Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung (Teil-)Geschäftsveräußerung im Ganzen von steuerpflichtiger Lieferung

 

Leitsatz (redaktionell)

Veräußert ein Einzelunternehmer Anlagevermögen an eine GmbH, an der er zu 2/3 beteiligt ist, zu Preisen unter dem Teilwert und erhält er die Tätigkeit des Einzelunternehmens zunächst aufrecht, scheidet eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Sinne von § 1 Abs. 1a UStG aus. Vielmehr sind die Veräußerungen als steuerbare Lieferungen an eine nahe stehende Person gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 UStG nach dem Einkaufspreis zuzüglich Nebenkosten zu bemessen.

 

Normenkette

UStG § 10 Abs. 4 Nr. 1, § 1 Abs. 1a, § 10 Abs. 5 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 31.03.2008; Aktenzeichen XI B 208/06)

BFH (Beschluss vom 31.03.2008; Aktenzeichen XI B 208/06)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine nicht steuerbare (Teil-)Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, andernfalls ob es sich um eine steuerpflichtige Lieferung handelt, die gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 Nr. 1 UStG zu bemessen ist.

Der Kläger (Kl.) war bis zum 31.12.1996 als Geschäftsführer bei dem Versicherungsmakler B GmbH tätig. Anfang Januar 1997 meldete er bei der Stadt C ein Einzelunternehmen unter der Bezeichnung „Versicherungsberater und Sachverständiger für Betriebsunterbrechungs- und Warenschäden” an. Dieses Einzelunternehmen meldete er zum 31.12.1999 ab. Im Rahmen dieses Einzelunternehmens wurde er in folgenden Bereichen tätig: Sachverständigentätigkeit, in der es um die Feststellung der Höhe von Schäden für Industrieunternehmen ging, Beratungsdienstleistungen außerhalb des Rechtsberatungsgesetzes (betriebswirtschaftliche Beratung betreffend Versicherungsbetriebe) und Versicherungsberatertätigkeit, die sich auf nicht genehmigungspflichtige Beratungstätigkeiten bezog.

Bereits zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung des Einzelunternehmens beabsichtigte der Kl., zusammen mit Herrn T Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu gründen, um sich mit ihm gemeinsam auf dem Gebiet der Versicherungsberatertätigkeit zu betätigen. Am 31.01.1997 schloss der Kl. daher mit Herrn T einen Vertrag mit der Überschrift „Letter of intent”. Hierin war festgehalten, dass eine gemeinsame Gründung zweier GmbH's beabsichtigt sei. Diese beiden GmbH's sollten zunächst getrennt aufgebaut und geführt werden. Während Herr T die Versicherungsmakler-GmbH (D-GmbH) gründen und führen sollte, hatte sich der Kl. federführend um eine Versicherungsberatungs- und Sachverständigenbüro-GmbH (W GmbH), zu bemühen. An beiden GmbH's waren der Kl. zu je 2/3 und Herr T zu je 1/3 beteiligt. Die Gründungen der GmbH's erfolgten jeweils zu 100 % durch den Kl. (W GmbH) bzw. durch Herrn T (D-GmbH); in Höhe der jeweiligen Fremdanteile wurden sie jeweils treuhänderisch für den anderen tätig. Die Gewinnverteilung erfolgte nach Anteilen. Das Stimmrecht hingegen war gleichberechtigt verteilt. Wie in einer Pattsituation zu entscheiden ist, insbesondere ob in diesen Fällen einer der Gesellschafter allein entscheiden kann, war nicht geregelt. Weiter hieß es in dem „Letter of intent”: „Herr W (der Kl.) führt die Tätigkeit als Versicherungsberater fort, so lange ihm dies sinnvoll erscheint. Er wird sicher stellen, dass seine Tätigkeit für das gemeinsame Unternehmen hiervon nicht berührt ist.” Außerdem sollten die beiden Unternehmen mittelfristig über eine Holding zusammengeführt werden, so dass dann ein Unternehmen mit separaten Geschäftsfeldern bestehen würde.

Im Rahmen einer bei dem Einzelunternehmen W durchgeführten Betriebsprüfung (Bp) für die Jahre 1997 bis 1999 stellte der Betriebsprüfer folgendes fest (Bp-Bericht vom 26.06.2002):

Während der Kl. eine im September 1997 für das Einzelunternehmen angeschaffte EDV-Anlage zum Einstandspreis an die W GmbH verkaufte (Rechnung vom 12.11.1997), veräußerte er Ende 1997 das weitere noch vorhandene Anlagevermögen des Einzelunternehmens, bestehend aus zwei in 1997 angeschafften Pkws, Büroeinrichtung, Kopiersystem, EDV-Anlage, Fax-Gerät etc., an die W GmbH zu einem Gesamtpreis von 90.000,00 DM (Rechnung vom 22.12.1997). Hierzu stellte der Prüfer fest, dass bereits allein die Buchwerte der beiden Pkws über dem vereinbarten Kaufpreis von 90.000,00 DM lagen.

Der Prüfer fertigte folgende Aufstellung, wobei er die Teilwerte der Pkws anhand der DAT-Liste bestimmte:

Buchwert

Teilwert

Mercedes

68.632,20 DM

75.000,00 DM

BMW

38.729,09 DM

59.000,00 DM

PC

2.361,74 DM

1.000,00 DM

Lampen

2.254,02 DM

1.000,00 DM

PC

3.462,03 DM

2.000,00 DM

Kopierer

5.486,58 DM

5.000,00 DM

Bild

7.850,47 DM

9.000,00 DM

Diktiergerät

687,89 DM

500,00 DM

Faxgerät

1.321,96 DM

1.000,00 DM

Büromöbel

3.797,39 DM

2.000,00 DM

Summe:

134.583,37 DM

155.500,00 DM

Der Prüfer setzte den tatsächlichen Verkaufspreis in Höhe von 90.000,00 DM von der Summe der von ihm ermittelten Teilwerte in Höhe von 155.500,00 DM ab und erhöhte die Bemessungsgrundlage betreffend die Veräußerung des Anlagevermögens an die W GmbH um 65.500,00 DM, weil dieser Umsatz gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG zu bemessen sei.

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