Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit von Bewirtungsumsätzen anläßlich steuerfreier Theaterleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Bewirtungsumsätze, die anläßlich einer steuerfreien Theaterleistung erbracht werden, können als mit dieser üblicherweise verbundene Nebenleistung angesehen werden und damit ebenfalls steuerfrei nach § 4 Nr. 20a UStG sein. Dies ist der Fall, wenn sie als "unerläßlich" i.S.v. Art. 13 Teil A Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie anzusehen sind, weil das Bewirtungsangebot in den Theaterpausen einen integralen Bestandteil der Theaterveranstaltung darstellt, ohne den sich ein Betreiber nicht am Markt behaupten kann.

 

Normenkette

UStG § 4 Nrn. 20, 20 a; EWGRL 388/77 Art. 13, 13 Teil A, Art. 13 Teil A Abs. 1, 1 Buchst. n, Abs. 2, 2 Buchst. a, b; UStG § 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.04.2005; Aktenzeichen V R 6/03)

 

Gründe

Streitig ist, ob Bewirtungsumsätze Nebenleistungen zu steuerfreien Theaterleistungen darstellen.

Die Klägerin (Klin.) vermietet Räume für Theateraufführungen an die D. GmbH (GmbH), die zugleich Organgesellschaft in einer umsatzsteuerlichen Organschaft mit der Klin. ist. Hauptsächlich in den Vorstellungspausen beliefert die Klin. die Theaterbesucher mit Getränken und Snacks zum Verzehr an Ort und Stelle.

Zunächst behandelte die Klin. die 1999 mit dem Verkauf von Theatereintrittskarten erzielten Umsätze von 3.108.000 DM als steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 20 a Umsatzsteuergesetz (UStG) und die in 1999 erzielten Restaurationsumsätze von 239.000 DM als steuerpflichtige Umsätze. Hiervon abweichend beantragte die Klin. während einer für das Streitjahr durchgeführten USt-Sonderprüfung, die Umsätze aus dem Verkauf von Speisen und Getränken steuerfrei zu belassen. Auf Grund des Prüfungsberichtes vom 21.06.2001 (Tz. 11 und 12) erließ das beklagte Finanzamt (FA) am 04.07.2001 einen erstmaligen USt-Bescheid 1999, in dem es die Restaurationsumsätze als steuerpflichtige Hauptleistungen behandelte. Als Begründung führte das FA an, dass der Verkauf von Getränken und Speisen vor und in den Pausen einer Theateraufführung keine Nebenleistung zu der – steuerfreien – typischen Theaterleistung darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 29.04.2002) erhobene Klage mit folgender Begründung: Die Lieferung von Getränken stelle seit der in BStBl II 1988, 799 veröffentlichten Entscheidung des BFH eine typische Nebenleistung zur Theateraufführung dar, wenn sie im unmittelbaren und örtlichen Zusammenhang mit der Theateraufführung stehe und nur an die Theaterbesucher erbracht werde. Nur bei sog. Verzehrtheatern, in denen die Zuschauer das Geschehen auf der Bühne nicht in Stuhlreihen, sondern an Tischen sitzend verfolgten und in denen parallel zu den Aufführungen Speisen und Getränke verzehrt würden, stellten die Restaurationsumsätze steuerpflichtige Hauptleistungen dar. Die GmbH betreibe kein Verzehrtheater, sondern ein klassisches Theater mit Stuhlreihen im Zuschauerraum. Die Klin. erbringe ihre Restaurationsleistungen ausschließlich in den Vorstellungspausen und nur an die Theaterbesucher. Die Getränkeumsätze seien mithin typische und unerlässliche, weil zeitgemäße Nebenleistungen zur Theaterleistung, denn den Theaterbesuchern könne nicht zugemutet werden, zum Pausenverzehr Getränke mitzubringen.

Die Klin. beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 04.07.2001 die USt 1999 auf 19.388,40 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Das Gericht entscheidet im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Klage ist begründet.

Unzutreffenderweise hat das FA die Bewirtungsumsätze als steuerpflichtig behandelt. Die Bewirtungsumsätze sind vielmehr nach § 4 Nr. 20 a UStG steuerfreie Nebenleistungen zu den von der GmbH erbrachten Theaterleistungen.

Eine mit einer Theaterleistung üblicherweise verbundene Nebenleistung liegt vor, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng im Sinn einer wirtschaftlich gerechtfertigten Abrundung und Ergänzung zusammenhängt und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommt (vgl. BFH in BStBl II 1999, 145). Der Umfang der Steuerbefreiung bestimmt sich durch eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift des § 4 Nr. 20 a UStG gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe n und Abs. 2 Buchstabe a und b der 6. EG-Richtlinie. Nach diesen Vorschriften befreien einerseits die Mitgliedstaaten bestimmte kulturelle Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen von der Steuer, sofern sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen, von dem Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden. Dabei kann der Mitgliedstaat die Steuerbefreiung von Einrichtungen, die keine Einrichtung des öffentlichen Rechts sind, von Bedingungen abhängig machen. Nach diesen Vorschriften sind andererseits von der Steuerbefreiung ausgeschlossen Dienstleistungen und Lieferu...

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