Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarkeit von § 1 AStG mit EU-Recht

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass § 1 AStG mit EU-Recht vereinbar ist, soweit Fälle erfasst werden, in denen bei einer verbilligten Lieferung des an sein im Ausland sich befindenden Betrieb liefernden Unternehmers nicht von einer Entnahmehandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG auszugehen ist.

 

Normenkette

AStG § 1; EStG § 4 Abs. 1, 1 S. 2

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der Einkommensteueränderungsbescheide 1992 bis 1997, in denen der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) Gewinne gemäß § 1 Außensteuergesetz (AStG) hinzugerechnet hat.

Der Antragsteller ist … Staatsbürger, der mit gebrauchten und neuen Reifen handelt. Einen entsprechenden Gewerbebetrieb in Deutschland hat der Antragsteller zum 04.08.1999 abgemeldet. Nach eigenen Angaben betreibt er aber noch vier kleine Reifenwerkstätten in …, für die er die Reifeneinkäufe zum Teil in Deutschland vornimmt.

Aufgrund der Feststellungen des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung … (im folgendem: Steufa) erließ das FA am 28.09.1999 bzw. 05.10.1999 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1997, aus denen sich Steuernachzahlungen in Höhe von rund 550.000 DM ergaben. Nach den Ermittlungen der Steufa … wurden vom Antragsteller die erzielten Umsätze nicht vollständig in die Gewinnermittlung aufgenommen. Auch die Wareneinkäufe bei der Firma … … wurden ab 1993 nicht vollständig erfaßt. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 7 des Prüfungsberichts vom 31.08.1999 verwiesen.

Darüber hinaus wurde festgestellt, daß der Antragsteller von seinem inländischen Betrieb Waren an seine Betriebe im Ausland (… und …) veräußert hat, wobei die Verkaufspreise jedoch nicht denen entsprachen, wie sie unter fremden Dritten vereinbart und gezahlt worden wären. Im Rahmen der Prüfung wurden deshalb Gewinnkorrekturen vorgenommen. Hinsichtlich der Ermittlung der durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsätze für Neu- und Altreifen wird auf Tz. 14 des o.a. Berichts verwiesen. Der Anteil für Neuware betrug danach 48,2 % und der Anteil für Gebrauchtware 51,8 %. Bei den Gebrauchtreifen ging der Prüfer zur Abgeltung etwaiger Unsicherheiten von einem Aufschlagsatz in Höhe von 80 % aus. Den Rohgewinnaufschlagsatz für Neureifen legte er mit 13 % zugrunde.

Der Antragsteller legte gegen die Änderungsbescheide Einsprüche ein, über die noch nicht entschieden worden ist. Außerdem beantragte er die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide, dem das FA mit Bescheid vom 21.01.2000 zum Teil (in Höhe von ca. 67.000 DM) unter der Bedingung der Leistung von Sicherheiten entsprach. Die angeforderten Sicherheitsleistungen wurden jedoch nicht erbracht.

Am 29.06.2000 pfändete das FA einen LKW des Antragstellers sowie einen Anhänger.

Am 06.07.2000 beantragte der Antragsteller beim FA erneut die Aussetzung der Vollziehung aufgrund neuer tatsächlicher und rechtlicher Gesichtspunkte. Über diesen Antrag hat das FA inzwischen am 17.07.2000 entschieden, indem es dem Antrag zum Teil stattgab. Der nicht ausgesetzte Betrag beläuft sich auf ca. 211.000 DM.

Der Antragsteller verfolgt sein Aussetzungsbegehren mit dem vorliegenden Antrag auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung bei Gericht gemäß § 69 Finanzgerichtsordnung (FGO) weiter.

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, der Schluß des Prüfers treffe nicht zu, daß er Gewinnverschiebungen vorgenommen habe, da er die Reifen zum Einkaufspreis an die im Ausland existierenden Firmen exportiert habe. Ein Grund für die Weitergabe der Reifen zum Einkaufspreis sei die Tatsache gewesen, daß sich Zoll- und Abwicklungsgebühren nach dem Warenwert richten würden. Jeder betriebswirtschaftlich denkende Unternehmer müsse bestrebt sein, seine Kosten zu minimieren. Daher sei die Weitergabe der eingekauften Reifen zum Einkaufspreis verständlich. Zuschätzungen seien deshalb nicht aufgrund der Bestimmungen des AStG vorzunehmen, sondern allenfalls wegen der nicht ordnungsmäßigen Buchführung.

Die Vorgehensweise des FA verstoße gegen EU-Recht. Gewinnzuschätzungen nach § 1 Abs. 3 AStG seien im vorliegenden Fall nach EU-Recht unzulässig. Er, der sich im EU-Binnenmarkt betätige, werde bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des FA gegenüber rein inländisch tätigen Firmenverbänden erheblich benachteiligt und diskriminiert, was dem EU-Recht widerspreche. Hätte er die Waren an ebenfalls von ihm wirtschaftlich dominierte Firmen im Inland weitergegeben, wären steuerrechtlich relevant allenfalls Verkäufe „unter Preis”. Der Vorgang würde steuerlich als „Entnahme” betrachtet und als Einkommen versteuert. Bei solchen Inlandsgeschäften könne nach dem insofern geltenden Einkommensteuergesetz (EStG) ein „fiktiver Gewinn” nicht angesetzt werden.

Aufgrund des Diskriminierungsverbotes nach EU-Recht dürften aber Inlandsgeschäfte nicht anders behandelt werden als Geschäfte im EU-Binnenmarkt. Entweder verstoße daher § 1 AStG gege...

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