Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung einer Abfindungszahlung und Nachweis der Ansässigkeit in Großbritannien für Zwecke der Anwendung des DBA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Allein das Innehaben einer Anschrift ohne das Hinzutreten weiterer Merkmale wie eines tatsächlichen Aufenthalts begründet keine Ansässigkeit im Ausland (hier: in Großbritannien). Nur durch die Bezeichnung einer Adresse im Ausland und die Vorlage einer beglaubigten Abschrift aus dem von der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reisepass sowie einer Abmeldebestätigung, woraus sich ergibt, dass ein Steuerpflichtiger nach Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes ins Ausland verzogen ist, ist nicht ersichtlich, dass der Steuerpflichtige in diesem Zuge eine Ansässigkeit im Ausland an der von ihm bezeichneten Anschrift begründet hat. Es obliegt dem Steuerpflichtigen, zur Feststellung der vermeintlichen Ansässigkeit im Ausland die Umstände seines Umzugs zu substantiieren und insbesondere nachzuweisen, wann genau er diesen Wohnsitz begründet und sich unter der angegebenen Anschrift aufgehalten hat.

2. Das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland für eine im Jahr 2017 gezahlte Abfindung anlässlich der Beendigung eines im Inland ausgeübten Arbeitsverhältnisses ist nicht gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 und Satz 2 DBA-UK 2010 i.V.m. § 50d Abs. 12 EStG in der gemäß Art. 19 Abs. 2 BEPS-UmsG, § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG ab dem 1.1.2017 anzuwendenden Fassung eingeschränkt.

3. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln, dass § 50d Abs. 12 EStG auf sämtliche nach dem 1.1.2017 zugeflossene Abfindungen unabhängig davon Anwendung findet, zu welchem Zeitpunkt der Rechtsgrund für die Abfindungszahlung geschaffen wurde. Die mit der tatbestandlichen Rückanknüpfung der zeitlichen Anwendung des § 50d Abs. 12 EStG verbundene Enttäuschung des Vertrauens auf den Fortbestand der bis zum 1.1.2017 geltenden Rechtslage ist im Hinblick auf die mit der Neuregelung verfolgten Allgemeininteressen verhältnismäßig.

4. Eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (hier: Lohnsteuerabzugsmerkmal gemäß § 39 Abs. 4 Nr. 5 EStG betreffend die Mitteilung, dass der von einem Arbeitgeber gezahlte Arbeitslohn nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Lohnsteuer freizustellen ist, wenn der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber dies beantragt) beinhaltet gemäß § 39 Abs. 1 Satz 4 EStG eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht und gemäß § 164 Abs. 2 AO mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden kann. Die rückwirkende Aufhebung einer solchen Bescheinigung ist mit der Vorlage einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug mit rückwirkenden Eintragungen im Sinne des § 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verbunden.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1, § 24 Nr. 1, § 39 Abs. 4 Nr. 5, § 41c Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4 S. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 4 lit. d, § 50d Abs. 12; AO § 164 Abs. 2; DBA-UK 2010 Art. 14 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, Art. 4 Abs. 1 S. 1; EStG § 1 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten anlässlich der Nachforderung von Lohnsteuer für Januar 2017 über die Besteuerung einer Abfindungszahlung, die an den Ende 2016 nach Großbritannien verzogenen Kläger gezahlt wurde.

Der Kläger war bei der Fa. C H-Stadt GmbH (C GmbH) im Bereich Standortservice Fuhrpark beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber wurde mit am 31.3.2016 unterzeichneten Vertrag mit Wirkung zum 30.9.2016 einvernehmlich aufgehoben. Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes beabsichtigte die C GmbH aufgrund eines ausgehandelten Sozialplans, dem Antragsteller eine Abfindung zu zahlen. Ausweislich der am 31.3.2016 geschlossenen Aufhebungsvereinbarung, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, sollte der Antragsteller entsprechend dem zu dieser Zeit gültigen Sozialplan vom 8.12.2014 eine Abfindung i. H. von xxxxxx € (brutto) vorbehaltlich einer finalen Überprüfung erhalten. Mit Schreiben vom 24.8.2016 bestätigte die C GmbH dem Kläger unter Bezugnahme auf zuvor geführte Gespräche, dass die Auszahlung der Abfindungszahlung entgegen § 4 Ziff. 3 des vorgenannten Sozialplans erst zum 31.1.2017 erfolgen werde.

Am 17.10.2016 meldete der Kläger mit Wirkung vom 21.10.2016 seine bisherige (alleinige) Wohnung in der Bundesrepublik Deutschland bei der Meldebehörde der H-Stadt ab. Am 15.12.2016 beglaubigte die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in London eine Fotokopie aus dem seitens der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reisepass des Klägers, der gemäß der Kläger nicht mehr in H-Stadt sondern in Q-Stadt (Großbritannien) wohnhaft sei. Dem Kläger wurde schließlich am 30.1.2017 eine Abfindung i. H. von yyyyyy € ausgezahlt.

Bereits mit Schreiben vom 2.8.2016 beantragte der Kläger eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer, in der er angab, ab dem 31.10.2016 in Q-Stadt (Großbritannien) wohnen zu wollen. Im Begleitschreiben des Antrags führte er aus, dass er bei Auszahlung...

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