Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen bei Kreditinstitut

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Kreditinstitut kann in die Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen nicht die voraussichtlichen Finanzierungsaufwendungen einbeziehen.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3a; HGB §§ 253, 255; EStG § 5 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.10.2012; Aktenzeichen I R 66/11)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob bei der Bewertung einer Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen Finanzierungskosten für die eigenen hierfür genutzten Räumlichkeiten einzubeziehen sind.

Die Klägerin ist eine Sparkasse in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.d. Sparkassengesetzes NRW. Sie unterliegt mit ihrem gesamten Geschäftsbetrieb als Betrieb gewerblicher Art i.S.v. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) der Körperschaftsteuer.

In ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2005 setzte die Klägerin eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen i.H.v. … EUR an. In diesem Betrag waren auch Finanzierungskosten enthalten.

Abgesehen von den vorgenannten Finanzierungskosten ist die – bezüglich verschiedener Positionen von dem o.g. Betrag abweichende – zutreffende Höhe der Rückstellung inzwischen zwischen den Beteiligten unstreitig. Danach sind als laufende Kosten die Kosten für eigene und angemietete Archivräume (AfA bzw. Miete einschl. Mietnebenkosten, Grundsteuer und Versicherung, Instandhaltungskosten und sonstige Raumkosten) sowie Kosten für die elektronische Speicherung (LISA = OSPlus Archiv Listen) zu berücksichtigen. Für die laufenden Kosten gehen beide Beteiligte davon aus, dass diese zu 80 % auf Unterlagen mit einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren und zu 20 % auf Unterlagen mit einer Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren entfallen. Dementsprechend seien die Kosten mit einem Faktor 3,5 bzw. 5,5 für die jeweilige mittlere Aufbewahrungsfrist der am Bilanzstichtag vorhandenen Unterlagen zu multiplizieren. Hinzu kommen einmalige Kosten (AfA GS = Geschäftsstelle 02, Einsortierung der Unterlagen und SLS = Schriftenlesesystem). Hieraus ergibt sich insgesamt ein zwischen den Beteiligten unstreitiger Rückstellungsbetrag von … EUR der von der Betriebsprüfung auf … EUR aufgerundet wurde. Für die Einzelheiten der vorgenannten Ermittlung wird auf die Anlage 1 zum Bp-Bericht vom 9.8.2007 (Bl. 11R GA) und die Anlage 4 zur Klageschrift vom 8.2.2008 (Bl. 13 GA) Bezug genommen.

Nach dem Vorbringen der Klägerin entfallen auf die eigenen Archivräume zudem Finanzierungskosten, die sie ebenfalls als laufende Kosten in die Berechnung der Rückstellung einbezogen hatte. Die jährlichen Finanzierungskosten beziffert sie inzwischen auf jährlich … EUR. Dieser Betrag ergebe sich auf der Basis der durchschnittlichen Passivverzinsung der Sparkasse i.H.v. … % und der Restbuchwerte für die jeweiligen Grundstücke und Gebäude (sog. Poolfinanzierung). Für die Einzelheiten zur Ermittlung des vorgenannten Betrags wird auf die Anlage 3 zur Klageschrift vom 8.2.2008 (Bl. 12 GA) Bezug genommen.

Im Rahmen einer zeitnahen, d.h. vor Abgabe der Steuererklärungen und Erlass der erstmaligen Bescheide durchgeführten Außenprüfung nahm die Bp verschiedene Änderungen in den einzelnen o.g. und inzwischen unstreitigen Berechnungspositionen für die Rückstellung vor. Des Weiteren war sie der Auffassung, dass die von der Klägerin in die Berechnung der Rückstellung einbezogenen Finanzierungskosten nicht berücksichtigt werden könnten. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten. Bei den Finanzierungskosten handele es sich vorliegend jedoch nicht um notwendige, sondern um gewillkürte Gemeinkosten (siehe im Einzelnen Bp-Bericht vom 9.8.2007 Tz 1.9). Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) schloss sich dieser Auffassung an. Unter dem Datum vom 22.10.2007 erließ es einen dementsprechenden Körperschaftsteuerbescheid 2005.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin eine Sprungklage, zu der das FA seine Zustimmung nicht erteilte und die daher als Einspruch zu behandeln war. Die Klägerin machte geltend, bei der Bewertung der Rückstellung seien auch die jährlichen Finanzierungskosten i.H.v. … EUR für die eigenen Räume einzubeziehen. Als laufende Kosten seien sie hierzu mit den Faktoren 5,5 (80 %) bzw. 3,5 (20 %) für die mittleren Aufbewahrungsfristen zu multiplizieren, was zu einem zusätzlichen Rückstellungsbetrag von insgesamt … EUR führe. In rechtlicher Hinsicht machte die Klägerin geltend, Rückstellungen seien grundsätzlich mit dem voraussichtlichen Erfüllungsbetrag zu bewerten (§ 253 Abs. 1 Satz 2, § 252 Abs. 1 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs –HGB–). Als Sachleistungsverpflichtung sei die Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen mit den für die Er...

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