Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung Aufgabegewinn/laufender Gewinn bei gleichzeitiger Liquidation einer Organgesellschaft und einer Organträgerin

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird eine Organkapitalgesellschaft, deren Anteile zu 100% einem Gesellschafter der Organträgerin gehören, zugleich mit der Organträgerin aufgelöst, so liegt eine Gesamtbetriebsaufgabe vor, bei der der Aufgabegewinn der Organkapitalgesellschaft tarifbegünstigt zu besteuern und kein laufender Gewinn ist. Die Vorschrift des § 17 Abs. 4 Satz 3 EStG findet keine Anwendung, weil es sich nicht nur um eine Teilbetriebsaufgabe handelt.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 4 S. 3, § 34; KStR Abschn. 56 Abs. 1; EStG 1998 § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.10.2008; Aktenzeichen IV R 74/06)

BFH (Urteil vom 16.10.2008; Aktenzeichen IV R 74/06)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Gewinn aus der Auflösung einer GmbH, welche zum Betriebsvermögen der Klägerin (Klin.) gehört, gemäß §§ 16, 34 Einkommensteuergesetz (EStG) ermäßigt zu besteuern ist.

Die Klin. betrieb bis zum 30.06.1998 in Form einer GmbH & Co. KG einen Autohandel mit Neu- und Gebrauchtwagen und war Vertragshändlerin der A AG (A). Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung war die X Verwaltungs-GmbH, alleiniger Kommanditist war X. X hielt zu 100 % Anteile an der Firma Autohaus X GmbH, deren Unternehmensgegenstand sich ebenfalls auf den Handel mit Fahrzeugen, Autozubehör etc. erstreckte. Alleiniger Gesellschafter der GmbH war X. Die Anteile der GmbH gehörten bei der KG zum Sonderbetriebsvermögen des X.

Zwischen der Klin. und der GmbH bestand ab 01.01.1995 ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag, wonach die GmbH die sich aus den Handelsbilanzen ergebenden Gewinne an die Klin. abzuführen hatte; Art und Umfang der geschäftlichen Tätigkeit der GmbH werden durch die Klin. bestimmt.

Zum 30.06.1998 stellte die Klin. ihre geschäftliche Tätigkeit ein und veräußerte zum 01.07.1998 sämtliches Anlage- und Umlaufvermögen an die Firma U GmbH.

Die GmbH beschloss mit Gesellschaftsbeschluss vom 25.06.1998 ebenfalls ihre Auflösung zum 30.06.1998 und veräußerte ebenfalls zum 01.07.1998 sämtliches Anlage- und Umlaufvermögen.

Für das Streitjahr 1998 ermittelte die Klin. einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.566.204 DM, wobei 415.001 DM aus der Auflösung der GmbH stammten. Der Beklagte (Bekl.) folgte zunächst der Feststellungserklärung und erließ am 20.01.2000 einen entsprechenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

Ende 2000 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung (GroßBp) N eine Betriebsprüfung (Bp) bei der Klin. durch. Dabei vertrat der Prüfer unter Berufung auf Abschnitt 56 Abs. 1 Körperschaftssteuerrichtlinien (KStR) die Auffassung, dass der Gewinn aus der Auflösung der GmbH originär bei dieser und nicht bei der Klin. zu erfassen sei, da Liquidationsgewinne nicht mehr der vertraglichen Gewinnabführung unterlägen.

Die Auskehrung des Vermögens der GmbH behandelte der Betriebsprüfer als eine Gewinnausschüttung (laufender Gewinn) in Höhe von 338.120 DM (236.684 DM + 3/7 anrechenbare Körperschaftsteuer – KSt –). Wegen der Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 27.11.2000 Bezug genommen.

Am 25.01.2001 erging ein entsprechend geänderter Feststellungsbescheid, gegen den die Klin. am 26.02.2001 Sprungklage erhob. Dieser stimmte das Finanzamt nicht zu, so dass das Verfahren als außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren fortgeführt wurde. Das Verfahren blieb ohne Erfolg. Auf die ablehnende Einspruchsentscheidung (EE) vom 27.08.2002 wird Bezug genommen.

Am 27.09.2002 hat die Klin. Klage erhoben, die sie wie folgt begründet:

Entgegen der Auffassung des Bekl. falle der Liquidationsgewinn der GmbH unter den Ergebnisabführungsvertrag, so dass er nicht bei der GmbH sondern bei der Klin. zu erfassen sei. Darüber hinaus könne auch für den Fall, dass der Liquidationsgewinn nicht dem Ergebnisabführungsvertrag unterfalle, die Auskehrung des Liquidationsgewinns nicht dem laufenden Gewinn zugerechnet werden.

Zwar ergebe sich aus der ab 1997 geltenden Fassung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, dass in den Fällen der Teilbetriebsaufgabe in Form der Auflösung der Kapitalgesellschaft die Auskehrung des verwendbaren Eigenkapitals von der Vergünstigung der §§ 16 und 34 EStG ausgenommen sei. Im Streitfall habe die Klin. jedoch ihren ganzen Betrieb (GmbH und KG) zeitgleich aufgegeben, so dass der Gewinn aus der Veräußerung bzw. Aufgabe nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln sei. Dabei müssten die GmbH-Anteile mit dem gemeinen Wert ermittelt werden, welche auch die zu erwartenden Auskehrungen des Liquidationsgewinns umfassten. Durch die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG könnten die allgemeinen Grundsätze nicht durchbrochen werden. Alle Rechtsnormen, die speziell die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs beträfen, gingen dementsprechend ins Leere.

Die Auffassung des Bekl., dass es innerhalb der Betriebsaufgabe der KG hinsichtlich der zum Betriebsvermö...

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