Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergang eines Grundstücks auf eine Gesamthandsgemeinschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wenn ein grunderwerbsteuerlicher Rechtsvorgang sich auf mehrere Grundstücke bezieht, die in den Bezirken verschiedener Finanzämter liegen, ist das Finanzamt für die gesonderte Feststellung zuständig, in dessen Bezirk das wertvollste Grundstück liegt.

2. Wenn ein Grundstück auf eine Kommanditgesellschaft übertragen worden ist und knapp fünf Monate nach der notariellen Übertragung des Grundstücks die Verminderung des Kommanditanteils des Grundstücksveräußerers auf 10 % wirksam wird, unterbleibt die Erhebung der Grunderwerbsteuer nicht über die Beteiligung von 10 % hinaus.

3. Für den Zeitpunkt der Verminderung des Anteils am Gesamthandsvermögen kommt es auf die tatsächliche Einschränkung der Gesellschafterstellung und nicht auf die zu Grunde liegende schuldrechtliche Vereinbarung an.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 2-3, § 19 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 S. 1; AO § 181 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.11.2023; Aktenzeichen II R 20/21)

 

Tatbestand

Streitig sind die verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Folgen der Übertragung von Grundstücken auf die Klägerin.

Die Klägerin (eine GmbH & Co. KG) wurde Ende 2011 gegründet und im Februar 2012 unter HRA xxx im Handelsregister des Amtsgerichts D-Stadt eingetragen. Einzig persönlich haftende, nicht am Vermögen beteiligte Gesellschafterin war und ist die G-Beratungs GmbH. Zunächst war Herr U. C. alleiniger Kommanditist der Gesellschaft. Der Gesellschaftsvertrag regelt in § 7, dass für jeden Gesellschafter ein festes Kapitalkonto, ein Rücklagenkonto, ein Verlustvortragskonto und ein (im Gegensatz zu den vorgenannten verzinsliches) Privatkonto geführt werden. Das feste Kapitalkonto spiegelt nach § 7 Abs. 1 des Vertrags die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und an den Gesellschaftsrechten wider und entspricht bei den Kommanditisten der zum Handelsregister angemeldeten Kommanditeinlage. Auf den Gesellschaftsvertrag wird im Übrigen Bezug genommen.

Herr C. beabsichtigte, in seinem Alleineigentum stehende Grundstücke auf die Klägerin zu übertragen. Zudem sollte eine GmbH weitere Kommanditistin werden. Der diesbezügliche Gesellschafterbeschluss vom 02.03.2013 (auf den im Übrigen verwiesen wird) wurde wie folgt umgesetzt:

Mit Vereinbarung vom 19.03.2013 (Urkundenrolle Nummer A des Notars S. P.) teilte Herr C. seinen Kommanditanteil von 100.000 EUR in einen Anteil von 10.000 EUR und einen Anteil von 90.000 EUR (nachfolgend Vertrag 1). Den Kommanditanteil in Höhe von 90.000 EUR verkaufte er (mit schuldrechtlicher Wirkung zum 01.01.2013) zum Nennwert an die Q-Verwaltungs GmbH. Die dingliche Übertragung erfolgte nach § 2 Unterabsatz 3 des Vertrags aufschiebend bedingt durch die Eintragung der Q-Verwaltungs GmbH als Kommanditistin kraft Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister. Diese Eintragung erfolgte am 16.08.2013. Herrn C. blieb mit einer Kommanditeinlage von 10.000 EUR an der Klägerin beteiligt.

Ebenfalls am 19.03.2013 wurde ein Vertrag (nachfolgend Vertrag 2) über die Übertragung einer Immobilie in M-Stadt (U-Straße 31) von Herrn C. auf die Klägerin abgeschlossen (Urkundenrolle Nummer B des Notars S. P.). In Ziffer 4. des Vertrags heißt es, die Übertragung erfolge mit wirtschaftlicher und steuerlicher Zuordnung zum Kommanditanteil des Herrn C. an der Klägerin in eine persönlich gebundene Rücklage (Kapital II); die Veräußerung der Immobilie bedürfe seiner Zustimmung. Eine Gegenleistung wurde nicht vereinbart.

Mit notariellem Vertrag vom 21.03.2013 (nachfolgend Vertrag 3; Urkundenrolle Nummer Z des Notars Dr. X zu Münster, vertreten durch seinen amtlich bestellten Vertreter Dr. G) übertrug Herr C. der Klägerin mehrere in § 1 Ziffer 1 des Vertrags aufgeführte Grundstücke in M-Stadt sowie zwei in § 1 Ziffer 2 des Vertrags aufgeführte Grundstücke in E-Stadt. Die Übertragung erfolgte nach dem Vertragstext gegen Gewährung von Gesellschafterrechten. Dazu heißt es in § 4 des Vertrags unter der Überschrift „Gegenleistung”: Herrn C. werde ein Betrag in Höhe von 1.600.000 EUR für die Grundstücke gemäß § 1 Ziffer 1 und ein Betrag in Höhe des Buchwerts des Gebäudes für den steuerlich verstrickten Teil und des Teilwerts für den nicht steuerlich verstrickten Teil für die Grundstücke in § 1 Ziffer 2 auf „seinem personengebundenen Rücklagenkonto (Rücklage gemäß § 264 Abs. 2 II Rücklagen Handelsgesetzbuch – HGB – [Kapital II]) bei der U-Immobilien GmbH & Co. KG gutgeschrieben.” Gleichzeitig sei sein Kommanditkapital um 1.000 EUR erhöht worden; hierzu sei ein gesonderter Gesellschafterbeschluss ergangen. Nach § 6 des Vertrags bedurfte die Veräußerung des Übertragungsgegenstandes der Zustimmung des Herrn C..

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die drei notariellen Urkunden Bezug genommen.

Nach einer Veräußerungsanzeige zu Vertrag 2 setzte der Beklagte mit nicht datiertem, laut Klägerin am 02.04.2013 zugegangenem Bescheid unter der Steuernummer 1 Grunderwerbsteuer ...

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