Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für psychologische Seminare

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Aufwendungen für die Teilnahme an psychologischen Seminaren, die nicht primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs zugeschnitten sind, sondern gleichermaßen der persönlichen Weiterbildung dienen, sind Kosten der privaten Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG.

2) Eine nahezu ausschließliche berufliche Veranlassung von Aufwendungen für die Teilnahme an psychologischen Seminaren liegt bei Steuerpflichtigen, deren Beruf nicht die psychologische oder psychotherapeutische Behandlung, Betreuung oder Unterrichtung anderer Menschen ist, nur vor, wenn im Wesentlichen ein auf den konkreten Beruf zugeschnittenes psychologischen Wissen vermittelt wird und der Teilnehmerkreis entsprechend homogen zusammengesetzt ist.

3) Aufwendungen eines angestellten Diplom-Kaufmanns und einer angestellten Apothekerin für Seminare von Claas Bahr im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung sind keine Werbungskosten.

 

Normenkette

EStG § 12 Nr. 1 S. 2, § 9 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.08.2008; Aktenzeichen VI R 35/05)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für Seminare, die von Claas Bahr, Inhaber des Zentrums für Persönlichkeitsentwicklung in Münster, durchgeführt worden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers und der Klägerin.

Der Kläger ist Diplom-Kaufmann und erzielte im Streitjahr 2000 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er war als interner Revisor bei der Firma C in H beschäftigt. Dort oblag ihm die Führung eines Teams von fünf Mitarbeitern. Die Klägerin erzielte ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie war als approbierte Apothekerin tätig und vertrat während ihrer Abwesenheit Apothekenleiter bzw. -inhaber.

Der Kläger besuchte seit 1998 Seminare im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung in Münster. Die Klägerin besuchte 1999 ein Blockseminar Supervision mit den Schwerpunkten Kommunikation und Kundensprache und begann im Streitjahr 2000 das dreijährige Seminar „Berufsbegleitende Gruppe”. Im Unterschied zu der Klägerin, die an wöchentlichen Treffen teilnahm, nahm der Kläger ausschließlich an Blockseminaren teil. Die Seminarinhalte waren aber im Wesentlichen gleich.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2000 beantragten die Kläger u.a. folgende Fortbildungskosten als Werbungskosten:

Kläger

Teilnehmergebühren am Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung

Blockveranstaltungen Supervision

4.350,00 DM

Fahrtkosten

382,72 DM

Insgesamt (gerundet)

4.733,00 DM.

Klägerin

Teilnehmergebühren am Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung für berufsbegleitende Gruppe, berufsbegleitende Supervision, Weiterbildung zu den Themen Kommunikation, Führung beruflicher Haltung 1. Arbeitsjahr 2000 (wöchentlich Sitzungen a 3 Stunden, 3 Blockseminare a 2 Stunden):

1 Blockseminar a 7 Tage

4.800,00 DM

Blockveranstaltungen Supervision insgesamt

4.400,00 DM

Fahrtkosten

915,20 DM

Insgesamt (gerundet)

10.116,00 DM.

Mit Bescheid vom 05.04.2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2000 auf 49.304,00 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest und forderte weitere Unterlagen über die Inhalte der besuchten Seminare an, die zunächst nicht eingereicht wurden.

Mit Änderungsbescheid vom 15.05.2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2000 auf 55.940,00 DM herauf. Er erkannte die Aufwendungen für die Fortbildungskosten am Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung nicht mehr als Werbungskosten an, da er nach erneuter Überprüfung der Auffassung war, dass für den Besuch der Seminare eine private Mitveranlassung von nicht untergeordneter Bedeutung vorliege.

Mit Schreiben vom 29.05.2001 haben die Kläger gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass eine private Mitveranlassung für den Besuch der Seminare im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung nicht gegeben sei. Die Seminare dienten ausschließlich der beruflichen Fortbildung. Die besuchten Seminare vermittelten das heute notwendige Wissen über menschliche Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Verkäufen, Erbringen von Dienstleistung, Umgang mit Mitarbeitern und Führung von Unternehmen. Schwerpunkte der Seminarinhalte seien insbesondere die unterschiedlichen Aspekte der Menschenführung. Das Wissen um bestimmte menschliche Verhaltensweisen sei eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit. Die Kläger haben darauf hingewiesen, dass bei sämtlichen anderen Seminarteilnehmern die Aufwendungen als Werbungskosten in 2001 berücksichtigt worden seien. Außerdem seien die Aufwendungen bei ihnen in den Vorjahren berücksichtigt worden. Eine Änderung der Seminarinhalte in 2000 habe nicht stattgefunden. Die Kläger haben im Einspruchsverfahren eine Bescheinigung des Zentrums für Persönlichkeitsentwicklung Claas Bahr vom 18.04.2001 vorgelegt, auf die verwiesen wird.

Ferner hat der Kläger vorgetragen, dass er während seiner Tätigkeit als interner Revisor insbesondere das Verhalten der Mi...

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