Entscheidungsstichwort (Thema)

Anteilsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Im Fall der Bestellung des Nießbrauchs an einem Kommanditanteil sind sowohl der Nießbraucher als auch der Nießbrauchbesteller als Mitunternehmer anzusehen, wenn beide Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können.

2) Stehen dem Nießbraucher gemäß den vertraglichen Abreden die entnahmefähigen Gewinne zu, während dem Besteller die nicht entnahmefähigen Gewinne sowie die stillen Reserven gebühren, trägt der Besteller ein ausreichendes Mitunternehmerrisiko.

3) Wird dem Nießbraucher im Übertragungsvertrag eine Stimmrechtsvollmacht erteilt, dabei jedoch bestimmt, dass der Nießbraucher die Stimm- und Kontrollrechte in bestimmten Kernbereichen nur jeweils zusammen mit dem Besteller ausüben kann, kann der Besteller in ausreichendem Maße Mitunternehmerinitiative entfalten.

 

Normenkette

ErbStG § 13 Abs. 2, 4 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; ErbStG § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2009; Aktenzeichen II R 44/08)

BFH (Urteil vom 16.12.2009; Aktenzeichen II R 44/08)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung der Steuervergünstigung gem. § 13a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG).

Durch Gesellschaftsverträge vom 19.03.2004 gründete der Kläger (Kl.) die P. T. Grundstücksvermietungs-GmbH & Co KG, an der er als alleiniger Kommanditist mit einer Einlage von insgesamt 6.000 Euro beteiligt war, sowie die T. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, deren alleiniger Anteilseigener er ebenfalls war. Die GmbH ist alleinige Komplementärin der KG. Zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern der GmbH sind der Kl. und seine Tochter, Frau T1. S., bestellt. Zu den Einzelheiten wird auf die Kopie des Handelsregisterauszuges der GmbH (Bl. 69 der GA) Bezug genommen. Der Kl. und seine Tochter üben die Geschäftsführungsbefugnis in der GmbH ohne Entgelt aufgrund ihrer Organstellung aus. Anstellungsverträge existieren insoweit nicht. Gegenstand der Tätigkeit der KG ist im Wesentlichen die Vermietung des Grundbesitzes N.-Str. 01 in M..

Durch notariellen Übertragungsvertrag vom 23.12.2004 übertrug der Kl. seinen Anteil an der P. T. Grundstücksvermietungs-GmbH & Co unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine Tochter. Dabei behielt er sich auf Lebenszeit das Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Kommanditanteil vor. Der Übertragungsvertrag bestimmt im Einzelnen folgendes:

„III.

2. … der Nießbrauch erstreckt sich auch auf das Guthaben der Frau T1. S. auf Rücklagen und Darlehenskonten der Kommanditgesellschaft in seiner jeweiligen Höhe.

Im Fall der Auflösung der Kommanditgesellschaft oder des Ausscheidens der Frau T1. S. aus dieser erstreckt sich der Nießbrauch auf das Auseinandersetzungsguthaben der Frau T1. S.. Im Fall der Umwandlung der Kommanditgesellschaft besteht der Nießbrauch an der Beteiligung der Frau T1. S. an der neuen Gesellschaft fort. …

IV.

1. Herrn P. T. steht derjenige Anteil des Anteils der Frau T1. S. am Gewinn der Gesellschaft seit dem Tage des Wirksamwerdens der Nießbrauchsbestellung zu, der im Rahmen von Gesetz, Gesellschaftsvertrag, festgestelltem Jahresabschluss und etwaigen Gesellschafterbeschlüssen entnahmefähig ist.

Beruht der Gewinn der Kommanditgesellschaft darauf, dass sie einen Gegenstand des Anlagevermögens zu einem höheren als den Buchwert veräußert hat (Realisierung stiller Reserven) und übersteigt dieser Teil des Gewinns den nichtentnahmefähigen Gewinn, so steht Frau T1. S. von dem entnahmefähigen Gewinn derjenige Teil zu, der ihrem Anteil an den zur Ausschüttung gelangenden Realisierungsgewinn entspricht.

VI.

1.Mit Ausnahme der nachfolgend aufgeführten, durch T1. S. auszuübenden Rechte werden alle Stimm- und Verwaltungsrechte in der Kommanditgesellschaft während der Dauer des Nießbrauchs von Herrn P. T. ausgeübt. Soweit diese Rechte gesetzlich Frau T1. S. zustehen, bevollmächtigt sie Herrn P. T. zur Ausübung. Übt Frau T1. S. insoweit Stimm- und/oder Verwaltungsrecht aus, ist sie an die Weisung von Herrn P. T. gebunden.

2. Zur Mitwirkung an

  1. Gewinnverwendungsbeschlüssen, die zu einer geringeren Dotierung der Rücklagen der Kommanditgesellschaft als 15 % des festgestellten Gewinns führen,
  2. Beschlüssen über die Auflösung von Rücklagen zur Ausschüttung an die Gesellschafter,
  3. Gewinnverteilungsbeschlüssen und Entnahmen, die zu einem Wiederaufleben der Haftung der Frau T1. S. gem. § 172 Abs. 4 HGB führen, ist Herr P. T. jeweils nur mit Zustimmung von Frau T1. S. berechtigt.

3. In folgenden Angelegenheiten wird das Stimmrecht bei Beschlüssen in der Kommanditgesellschaft durch Frau T1. S. ausgeübt, wobei Frau T1. S. das Stimmrecht nicht ohne Zustimmung des Herrn P. T. ausüben darf.

  1. Änderung des Gesellschaftszwecks,
  2. Änderung der Beteiligungsverhältnisse
  3. Auflösung, Fortsetzung oder Umwandlung der Gesellschaft….”

Gestaltungs- und Verfügungsrechte, die den Kommanditanteil als solchen betreffen, sollten der Tochter des Kl. zustehen. Sie werde diese Rechte nicht ohne Zusti...

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