Entscheidungsstichwort (Thema)

Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Übt ein Steuerpflichtiger mehrere Tätigkeiten aus, so bestimmt sich der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nach deren qualitativem Schwerpunkt. Das Gesamtbild der Tätigkeiten wird dabei durch den Hauptberuf geprägt, wenn dieser inhaltlich mit einer Nebentätigkeit verbunden ist und die Haupttätigkeit weit überwiegt.

2) Der qualitative Mittelpunkt eines Lehrers und nebenberuflichen Schriftstellers liegt in der Schule und damit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3

 

Tatbestand

Streitig ist die Begrenzung der Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Streitjahr 2002.

Die Kläger werden im Streitjahr als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als Berufsschullehrer nichtselbständig tätig. Daneben ist er als Schriftsteller freiberuflich tätig. Insbesondere ist er der Mitverfasser sehr erfolgreicher Schulbücher.

Die Kläger machten in der Einkommensteuererklärung 2002 bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit i.S.d. § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) Aufwendungen in Höhe von 3.659,61 Euro für zwei Arbeitszimmer als Betriebsausgaben geltend. Der Beklagte berücksichtigte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung durch Bescheid vom 9.7.2003 nur Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 1.250 Euro. Die Einkommensteuerfestsetzung erging hinsichtlich der Kosten der Arbeitszimmer gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) vorläufig.

Die Kläger haben am 22.7.2003 Einspruch eingelegt und im Einspruchsverfahren auf die Begründung des für das Jahr 1997 bereits anhängigen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens beim BFH verwiesen. Das Einspruchsverfahren hinsichtlich des Streitjahres ist deshalb zum Ruhen gebracht worden.

Im Verfahren hinsichtlich der Geltendmachung von Aufwendungen für die Arbeitszimmer in 1997 hat der BFH durch Entscheidung vom 16.12.2004 (IV R 19/03) das Klage abweisende Urteil des erkennenden Senats vom 29.5.2001 (1 K 2681/00 E) aufgehoben und die Sache an den Senat zurückverwiesen. Zwar bildeten die beiden Räume, so der BFH in dieser Entscheidung, auf Grund ihrer identischen Nutzung als Büroräume eine funktionale Einheit und seien daher als ein Objekt i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG a.F. anzusehen. Ob dieses eine Arbeitszimmer aber den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten bilde, sei vom Finanzgericht Münster auf der Basis von Grundsätzen getroffen worden, die nicht mehr ganz der damals gültigen Rechtsprechung des BFH entsprochen hätten. Gehe der Steuerpflichtige mehreren Tätigkeiten nach, sei der Mittelpunkt anhand einer Gesamtbetrachtung aller von ihm ausgeübten Tätigkeiten zu bestimmen. Es bedürfe zunächst der Bestimmung des jeweiligen Betätigungsmittelpunktes der einzelnen beruflichen und betrieblichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen, um dann auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln. Der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit werde durch den Mittelpunkt der Haupttätigkeit indiziert. Dabei sei jede nichtselbständige Vollzeitbeschäftigung eines Steuerpflichtigen in diesem Zusammenhang als Haupttätigkeit anzusehen.

Durch Urteil vom 8.5.2007 (1 K 458/05 E) wies der erkennende Senat erneut zu Ungunsten des Klägers die Klage ab, da er nach Würdigung der Gesamtumstände davon ausging, dass die Haupttätigkeit des Klägers die Lehrtätigkeit sei, und deren Mittelpunkt außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers liege. Dadurch werde regelmäßig indiziert, dass auch der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit nicht im Arbeitszimmer liege. Der Vortrag von Tatsachen und Beweismitteln, aus denen sich ein anderer Mittelpunkt der Gesamttätigkeit ergebe, sei nicht gelungen. Selbst bei Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung zum Mittelpunkt bei mehreren selbständigen Tätigkeiten entfielen nach dem Vortrag des Klägers nur 540 Stunden auf die Verlagsarbeit, 1.540 Stunden aber auf den Bereich der Lehrtätigkeit, so dass der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nicht im Arbeitszimmer liege. Dem entspräche es auch, dass der Kläger in 1997 den überwiegenden Teil seiner Einnahmen, nämlich 77,3%, aus der Lehrtätigkeit bezogen habe.

Der BFH hat eine gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 19.12.2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Am 19.5.2008 bat der Kläger um Erlass einer Einspruchsentscheidung für das Streitjahr gebeten. Der Beklagte wies darauf hin durch Entscheidung vom 30.7.2008 den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück und verwies insbesondere auf die Würdigung des FG Münsters im zweiten Urteil für das Jahr 1997.

Die Kläger haben am 2.9.2008 Klage eingelegt. Sie behaupten, dass der Kläger im Streitjahr insgesamt 590 Stunden für die Arbeiten als Schriftsteller im Arbeitszimmer verbracht hätte. Weitere 74 Stunden seien an anderen Orten zu erledigen gewesen. Für die Tätigkeit als Lehrer habe der Kläger 1016 Stunden in der Berufsschule und 600 Stunden im Arbeitszimme...

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