltlich zahlreiche Grundstücke, dazu gehörte u. a. das bebaute und mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück A-Straße 1 in O. Für Zwecke der Einheitsbewertung ist das Grundstück als Einfamilienhaus bewertet.

Der Beklagte verzichtete auf die Anforderung einer Erklärung durch die Klägerin „aufgrund der Vielzahl der Schenkungen und aufgrund dessen, dass die Efin. (gemeint ist die Klägerin) nicht über alle notwendigen Daten verfügte” (Einspruchsentscheidungen vom 06.07.2010). Die Klägerin reichte auch keine Feststellungserklärungen ein.

Der Beklagte stellte den Grundbesitzwert auf den 13.12.2008 für Zwecke der Schenkungsteuer anhand der Daten in der Einheitswertakte für das Grundstück auf 56.500 Euro fest.

Dabei ermittelte der Beklagte den Gebäudewert nach dem Ertragswertverfahren und den Wert des Grund und Bodens ausgehend von den Bodenrichtwerten, die vom Gutachterausschuss der Gemeinde zum Besteuerungszeitpunkt zugrundegelegt worden sind. Da der Gebäudewert im Ertragswertverfahren von 94.255 Euro niedriger war als der Wert für den Grund und Boden von 131.997 Euro, ging der Beklagte für die Ermittlung des Gesamtwerts von 75.404 Euro (80 % von 94.255 Euro) für den Gebäudewert und 56.593 Euro für den Grund und Boden (131.997 Euro ./. 75.404 Euro) aus. Den Grundbesitzwert für das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück stellte er danach auf 56.500 Euro fest. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 13.12.2008 für Zwecke der Schenkungsteuer für die wirtschaftliche Einheit A-Straße 1 vom 07.09.2008.

Gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 13.12.2008 legte die Klägerin Einspruch ein. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Mindestwert nicht anzusetzen. Der Bescheid sei schon wegen des Ansatzes des Mindestwertes gemäß § 146 Abs. 6 Bewertungsgesetz (BewG) und der sich in dem Bescheid anschließenden Aufteilung dieses Mindestwerts in einen Gebäudewert von 80 % des Ertragswerts gem. § 146 Abs. 25 BewG und einen Anteil von Grund und Boden in Höhe des Differenzbetrages bis zum Mindestwert rechtsfehlerhaft. Zutreffenderweise sei § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG als lex specialis bei Erbbaugrundstücken bzw. Erbbaurechten als „Rechtsgrundverweisung” auf die Bewertungsregelungen für bebaute Grundstücke zu sehen. Im Rahmen der Ermittlung des Gesamtwerts des § 148 Abs. 1 BewG werde das (Erbbau)Grundstück entsprechend seiner Eigenart nach den „normalen” Verfahren der §§ 145 ff. BewG bewertet. Handele es sich um bebaute (Erbbau) Grundstücke, greife § 148 Abs. 4 Satz 1 1. Halbsatz BewG ein, wonach der Gebäudewert 80 % des nach § 146 Abs. 25 BewG ermittelten Werts betrage.

Das heiße nichts anderes, als dass für Zwecke der wegen § 148 Abs. 1 BewG vorzunehmenden Aufteilung des nach allgemeinen Bewertungsregelungen ermittelten Gesamtwertes der Gebäudeanteil 80 % des nach dem für bebaute, unbelastete Grundstücke einschlägigen Bedarfswertverfahrens gemäß § 146 Abs. 25 BewG betrage. Dies ändere aber nichts daran, dass sich der Gesamtwert nach dem Bedarfswertverfahren bestimme.

Konsequenterweise führe § 148 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz BewG im Anschluss aus, dass der verbleibende Teil des Gesamtwerts (= Differenz zu den nach Bedarfswertverfahren gem. § 146 Abs. 25 BewG) dem Wert des Grund und Bodens entspreche. Mit anderen Worten, der Grund- und Bodenanteil bei bebauten Erbbaugrundstücken betrage 20 % des nach Bedarfswertverfahren ermittelten Wertes.

Die Rechtsgrundverweisung des § 148 Abs. 4 Satz 1 1. Halbsatz BewG auf das Bedarfswertverfahren des § 146 Abs. 25 BewG führe dazu, dass in der Regel § 148 BewG in seiner der für den hier streitigen Fall geltenden Fassung von vornherein nicht anzuwenden sei.

Diese Auffassung decke sich damit, dass der Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG nach der Geset...

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