Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer 1974 und Gewerbesteuer 1974

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.06.1999; Aktenzeichen I R 100/97)

 

Tenor

Der Körperschaftsteuerbescheid 1974 vom 25.02.1991 und der Gewerbesteuermeßbescheid 1974 vom 26.02.1981 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 24.08.1993 werden nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 56 v.H. und die Klägerin zu 44 v.H..

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Gründe

Streitig ist, ob eine durch Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes verhängte Geldbuße als Betriebsausgabe (BA) abzugsfähig ist.

Die Klägerin (Klin.) ist eine Brauerei, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführt wird. In der Zeit von 1969 bis 1972 traf die Klin. zusammen mit anderen Mitgliedern des Verbandes D. Bierbrauer Absprachen über Preiserhöhungen. Wegen dieser verbotenen Preisabsprachen setzte das Bundeskartellamt mit Bußgeldbescheid vom 05.04.1974 nach.§ 26 OWiG a.F. i.V. § 38 Abs. 4 GWB gegen die Klin. eine Geldbuße in Höhe von 275.000 DM fest. Nach Ziff. V der Bescheidgründe wurde bei der Bemessung der Geldbuße insbesondere die große wirtschaftliche Bedeutung der Absprachen für den Biermarkt und die Verbraucher sowie die Tatsache berücksichtigt, daß durch die Absprachen beträchtliche Mehrerlöse erzielt wurden. Errechnet wurde die Geldbuße, wie das Kartellamt mit Schreiben vom 15.01.1974 dargelegt hatte, aus der Differenz zwischen Nettopreis der Vertragsware vor und nach den Kartellabsprachen. Ausgegangen wurde von den geschätzten Nettoerlösen auf der Basis der Preiserhöhungen für den Großhandel, gekürzt um Rabatte, Skonti, Rückvergütungen etc. Die so ermittelten Erhöhuhgsbeträge pro Hektoliter Bier wurden mit den angegebenen Ausstoßmengen multipliziert. Die auf die Mehrerlöse zu entrichtende Einkommensteuer (ESt) oder Körperschaftsteuer (KSt) wurde bei der Bemessung der Geldbuße nicht berücksichtigt. Als Mehrerlös wurden die Mehreinnahmen ohne Abzug der daraus folgenden Mehrausgaben angesehen (Schreiben des Bundeskartellamtes vom 15.08.1990).

Die Klin. buchte die Geldbuße in ihrer Bilanz zum 30.09.1974 erfolgsneutral gegen Rücklagen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung (Bp) für das Streitjahr 1974 beantragte die Klin. die Berücksichtigung des Bußgeldes als Betriebsausgabe. Diesem Antrag wurde nicht entsprochen.

Gegen den aufgrund der Bp ergangenen KSt-Bescheid 1974 vom 25.02.1981 und den GewSt-Meßbescheid 1974 vom 26.02.1981 legte die Klin. mit Schreiben vom 27.03.1981, das am 31.03.1981 beim Bekl. einging, Einspruch ein. Sie machte weiterhin geltend, die Geldbuße sei gewinnmindernd zu berücksichtigen. Nach dem Hinweis des Bekl. auf die Versäumung der Einspruchsfrist gegen den KSt-Bescheid beantragte die Klin. am 30.04.1981 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und machte geltend, sie habe am 30.03.1981 einen Boten beauftragt, den Brief mit den Einsprüchen zum Finanzamt (FA) zu bringen. Es handele sich um den ständig für die Klin. tätigen Boten.

Zur Begründung ihrer Einsprüche verwies die Klin. darauf, daß das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 23.01.1990 1 BvL 4,5,6,7/87 BStBl. II 1990, 483 festgestellt habe, daß für die beabsichtigte Abschöpfung des durch eine Ordnungswidrigkeit erlangten wirtschaftlichen Vorteils mittels Geldbuße der allgemeine Gleichheitsgrundsatz verlange, daß entweder die Geldbuße mit dem Abschöpfungsbetrag bei der Einkommensbesteuerung abgesetzt werde oder der Bemessung der Geldbuße nur der um die absehbare Einkommensteuer verminderte Betrag der Erlöse zugrundegelegt werde. Durch die Änderung bzw. Ergänzung des § 4 Abs. 5 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) durch das Steueränderungsgesetz 1992 sei nun klar und eindeutig geregelt, daß das Bußgeld als BA abzugsfähig sei, da es sich allein um eine Mehrerlösabschöpfung handele. Die Steuerbelastung auf den erzielten Mehrerlös sei vom Bundeskartellamt bei der Bemessung der Geldbuße nicht in Abzug gebracht worden. Das Bundeskartellamt habe eine kartellrechtlich relevante Preiserhöhung von 5, 90 DM pro hl ermittelt und diesen Betrag mit der auf die Klin. entfallende Ausstoßmenge multipliziert. Daraus habe sich die Mehrerlösabschöpfung in Höhe von 275.000 DM ergeben.

Der Bekl. gewährte wegen der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wies die Einsprüche als unbegründet zurück – Einspruchsentscheidung (EE) vom 24.08.1993 –. Zur Begründung führte der Bekl. aus, die in § 38 Abs. 4 GWB vorgesehene Mehrerlösberechnung diene lediglich der Bestimmung der schuldangemessenen Geldbuße in solchen Fällen, in denen der Regelbußgeldrahmen als nicht ausreichend anzusehen sei. Die so ermittelte Geldb...

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