Entscheidungsstichwort (Thema)

Bilanzberichtigung zum Ausweis von Milchlieferrechten als selbständige immaterielle Wirtschaftsgüter in Vorbilanzen

 

Leitsatz (redaktionell)

Bilanzen, in denen Milchlieferrechte einheitlich mit dem Grund und Boden ausgewiesen wurden, können aufgrund der neueren BFH-Rechtsprechung, nach der die Milchlieferrechte losgelöst vom Grund und Boden als selbständige immaterielle Wirtschaftsgüter zu aktivieren sind, unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 S. 1 EStG berichtigt werden. Die Abspaltung des Buchwerts für die Milchlieferrechte vom Buchwert des Grund und Bodens wirkt sich dabei erfolgsneutral aus. Wurden die Milchlieferrechte zwischenzeitlich veräußert, ist der Veräußerungsgewinn unter Abzug des abgespaltenen Buchwerts zu ermitteln (entgegen BMF-Schreiben vom 14.01.2003, BStBl. I 2003, 78, Rdnr. 20).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.06.2010; Aktenzeichen IV R 19/07)

BFH (Urteil vom 10.06.2010; Aktenzeichen IV R 19/07)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Buchwert für eine veräußerte Milchreferenzmenge in einem Folgewirtschaftsjahr gewinnmindernd ausgebucht werden kann, wenn die Veräußerung zuvor in einem bestandskräftig veranlagten Zeitraum in vollem Umfang versteuert worden ist.

Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und wurden in den Streitjahren 1999 und 2000 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kl. erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Der Gewinn für das abweichende Wirtschaftsjahr wurde durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) ermittelt. Im Wirtschaftsjahr 1995/1996 veräußerte der Kl. eine Milchreferenzquote für einen Preis von 32.500,00 DM. Der Kaufpreis floß in vollem Umfang in den Gewinn ein. Im Zusammenhang mit dem Verkauf der Milchquote wurde bislang kein Buchwertabgang berücksichtigt. In ihren Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 wiesen die Kl. für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 bei den Sachanlagen Grund und Boden i. S. v. § 55 Abs. 1 EStG einen wertmäßigen Abgang i. H. v. 28.013,00 DM für die Milchquote an. In der beigezogenen Bilanzakte des Beklagten (Bekl.) befindet sich insoweit ein handschriftlicher Vermerk mit folgendem Inhalt: „Verkauf Milchquote von 1996 33.750,00 kg × 0,83 = 28.013,00 DM.”

Unter Berücksichtigung dieses Ansatzes erklärten die Kl. für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 einen Gewinn i. H. v. 23.564,00 DM, der nach ihrer Erklärung i. H. v. 11.782,00 DM auf den Veranlagungszeitraum 1999 und i. H. v. ebenfalls 11.782,00 DM auf den Veranlagungszeitraum 2000 fiel.

Der Bekl. folgte dieser Auffassung nicht. Mit ESt-Bescheid 1999 vom 5. September 2001 setzte er zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die ESt auf 12.082,00 DM fest. Dabei erhöhte er den hältigen Gewinn aus dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 um 14.007,00 DM auf 25.789,00 DM. Am 9. Oktober 2002 hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Mit ESt-Bescheid vom 9. Oktober 2002 setzte er die ESt 2000 auf 6.198,90 EUR fest. Dabei berücksichtigte er ebenfalls den höheren hältigen Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 i. H. v. 25.788,00 DM.

Die Kl. haben mit Schreiben vom 10. September 2001 und 15. Oktober 2002 hiergegen Einspruch eingelegt. Diesen hat der Bekl. zunächst zum Ruhen gebracht und schließlich mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 5. April 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat er Bezug genommen auf das BFM-Schreiben vom 14. Januar 2003 IV A 6-S 2134-52/02 (BStBl I 2003, 78). Danach könne aus Billigkeitsgründen von einer Abspaltung eines Buchwerts des Grund und Bodens für das Milchlieferrecht abgesehen werden. Eine Abspaltung müsse nicht erfolgen. Solle eine Buchwertabspaltung dennoch erfolgen, könne der Buchwert für die Milchreferenzmenge nur erfolgsneutral ausgebucht werden. Eine den Gewinn mindernde Ausbuchung sei unzulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die EE des Bekl. verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindet.

Mit ihrer am 3. Mai 2004 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter. Sie sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 EStG vorliegen. Soweit eine Bilanzberichtigung nicht möglich sei, sei der falsche Bilanzansatz grundsätzlich in der Schlussbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung geändert werden könne, erfolgswirksam richtig zu stellen. Die Kl. weisen darauf hin, dass die im Wirtschaftsjahr 1995/1996 veräußerte Milchquote ordnungsgemäß in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die geänderte Rechtsprechung zur Buchwertabspaltung noch nicht bekannt gewesen. Die Finanzverwaltung habe sich nach langen Beratungen erst mit BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003 entschlossen, die BFH-Rechtsprechung anzuwenden und die BFH-Urteile im BStBl zu veröffentlichen. Damit sei der Bilanzansatz des Grund und Bodens nur bis zur Bilanz für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 nicht fehlerhaft, da er zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung den Vorgaben der Finanzverwaltung, den steuerli...

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