Entscheidungsstichwort (Thema)

Weitere Anwendbarkeit des ErbStG auf Nießbrauchsvermächtnisse über den 31.12.1995 hinaus

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Auch wenn das ErbStG die Zahlung von Erbschaftsteuer für ein Nießbrauchsvermächtnis in zukünftigen wiederkehrenden Teilbeträgen erlaubt, ist die ErbSt mit dem Tode des Erblassers vor dem 31.12.1995 schon komplett entstanden.

2) Der Gesetzgeber brauchte im Fall des § 23 Abs. 1 S. 1 ErbStG als einer Regelung über die Steuerentrichtung nach dem 1.1.1996 keine Übergangsregelung zur Gewährung der nach neuem Recht geltenden erhöhten Freibeträge zu treffen.

 

Normenkette

ErbStG § 23 Abs. 1 S. 1, Abs. 1

 

Gründe

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 in der bis zum 31.12.1995 gültigen Fassung.

Durch Testament vom 19.09.1994 setzte ihre am 01.10.1994 verstorbene Mutter der Klägerin (Klin.) ein Vermächtnis aus. Die Klin. sollte 75 % der Mieteinnahmen (netto) des Hausgrundstücks E., M.straße 1, bis zu ihrem Tode als Rente erhalten. Das Hausgrundstück selbst erhielten die Enkel der Erblasserin als Vermächtnis. Auf das notarielle Testament vom 19.09.1994 (Bl. 7-9 der Steuerakte) wird Bezug genommen.

Zudem bestanden zum Todestag Lebensversicherungsverträge mit Bezugsberechtigung zugunsten der Klin. in Höhe von insgesamt 16.234 DM, die in der Folge an die Klin. ausgezahlt wurden.

In der Auseinandersetzungsvereinbarung zwischen den Enkeln der Erblasserin und dem Alleinerben vom 04.11.1994 verpflichteten sich diese, der Klin. vom 01.12.1994 an auf deren Lebenszeit eine monatliche, monatlich im Voraus fällige Rente von 2.000 DM zu zahlen, wobei jeweils zum 15.02. eines Jahres eine Abrechnung mit dem Ziel zu erfolgen hat, der Klin. entsprechend dem Vermächtnis 75 % der Nettomieteinnahmen zukommen zu lassen. Auf § 6 der Auseinandersetzungsvereinbarung vom 04.11.1994 (Bl. 27/28 der Steuerakte) wird Bezug genommen.

Der Beklagte unterwarf den Erwerb der Klin. aus den Lebensversicherungen und aus dem Vermächtnis der Erbschaftsteuer (ErbSt). Entsprechend dem Antrag der Klin. auf Versteuerung nach dem Jahreswert im Sinne des § 23 Abs. 1 ErbStG 1974 setzte der Beklagte die ErbSt durch Bescheide vom 16.11.1995 fest. Die Steuer für den Erwerb aus den Lebensversicherungsverträgen betrug danach 0 DM; für den Erwerb aus dem Vermächtnis war die Jahressteuer erstmals zum 01.10.1997 in Höhe von 1.443 DM und ab dem 01.10.1998 in Höhe von 1.560 DM – errechnet auf Basis eines Jahreswertes von 24.000 DM – zu entrichten. Zu den Einzelheiten der Berechnung wird auf die Steuerbescheide vom 16.11.1995 (Bl. 54 – 56 der Steuerakte) verwiesen.

Mit ihrem gegen die Festsetzung der Jahressteuer gerichteten Einspruch vom 08.12.1996 vertrat die Klin. unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zur ErbSt vom 22.06.1995 (2 BvR 552/91, BStBl. II 1995, 671) die Auffassung, daß ErbStG 1974 sei nur noch bis zum 31.12.1995 Rechtsgrundlage für die Besteuerung. Deshalb sei sie für 1997 und darauf folgende Jahre nicht mehr zu veranlagen. Im übrigen seien als Jahreswert der Besteuerung nicht 24.000 DM, sondern die ihr aus dem Vermächtnis tatsächlich zugeflossenen Bezüge anzusetzen. Diese Bezüge gab die Klin. für den Abrechnungszeitraum 1994/95 mit 22.827 DM und für den Abrechnungszeitraum 1995 und 1996 mit 21.107 DM an.

Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 08.12.1997 als unbegründet zurück. Unter Hinweis auf § 15 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) verteidigte er den Ansatz eines Jahreswertes in Höhe von 24.000 DM als vorläufige Bemessungsgrundlage. Im übrigen sei die ErbSt mit dem Tode der Erblasserin in 1994 entstanden (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974). Für Erwerbe vor dem 31.12.1995 aber gelte das ErbStG 1974 entsprechend dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 (a.a.O.) weiter fort. Die Anwendung der Regelung des § 23 ErbStG bedeute dabei nur, daß die bereits entstandene ErbSt erst später entrichtet werden müsse.

Mit ihrer Klage vom 07.01.1998 verfolgt die Klin. ihr Begehren weiter. Sie verweist darauf, nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 könne das im Entstehungsjahr der Steuer gültige ErbStG 1974 nicht mehr angewandt werden. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, für Steuerfestsetzungen nach § 23 ErbStG eine Übergangsregelung zu schaffen; die Steuerfestsetzung entbehre daher einer Rechtsgrundlage. Die Anwendung des im Entstehungsjahr der Steuer gültigen ErbSt-Rechts bedeute in ihrem Fall, daß die vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Ungleichheiten bei der Wertermittlung bis zu ihrem Tode fortwirken würden. Auch sei im Fall der Zuwendung eines Nießbrauchs ein wesentlich niedrigerer Jahreswert zugrundezulegen. Im übrigen müsse die Steuer nach den ihr tatsächlich aus dem Vermächtnis zugeflossenen Beträgen berechnet werden, die gegenüber den Vorjahren weiter gesunken seien (Abrechnungszeitraum 1996/1997; 17.866,89 DM; Abrechnungszeitraum 1997/1998; 18.599 DM).

Die Klin. beantragt,

den angefochtenen ...

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