Entscheidungsstichwort (Thema)

Passivlegitimation bei AdV-Antrag; Sachliche Entscheidung in angemessener Frist; Ansparrücklage nach § 7g EStG in der Betriebseröffnungsphase einer Leasinggesellschaft; Verlustausgleichsverbot nach § 15b EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Wird für den Steuerpflichtigen nach Stellung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung eine andere Finanzbehörde zuständig, kann die bisher zuständige Finanzbehörde das Verfahren mit Zustimmung der nunmehr zuständigen Finanzbehörde fortsetzen.

2) Hat die Finanzbehörde nach Einspruchseinlegung und Antragstellung in einem Zeitraum von fast einem Jahr nicht über den AdV-Antrag entschieden und ist sie auch nicht auf andere Weise tätig geworden, ist ein AdV-Antrag beim Finanzgericht auch ohne vorangegangene Ablehnung durch die Finanzbehörde zulässig.

3) Die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG setzt bei einem noch zu eröffnenden Leasingunternehmen die verbindliche Bestellung der Leasinggüter, die als Anlagevermögen anzusehen sind, voraus.

4) Typische Anlaufverluste in der Existenzgründungsphase führen nicht zur Erzielung steuerlicher Vorteile i.S.v. § 15b Abs. 2 EStG.

 

Normenkette

AO § 361 Abs. 2 S. 1, § 367 Abs. 1 S. 2; FGO § 69 Abs. 4 S. 2 Nr. 1; EStG a.F. § 7g Abs. 1, 3; EStG § 15b Abs. 2; AO § 26 S. 2

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie über die Frage, ob die Verluste der Antragstellerin (Astin.) dem Verlustausgleichsverbot nach § 15b Abs. 1 EStG unterliegen.

Die Astin. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 18.12.2006 gegründet. Gründungskommanditisten waren Herr S und Herr T mit einem Kommanditanteil von jeweils 80.000,– EUR. Die Komplementärin, die J Geschäftsführungs-GmbH (Im Folgenden: GmbH), war nicht am Kapital beteiligt. Der GmbH oblag die Geschäftsführung der Astin. Der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurfte es nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nur für Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Gegenstand des Unternehmens der Astin. ist laut § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Handel, die Vermietung und das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Die GmbH erhält für Vorlaufkosten gemäß Investitionsplan eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,– EUR (§ 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages). Gemäß § 11 des Gesellschaftsvertrages soll die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters zu dessen Ausscheiden führen. Der Unternehmenssitz war zunächst in I. Am 29.12.2006 erfolgte die Eintragung in das Handelsregister.

Der Gesellschaftsgründung liegt ein „Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft” zugrunde, das seitens der Initiatoren der Komplementärin für J Leasinggesellschaften herausgegeben worden war. Das Konzeptpapier enthält Investitions- und Finanzierungsplanungen sowie eine Ertragsplanung, die bei einer Investition in Höhe von 320.000,– EUR in einem Zeitraum von acht Jahren (Jahre 1 bis 8 bzw. 2007 bis 2010) zu einem Gesamtüberschuss in Höhe von 71.038,– EUR führt. Bereits ab dem Investitionsjahr (Jahr 1) sollen danach positive Jahresergebnisse erzielt werden. Die Berechnung enthält die Ergebnisse vor Steuern. Steuerliche Hinweise enthält das Konzeptpapier nicht.

Ein anderes Konzeptpapier für J Leasingfonds, das eine Ertragsplanung für neun Jahre (Jahre 0 bis 8 bzw. 2003 bis 2011) enthält, berücksichtigt dagegen die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG im Investitionsjahr (Jahr 0), was für dieses Jahr zu einem Verlust in Höhe von 135.000,– EUR führt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden in den Steuerakten befindlichen Konzeptionspapiere Bezug genommen.

Die Astin. reichte am 6.9.2007 eine Feststellungserklärung und am 22.12.2007 eine berichtigte Feststellungserklärung für das Streitjahr 2006 ein. In der berichtigten Erklärung gibt sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -91.217,60 EUR an. In der beigefügten Steuerbilanz wurde eine Ansparrücklage nach § 7g EStG in Höhe von 90.000,– EUR gebildet, die nach einer Aufstellung auf die geplante Anschaffung von Informationssystemen (voraussichtliche Anschaffungskosten: 157.500,– EUR) und Baktinettenständern (voraussichtliche Anschaffungskosten: 67.500,– EUR) entfallen sollte. Nach Zurechnung eines Gewinns in Höhe von 15.000,– EUR für die GmbH entfielen danach auf die Kommanditisten Verlustanteile in Höhe von 53.109,38 EUR S bzw. 53.108,22 EUR T.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 1.8.2008 berief die Astin. die GmbH von der Geschäftsführung ab und setzte den Kommanditisten T mit Wohnsitz in U zum neuen Geschäftsführer ein.

Über das Vermögen der GmbH wurde am 1.12.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Antragsgegner (Ag.) erließ am 17.3.2009 einen Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, den er mit einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b...

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