Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Zuordnung eines Wohngebäudes mit Kundengästezimmer zum Unternehmen

 

Leitsatz (redaktionell)

Gemischte Aufwendungen, die im Grenzbereich zwischen Einkunftssphäre und privater Sphäre angesiedelt sind und die untrennbar einen Bezug zur privaten Lebensführung haben, gehören nicht zum unternehmerischen Bereich. Ein in eine Wohnung eingebundenes Gästezimmer ist grds. der Privatsphäre des Wohnungsinhabers zuzurechnen. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie im Streitfall - das Gästezimmer nicht unmittelbar der Erzielung von Einnahmen dient.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 2; EStG § 12; UStG § 15 Abs. 1a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 01.03.2016; Aktenzeichen XI B 51/15)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Wohngebäude, das von den Gesellschaftern/Geschäftsführern der Klägerin unentgeltlich zu Wohnzwecken genutzt wird und in dem sich ein KundenGästezimmer und ein Gäste – WC befinden, nach den Grundsätzen der so genannten Seeling-Rechtsprechung insgesamt dem Unternehmen zugeordnet werden kann mit der Folge des vollen Vorsteuerabzugs.

Die in 2005 gegründete Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist entstanden aus der Einbringung des Unternehmens der Eltern der Geschäftsführerin der Klägerin (N U, im Folgenden: U.) und ihres Einzelunternehmens gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen. Der Lebensgefährte der Geschäftsführerin der Klägerin, Herr C F (im Folgenden: F.) ist in 2006 Kommanditist der Klägerin geworden. Jeweils einzeln vertretungsbefugte Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin sind F. und U.

[…]

In den Streitjahren 2006 und 2007 errichtete die Klägerin auf ihrem Betriebsgelände ein so genanntes „Betriebsleiterwohnhaus”, A-Straße 30 A, 00000 T und ein so genanntes „Gästehaus”, A-Straße 32A, 00000 T. Die Gebäude wurden im Jahr 2007 fertiggestellt. Das Gästehaus (Gesamtwohnfläche 128,04 m²) wurde gewerblich vermietet. Die steuerliche Behandlung dieses Gästehauses ist hier nicht streitig. Auf dem Anwesen befinden sich weitere Wohnhäuser und Betriebsräumlichkeiten, deren steuerliche Behandlung hier ebenfalls nicht streitig ist.

Das streitbefangene Betriebsleiterwohnhaus, A-Straße 30 A wird durch F. und U. zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Vereinbarungen über die Nutzung des Betriebsleiterwohnhauses bestehen nicht. Es handelt sich bei dem Objekt um ein nicht unterkellertes Einfamilienhaus mit Erd- und Dachgeschoss. Erd- und Dachgeschoss stellen eine einheitliche Wohnung dar. Das Objekt hat nur einen Eingang.

Im Erdgeschoss befinden sich ein Raum „Wasserversorgung”, ein Hauswirtschaftsraum, eine Diele, eine Küche, ein Abstellraum, ein Wohnraum, das streitbefangene Gästezimmer, ein Gäste-WC und eine überdachte Terrasse. Im Dachgeschoss befinden sich ein Flur, ein Schlaf-/Ankleidezimmer, ein weiteres Zimmer, ein Abstellraum, ein WC-Raum, ein Dampfbad, ein großer und ein kleiner Balkon. Die Gesamtwohnfläche des Objekts beträgt ausweislich des nach Maßgabe des gerichtlichen Beweisbeschlusses vom 8.9.2014 vom Sachverständigen Architekt Dipl.-Ing. E H erstellten Gutachtens, auf das wegen des Inhalts Bezug genommen wird, 234,89 m². Auf das Erdgeschoss entfallen davon 139,84 m² und auf das Dachgeschoss 95,05 m². Am Objekt angebaut ist ein offener Carport mit einer Grundfläche von 35,23 m². Die Carportfläche ist in der oben genannten Gesamtwohnfläche nicht enthalten. Das streitbefangene Gästezimmer hat ausweislich des oben genannten Gutachtens eine Fläche von 15,44 m² und das Gäste-WC von zusätzlich 3,71 m². Die Diele, über die man zu den beiden Gästeräumen und zum restlichen Gebäudebereich gelangt, hat eine Fläche von 12,92 m². Der Sachverständige hat davon 50 % dem Gästebereich zugeordnet, so dass ausweislich des oben genannten Gutachtens der Gästebereich samt Zugangsflächen 25,61 m² beträgt.

Die im Raum „Wasserversorgung” des Erdgeschosses befindliche Wasserversorgungstechnik (benötigte Fläche ca. 3 m²) dient dem gesamten Anwesen, also auch dem pferdewirtschaftlichen Teil. Der Gutachter schätzte den Flächenanteil des Raumes für den Gästeanteil auf 0,02 m², für den übrigen Wohnteil des Objekts auf 0,13 m² und für den Rest des Anwesens auf 2,85 m².

Die im Hauswirtschaftsraum des Erdgeschosses befindliche Fernwärmeübergabestation und der Warmwasserspeicher dienen ausschließlich dem Betriebsleiterwohnhaus. Die dafür benötigte Fläche von ca. 1 m² entfällt ausweislich des Gutachtens zu 0,11 m² auf den Gästebereich und zu 0,89 m² auf den übrigen Wohnbereich.

Die im Hauswirtschaftsraum des Erdgeschosses befindliche Elektroverteilung hat einen Flächenbedarf von 0,25 m². Davon entfallen nach dem Gutachten 0,02 m² auf den Gästebereich, 0,15 m² auf den übrigen Wohnbereich und 0,08 m² auf das restliche Anwesen. Zugleich mit dem Neubau des Gästehauses und des streitbefangenen Betriebsleiterwohnhauses sind ein Bohrbrunnen, eine Kläranlage und ein Blockheizkraftwerk erstellt worden. Diese Wirtschaftsgüter dienen der Versorgung von vier auf dem Anwesen befindlichen Gebäuden. Eines der Gebäude, A-Straße 30, T, wurde in...

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