Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der unternehmerischen Verwendung eines teilweise vermieteten Einfamilienhauses; Optionsausübung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Errichtung des Einfamilienhauses gilt nicht als für das Unternehmen der Stpfl. ausgeführt, da sie es nicht mindestens anteilig zu 10 % für ihr Unternehmen nutzt. Ausgehend von der Nutzflächenberechnung sind zum einen weder die Fläche des Balkons noch die Fläche der Terrasse bei der Ermittlung der für die Aufteilung der Nutzflächen auf die privaten Wohnzwecke auf der einen Seite und der Vermietungsumsätze auf der anderen Seite maßgeblichen Gesamtnutzfläche mit einzubeziehen. Zum anderen sind im Streitfall bei der Ermittlung der maßgeblichen Gesamtnutzfläche die Diele und die Garderobe im EG nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei nicht um Flächen, die unterschiedlich entweder zu Wohnzwecken oder unternehmerischen Zwecken genutzt werden bzw. genutzt werden können.

2. Anders als die Stpfl. meint, gehört der Hauswirtschaftsraum im OG zur maßgeblichen Nutzfläche des Einfamilienhauses. Der Raum und seine Fläche haben keine untergeordnete, dem gesamten Gebäude dienende Funktion. Die Raumfläche ist wie die Fläche der anderen abgeschlossenen Räume für sich nutzbar.

3. Die von der Stpfl. vermieteten Räumlichkeiten wurden von der Leistungsempfängerin nicht ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Mieterin, die Gesellschafterin O N, als Leistungsempfängerin der Stpfl. im Streitjahr eine unternehmerische Tätigkeit ausübte oder auszuüben beabsichtigte. Die fehlende Feststellung geht zu Lasten der Stpfl.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 2, § 9 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist der Umfang der unternehmerischen Verwendung eines teilweise vermieteten Einfamilienhauses sowie die von der Klägerin nach § 9 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) ausgeübte Option, grundsätzlich steuerfreie Vermietungsumsätze als steuerpflichtige Umsätze zu behandeln.

Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschafter sind die Eheleute S U und O N jeweils zu gleichen Teilen. Die Eheleute sind Eigentümer eines in 2015 auf dem Grundstück A-Str. 11 in V errichteten Einfamilienhauses.

Das Haus umfasst nach einer Aufstellung des für die Eheleute S U und O N tätig gewesenen Architekten folgende Flächen nach Abzug von 3% wegen des aufgetragenen Putzes:

Raumbezeichnung

Erdgeschoss

Diele

8,97

Arbeiten

15,40

Garderobe

7,01

Bad

6,41

Vorrat

5,56

Kochen

14,32

Wohnen/Essen

38,45

Terrasse

14,02

Obergeschoss

Schlafen

27,31

Bad

12,58

Flur

7,45

HWR

7,82

Kind IA

25,18

Kind IB

15,64

Balkon

10,16

Fläche gesamt

216,28

Darüber hinaus verfügt das Einfamilienhaus über einen Spitzboden mit einer Grundfläche von 23,45 m². Auf diesem befinden sich die Heizungsanlage des Hauses (Gas-Brennwert) mit Speicher und die Solarthermie-Versorgung. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Räumen und Flächen in dem Einfamilienhaus wird auf die Flächenermittlung (Rechtsbehelfshefter Bl. 118) und die Austauschpläne des Architekten vom 18.06.2014 Bezug genommen (Rechtsbehelfshefter Bl. 111 ff.).

Das Einfamilienhaus wird zum einen von den Gesellschaftern der Klägerin (und ihrer Tochter) für eigene Wohnzwecke genutzt. Zum anderen wird seit dem 01.12.2015 ein Teil des Gebäudes an die Gesellschafterin O N vermietet. Zum vermieteten Teil des Erdgeschosses gehören lt. Mietvertrag vom 01.12.2015 (Gerichtsakte Bl. 47 f.) der Raum mit der Raumbezeichnung „Arbeiten” sowie die Diele, die Garderobe und das Bad. Die vereinbarte monatliche Miete betrug lt. Mietvertrag 84,03 € zzgl. 15,97 € Umsatzsteuer (100 € brutto). Die Gesellschafterin O N meldete zum 01.12.2015 bei der Stadt V ein eigenes Gewerbe an. Gegenstand des angemeldeten Gewerbes waren „Grafiken, Bildgestaltung, Porträts, Design, Internetpräsenz, Webportale”. Gegenüber dem Beklagten erklärte die Gesellschafterin O N den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Aus der angemeldeten Tätigkeit erklärte die Gesellschafterin O N für das Jahr 2015 keinen Umsatz und für das Jahr 2016 einen einzelnen Umsatz von 50 € sowie jeweils einen Vorsteuerabzug i.H. der auf die Miete gezahlten Umsatzsteuer.

Die Klägerin reichte am 28.06.2016 eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Dezember 2015 ein und erklärte, dass seit dem 01.12.2015 ein Büroraum an die Gesellschafterin O N steuerpflichtig vermietet werde. Sie erklärte Vermietungsumsätze i.H.v. 67 € (netto; USt: 12,73 €) (vgl. Umsatzsteuer-Überwachungsbogen, Rechtsbehelfshefter Bl. 196). Der auf die vermieteten Räumlichkeiten entfallende Vorsteuerbetrag aus den Anschaffungs- und Herstellungskosten für das Grundstück und das Einfamilienhaus betrage 6.331,88 € (9,19 % von 68.899,75 €). In dieser Höhe begehrte die Klägerin den Vorsteuerabzug. Bei der Ermittlung des abzugsfähigen Vorsteuerbetrags ging die Klägerin von einer Gesamtfläche von 216,26 m² u...

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