Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der Leistung in § 22 Nr. 3 EStG. Entgelt für die vorzeitige Aufgabe eines Mietrechts nicht steuerpflichtig. Einkommensteuer 1974 und 1975

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Begriff der Leistung in § 22 Nr. 3 EStG ist dahingehend einschränkend auszulegen, dass eine solche nur dann vorliegt, wenn es sich nicht um eine Vermögensumschichtung handelt, sondern der Vorgang einer der Betätigungen ähnelt bzw. entspricht, die den anderen Einkunftsarten zugrunde liegen.

2. Zahlungen für die vorzeitige Aufgabe eines Mietrechts stellen keine sonstigen Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 3 EStG dar.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 3

 

Tenor

Unter Abänderung der Einkommensteuer-Bescheide 1974 und 1975 sowie der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 20.10.1981 werden die Einkommensteuer für das Jahr 1974 auf 8.926 DM und für das Jahr 1975 auf 7.162 DM festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig ist bei den Einkommensteuer (ESt)-Veranlagungen für die Jahre 1974 und 1975 (Streitjahre), ob Zahlungen für die vorzeitige Aufgabe eines Mietrechtes zu den sonstigen Einkünften im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG gehören.

Der Kläger (Kl) wohnte seit ca. 20 Jahren in einem Haus der … AG auf dem Gelände … in … zur Miete. Der monatliche Mietzins betrug ca. 130 DM. Der Kl hatte in dem gemieteten Haus auf seine Rechnung verschiedene Investitionen getätigt wie z. B. den Umbau eines Stalles in einen Wohnraum, die Umbauten von Türen, Fenstern, Fußböden, Bad und Heizung, die Umstellung der Wasserversorgung von Pumpe auf Wasserleitung, Erneuerung der Elektroinstallationen und des Außenputzes, Erstellung eines Taubenschlages und die Anlage von Pflanzungen sowie die Errichtung eines Gartenzaunes. Im Jahre 1973 beabsichtigte die Fa. … auf diesem Gelände einen Großmarkt zu errichten. Mit Kaufvertrag vom 7.8.1974 erwarb sie von der … AG das gesamte Gelände … einschl. des von dem Kl angemieteten Gebäudes. Tag des wirtschaftlichen Übergangs des Grundstücks war bereits der 1.7.1973. Nach dem Kaufvertrag trat die … das Pachtverhältnis des Kl mit der … AG unter Übernahme aller Rechte und Pflichten ein. Der Kaufpreis für das Grundstück betrug 26,25 DM pro qm.

Da die Metro den Großmarkt schnellstmöglich errichten wollte, trat sie in Verhandlungen mit dem Kl ein. Aufgrund der langen Mietdauer bestand für den Kl eine Kündigungsfrist von maximal 12 Monaten. Um den Kl vorzeitig zur Aufgabe seines Mietrechts zu bewegen, trafen die … und er am 28.5.1973 folgende Vereinbarung:

Der Kl verpflichtete sich, Vorsorge dafür zu treffen, daß die … spätestens am 16. Juli 1973 mit dem Abbruch des Hauses und den Planierungsarbeiten beginnen konnte. Insbesondere war der Kl verpflichtet, die Wohnung bis zu diesem Zeitpunkt zu räumen und alles Eigentum, auf dessen Erhalt er Wert legte, so zu beseitigen, daß die Bauarbeiten beginnen konnten.

Als Gegenleistung dafür verpflichtete sich die … gegenüber dem Kl zu folgenden Leistungen:

  1. Zahlung von 6.000 DM als Entschädigung für Bäume, Pflanzen, Gartenzaun und diversen anderen Besitz,
  2. die Übernahme aller Umzugs-, Transport- und Einlagerungskosten für den Hausstand nach Vorlage ordnungsmäßiger Rechnungen,
  3. die Überlassung einer Fläche von 2.500 qm zu einem Preis von 15 DM/qm,
  4. die Übernahme der Kosten für Material und Herstellung eines Kellergeschosses für das vom Kl bestimmte Fertighaus sowie die Kosten für den Anschluß an die Wasserleitung und die Kanalisation.

Die Kosten für die Errichtung des Kellers und die genannten Anschlüsse beliefen sich auf 130.387 DM. Von seinem Grundstück veräußerte der Kl im Jahre 1978 eine Teilfläche von 1.116 qm zu einem Preis von 44,80 DM/qm.

Bei der ESt-Veranlagung für das Jahr 1974 ging der Beklagte (Bekl.) davon aus, daß die … an die … AG einen Kaufpreis für das dem Kl überlassene Grundstück von 32 DM/qm entrichtet habe und erfaßte die Differenz zu dem vom Kl entrichteten Betrag von 15 DM, mithin 17 DM/qm mit 42.500 DM (2.500 qm (17 DM) als sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG. Bei der ESt-Veranlagung für das Jahr 1975 erfaßte der Bekl. den Wert für die Errichtung des Kelles nebst Anschlüssen i.H.v. 130.387,72 DM als sonstige Einkünfte.

Gegen die ESt-Bescheide für die Streitjahre legte der Kl Einspruch ein. Mit der Einspruchsentscheidung (EG) ermäßigte der Bekl. die sonstigen Einkünfte, indem er lediglich die Differenz zwischen dem von der … tatsächlich an die … AG gezahlten Kaufpreis von 26,25 DM/qm zu dem vom Kl entrichteten Betrag von 15 DM/qm zugrundelegte. Danach betrugen die sonstigen Einkünfte im Jahre 1974 28.125 DM. Im übrigen wies der Bekl. den Einspruch des Kl als unbegründet zurück.

Mit der Klage macht der Kl geltend, daß in den Leistungen der … keine sonstigen Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG zu sehen seien.

Er trägt vor, die Leistungen der … seien ausschließlich für Vermögensverluste erbracht worden, die er bei Aufgabe seiner Wohnung erlitten habe. Hierbei seien insbesondere die erheblichen Investitionen ausschlaggebend gewese...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge