Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlust der Einlage eines typisch stillen Gesellschafters

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Stehen Aufwendungen mit mehreren Einkunftsarten in wirtschaftlichen Zusammenhang, entscheidet der engere und wirtschaftliche vorrangige Veranlassungszusammenhang.

2) Erbringt ein stiller Gesellschafter zur Stärkung des Eigenkapitals und zur Sicherung seiner in Zukunft geplanten Stellung als Unternehmensnachfolger eine Einlage, die höher ist als sein 10-facher Bruttoarbeitslohns p.a., führt der Verlust der Einlage nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus § 19 EStG.

3) Steht vor Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht fest, dass die Einlage in voller Höhe verloren ist, scheidet ein Abzug als Werbungskosten bei § 20 EStG ebenfalls aus.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 19, 9 Abs. 1 S. 1, § 20; HGB § 230

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die steuermindernde Berücksichtigung diverser Geldbeträge und ausgefallener Forderungen. Streitjahr ist 2014, in welchem er zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt wurde.

Der Kläger war seit 2005 Arbeitnehmer der I GmbH (im folgenden auch „I GmbH „), seit 2007 als Straßenbaumeister. Ausweislich seiner Steuererklärungen erzielte er dort im Jahr 2008 einen Bruttoarbeitslohn von 35.432 EUR, im Jahr 2009 von 34.317 EUR, im Jahr 2010 von 33.129 EUR, im Jahr 2011 von 45.626 EUR, im Jahr 2012 von 48.471 EUR, im Jahr 2013 von 50.557 EUR und im Jahr 2014 von 16.624 EUR. Alleingesellschafter der I GmbH war der Vater des Klägers, Herr B I (im folgenden auch „B I „). Zwischen B I als eingetragenem Kaufmann und der I GmbH, welche von B I das Anlagevermögen und den originären Firmenwert gepachtet hatte, bestand seit 2004 eine steuerliche Betriebsaufspaltung.

Der Kläger schloss mit B I am 20.4.2008 einen „Vertrag über eine typische stille Beteiligung” an dessen einzelkaufmännisch geführten Handelsgewerbe. Die dort getroffenen Bestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:

„Präambel

Herr G I hat in einer Lotterie einen größeren Geldbetrag gewonnen. Im Hinblick auf die spätere Übertragung der Firma stellt Herr G I der Firma einen Teil des Lotteriegewinns zur Stärkung des Eigenkapitals in Form einer typischen stillen Beteiligung zur Verfügung.

§ 1 Gesellschafter

(1) Herr B I ist Alleininhaber der Firma B I e.K, die unter Nummer xxx im Handelsregister D eingetragen ist.

(2) Herr G I beteiligt sich an der Firma B I e.K. als typisch stiller Gesellschafter.

§ 2 Einlage

(1) G I leistet eine Einlage von 287.782,30 EUR) (in Worten:…).

(2) Die Einlage wird wie folgt erbracht:

(a) in Höhe von 200.000 EUR zahlt der stille Gesellschafter die Einlage unbar auf das Geschäftskonto der Firma;

(b) in Höhe von 87.782,30 EUR im Wege des abgekürzten Zahlungsweges für Rechnung von B I direkt auf das Geschäftskonto der Firma I GmbH zweckbestimmt zur Erhöhung der Stammeinlage (75.000 EUR) sowie zum Ausgleich der ausstehenden Einlagen (12.782,30 EUR).

§ 3 Konten des stillen Gesellschafters

(1) Die Einlage des stillen Gesellschafters wird auf einem Eigenkapitalkonto verbucht.

(2) Betreffen Buchungen entsprechend den nachstehenden Vorschriften nicht die Einlage des stillen Gesellschafters, erfolgen sie über ein Darlehenskonto. Guthaben des stillen Gesellschafters auf diesem Darlehenskonto werden mit dem Satz verzinst, den der Inhaber bei Aufnahme mittelfristiger Bankkredite in entsprechender Höhe aufzuwenden hätte, mindestens aber mit 5 % p.a. Die Auszahlung des Darlehensguthabens richtet sich nach § 8 Abs. 2 und 3 dieses Vertrages.

§ 4 Rangrücktrittserklärung

Hinsichtlich des Einlagebetrages (§ 2 Abs. 1) erklärt der stille Gesellschafter, dass er die gewährten Einlagebeträge von 287.782,30 EUR für den Fall der Krise stehen lässt und mit seinem Anspruch auf Rückzahlung im Range zugunsten anderer Gläubiger zurücktritt.

§ 5 Geschäftsführung

(1) Zur Führung der Geschäfte ist allein Herr B I befugt.

(2) Bei folgenden Rechtsgeschäften und Handlungen ist jedoch vorab die Zustimmung des stillen Gesellschafters einzuholen:

(a) Änderung des Gegenstandes des Unternehmens

(b) die vollständige oder teilweise Einstellung des Gewerbebetriebes

(c) die Veräußerung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens

(d) die Änderung der Rechtsform des Unternehmens durch Formwechsel sowie alle Umwandlungsvorgänge, bei denen das Unternehmen als übertragender oder übernehmender Rechtsträger betroffen ist.

§ 6 Jahresabschluss

(1) Der Inhaber hat innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres den Jahresabschluss (Handelsbilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung) zu erstellen und dem stillen Gesellschafter zu übermitteln.

(2) Einwendungen gegen den Jahresabschluss kann der stille Gesellschafter nur innerhalb von sechs Wochen nach Erhalt des Jahresabschlusses schriftlich geltend machen.

§ 7 Gewinn- und Verlustbeteiligung

(1) Für die Gewinn- und Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ist von dem in dem Jahresabschluss gem. § 6 ausgewiesenen Gewinn bzw. Verlust…auszugehen.

(2) Der Gewinn bzw. Verlust nach Abs. ...

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